Von Juan E. Alemann
Der Wahlsieg von Alberto und Cristina Fernández bei den PASO-Wahlen vom Sonntag war in seinem Ausmaß eine Überraschung. Alle Meinungsforscher waren bei den Umfragen auf eine Differenz von etwa fünf Prozentpunkten, höchstens acht, gekommen. 15 Punkte hatte keiner auch nur als Möglichkeit angedeutet. Die Entscheidung von Cristina, Alberto Fernández als Präsidentschaftskandidat aufzustellen und selber in den Hintergrund zu treten, hat sich als weise erwiesen. Damit hat sie die Stimmen von traditionellen Peronisten erhalten, die keine Sympathie für den Kirchnerismus haben.
Alberto Fernández hat der Koalition ein neues Antlitz gegeben, ohne die Aggressivität, die die Kirchners kennzeichnet, mit mehr Vernunft und auch mit einer Sprache, die bei Peronisten gut ankommt. Er hat sich als ein hervorragender Wahlredner entpuppt, was man bei einem Mann mit einer rein bürokratischen Laufbahn nicht erwartet hatte. Denn Alberto begann seine Karriere in der Justiz, nachdem sein Vater schon Richter war, wurde dann unter Menem zum Leiter der Aufsichtsbehörde des Versicherungswesens und war dann gleichzeitig Vertreter des damaligen Gouverneurs von Santa Cruz, Néstor Kirchner. 2003 ernannte ihn dieser zum Kabinettschef, was er zunächst auch bei Cristina blieb, bis er zurücktrat und danach wiederholt heftige Kritik an ihr übte.
Er ist jedoch ganz anders als die Kirchners, nämlich ein freundlicher Mensch, der den Dialog pflegt und weiß, dass Politik auf Kompromissen beruht. Der extreme Autoritarismus der Kirchners, die Verfolgung der Gegner und die konfliktive Einstellung gegenüber der Presse, all das liegt ihm fern. Schon als Kabinettschef pflegte er gute Beziehungen zu den Journalisten und riet den Kirchners, sich nicht mit Clarín zu streiten, was diese ihm übel nahmen.
Obwohl die PASO-Wahlen nur als interne Parteiwahlen gedacht sind, hatten sie dieses Mal einen ganz anderen Charakter, nämlich den einer umfassenden Meinungsumfrage. Gewählt wurde dabei niemand. Es ist gut möglich, dass bei den echten Wahlen, die im Oktober stattfinden, Macri wieder aufholt. Aber bei 15 Prozentpunkten Differenz erscheint es kaum möglich, den Sieg davonzutragen. Dazu wäre ein Wunder notwendig, was auch nicht ausgeschlossen, aber sehr unwahrscheinlich ist.
Für Macri hat jetzt eine sehr komplizierte Übergangsperiode begonnen. Der Finanzmarkt misstraut Cristina und auch Alberto Fernández, und das macht es schwierig, den Devisenmarkt zu beherrschen und einen Kurssprung zu vermeiden, der dann von einem Inflationssprung begleitet wird.
Die wirtschaftliche Erholung, die schon sanft begonnen hat, wird durch die jetzt geschaffene Ungewissheit gebremst. Wenn all dies auf das Konto von Macri gebucht wird, dann dürfte seine Koalition im Oktober noch weniger Stimmen erhalten als jetzt. Aber es ist auch möglich, dass dies auf das Konto der beiden Fernández gebucht wird, die das Phänomen schließlich provoziert haben. Wenn anarchische Zustände eintreten, will die Gesellschaft Ordnung, und diese symbolisiert Macri.
Alberto F. beginnt seine Regierung auf alle Fälle mit einer sehr schwierigen Lage, die er mit dem, was er in der Wahlkampagne vorgeschlagen hat, nicht überwinden kann. Er muss dabei harte Maßnahmen treffen, die er nie erwähnt hat. Er läuft Gefahr, in eine Inflationsspirale zu geraten, die kurzfristig in Hyperinflation mündet. Er müsste somit schon jetzt eine beruhigende Botschaft verbreiten und Macri unter die Arme greifen, damit dieser die Übergangsperiode friedlich verwalten kann. Doch dann gibt er Macri auch eine bessere Chance bei den Oktoberwahlen. Ein schwieriges Dilemma.
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