Christfried Jakob (1866-1956)
Er war ein bedeutender Forscher auf dem Gebiet der Entwicklung des Gehirns. 1899 kam er als junger Wissenschaftler nach Argentinien, denn man hatte ihm versprochen, hier dürfe er so viele Gehirne untersuchen, wie er bräuchte, während in Deutschland nur wenige Stücke zur Untersuchung freigegeben wurden.
Jakob arbeitete am Hospicio de las Mercedes (heute Hospital Borda) und später am Hospital de Alienadas (heute Moyano), war Universitätslehrer an der Universität Buenos Aires und der von La Plata und veröffentlichte bald seine Ergebnisse auf Spanisch.
Er war seiner Zeit voraus: Jakobs Experimente und Sammlungen werden erst jetzt von der Wissenschaft langsam eingeholt. Er war ein vielseitig gebildeter Mensch, es gibt sogar zwei dünne Bändchen mit poetischen Werken, deren Komplexität die Feinheiten des bedeutenden Intellektuellen zeigt. Eine seiner Liebhabereien war das Bergwandern, nach ihm ist einer der Seen im Gebirge über Bariloche genannt. Auch eine Berghütte dort heißt nach ihm.
Es gibt zwar schon einige Forschungsarbeiten zu diesem Wissenschaftler, jetzt aber hat sich die begeisterte Forscherin Alejandra Molina in Córdoba daran gemacht, seine Figur dem breiten Publikum nahezubringen. Eine Gruppe von Jakobbegeisterten wurde gegründet, eine vollständige Liste aller Werke Jakobs erstellt, eine Sammlung mit all seinen Texten angelegt.
Einen Schritt an die Öffentlichkeit bedeutet die Enthüllung einer Plakette, die kürzlich am 27. Juli in der Eingangshalle des Borda-Hospitals stattfand, wo sich Enkel, Urenkel und Ururenkel Jakobs mit einer Gruppe von Ärzten und Wissenschaftlern trafen. Nach dem Vortrag des Dr. Roberto Caccuri und den Worten des Direktors Daniel Cichelo, des Wissenschaftlers Hugo Videla und der Frau Molina wurde die Plakette enthüllt und die Gruppe begab sich durch das ausgedehnte schöne Gelände des Hospitals bis zu dem Pavillon, in dem seinerzeit Jakob seine bis heute gültigen, erst in den letzten Jahren voll gewürdigten Forschungen betrieben hat.
Dies nun war der Abstieg in eine andere Welt. Der Pavillon, an sich ein geräumiges helles Gebäude, ist in einem beweinenswerten Zustand, feuchte Wände, die Farbe hängt in Fetzen herab, die Scheiben sind zerschlagen und einige Fenster mit Holzlatten vernagelt.
Bei aller Anerkennung seines Werkes haben die heutigen Wissenschaftler es nicht fertiggebracht, den wunderbaren Pavillon, in dem tausende von Glasgefäßen mit Gehirnen von Mensch und Tier, und Schränke mit auf Glas konservierten Gehirnschnitten aufbewahrt werden, restaurieren zu lassen. Offenbar konnten diese Schätze nicht einmal vor der Aggressivität von Unbefugten bewahrt werden, die auch vor Diebstahl nicht zurückschrecken. Noch in den letzten Wochen wurden Glasscheiben durch Steinwürfe zertrümmert und Gläser mit seit Jahrzehnten aufbewahrten Probestücken zerschmettert. Ein deprimierendes Zeichen, wie Argentinien mit seinen historischen Schätzen umgeht, bis es einmal vielleicht einem Beamten einfällt, diese oder jene Sache müsse “aufgewertet” werden. Dann entsteht aus einem Abfallhaufen ganz schnell ein prächtiges neues Gebäude für ein Museum.
Wie Frau Molina sagt, wäre es notwendig, dass möglichst bald “beide Länder, Deutschland und Argentinien, die in der Figur des Christfried Jakob einen gemeinsamen Nenner haben, hier einschreiten und […] jeder von seinem Ort her, seine Leistungen anerkennen”.
Aus Mitteilungsblatt IX/07-2022
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