Von Juan E. Alemann
Als Néstor Kirchner im Mai 2003 als Präsident antrat, konnte er eine populistische Politik einleiten, ohne dass dabei die Inflation in die Höhe sprang und ohne die Staatsfinanzen und die Zahlungsbilanz zu gefährden. Nach dem Default von 2001 wurden bis 2005 keine Zinsen auf die Auslandsschuld des Staates gezahlt, und die Löhne waren nach dem Inflationssprung von 2002 stark zurückgeblieben, was auch die Staatsangestellten betraf. Lohnerhöhungen bedeuteten damals nur eine Rückkehr zur Normalität. Die Belegschaft des staatlichen Bereiches wurde kaum erhöht. Die Rückverstaatlichung von privatisierten Staatsbetrieben konnte ohne weitere Wirkungen verkraftet werden. Die Wirtschaft wuchs, was zunächst nur eine Erholung nach dem starken Rückgang des Bruttoinlandsproduktes bedeutete, der vorher eingetreten war, und die Beschäftigung stieg sehr stark.
Dann stieg der Preis für Sojabohnen auf über 500 Dollar pro Tonne, doppelt so viel wie in den 90er Jahren, und auch der Preis für Mais u.a. Getreideernten ging in die Höhe. Cristina Kirchner trat ihre erste Amtszeit als Präsidentin im Jahr 2007 unter günstigen Umständen an, die die Wirtschaft ankurbelten und 2011 zu einer Zunahme des Bruttoinlandsproduktes von 8% führten, was zum Teil auch den Wahlsieg von Cristina mit 54% der Stimmen erklärt.
Doch in ihrer zweiten Amtszeit (2011/15) waren die Bedingungen anders geworden. Der Preis für die Sojabohne ging stark zurück, auch der anderer Commodities, die Aufblähung der Staatsstruktur, mit 1,5 Millionen neu ernannter Beamten (Bundesstaat, Provinzen, Gemeinden, Staatsunternehmen und autonome staatliche Ämter) und die Aufnahme von über 2 Mio. neuen Rentnern fielen bei den Staatsfinanzen stark ins Gewicht. Nach der Umschuldung von 2005 mussten wieder Zinsen gezahlt werden, und die Wirtschaft litt auch wegen der ungenügenden Investitionen der Vorjahre und der Unordnung und Korruption der Kirchner-Verwaltung. Die Wirtschaft stagnierte, Zunahmen des BIP in einem Jahr wurden durch einen Rückgang im nächsten relativiert, die Zahlungsbilanz geriet in Probleme und die Devisenbewirtschaftung wurde verschärft. Die populistische Illusion war an ihrem Ende angelangt.
Bei einer neuen Regierung würde Cristina unter Umständen beginnen, bei denen das populistische Rezept auf große Schwierigkeiten stößt. Auch Cristina müsste sich um die Verringerung des Staatsdefizits kümmern und sich bemühen, die Staatsstruktur zu verkleinern und zu verbessern. Ebenfalls müsste sie sich mit der Inflationsproblematik auseinandersetzen, was u.a. eine harte Lohnpolitik erfordert, die mit einem Konflikt mit den Gewerkschaften verbunden ist. Wenn sie dann durch einen zurückgebliebenen Wechselkurs und zunehmend niedrige Tarife öffentlicher Dienste die Inflation begrenzen will, dann tauchen sofort andere Probleme auf. Die Regierung wäre gezwungen eine sehr strenge Devisenbewirtschaftung einzuführen und würde voraussichtlich mit Preiskontrollen und einer weitgehenden Intervention in die Wirtschaft versuchen, die Inflation einzudämmen, wobei der Erfolg schließlich fragwürdig wäre.
Doch das Schlimmste dabei wäre, dass die Investitionen, an erster die staatlichen für Infrastruktur, stark abnehmen. Eine neue populistische Welle könnte am Anfang eine Art Schockwirkung haben, endet dann jedoch unvermeidlich in einer Stagnation, mit zunehmenden ungelösten Problemen.
Man fragt sich gelegentlich, ob es Cristina nicht wie Alan García in Peru machen würde, der in seiner ersten Regierung extrem populistisch war, und 16 Jahre später, in seiner zweiten eher marktwirtschaftlich und vernünftig vorging.
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