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Zwischen Sprachdiplom und Homeschooling

David Klausa von der ZfA zieht Bilanz

Von Karoline Richter

David Klausa
Über vier Jahre war David Klausa Fachberater und Landeskoordinator der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen. (Foto: privat)

Buenos Aires (AT) - Nach viereinhalb Jahren in Argentinien wird David Klausa vieles vermissen. Die Freundschaften mit Kollegen, aber auch die kreativen Projekte mit Schülern: Etwa, als er gemeinsam mit 30 Deutschen Schulen und der Deutschen Botschaft in Buenos Aires einen Graffiti-Wettbewerb initiierte und die Schüler, die gewonnen hatten, die Mauer des Botschaftsgeländes im Stadtteil Belgrano bemalen durften. Anlass war das 30-jährige Jubiläum des Falls der Berliner Mauer im Jahr 2019. Oder als Schüler anlässlich des 250. Geburtstages des Komponisten Ludwig van Beethoven im Jahr 2020, inmitten der weltweiten COVID-Pandemie, einen Comic im Buchformat entwarfen.

Seit Februar 2018 ist David Klausa als Fachberater und Landeskoordinator für die Zentralstelle für das Auslandschulwesen (ZfA) in Argentinien tätig. Seitdem betreut er 19 Schulen im ganzen Land, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten, sowie mehr als hundert Deutschlehrkräfte. Ende Juni wird sein Vertrag auslaufen, dann wechselt er als neuer Leiter des Studienkollegs an die Technische Universität Berlin.

Für David Klausa waren zwei Aufgaben in Argentinien besonders wichtig: Brücken zwischen Argentinien und Deutschland bauen sowie ein aktuelles Deutschlandbild vermitteln. „Viele denken bei Deutschland ganz traditionell an Folklore, ans Oktoberfest oder an Schuhplattler-Tanzen“, sagt Klausa.

In seiner Zeit in Argentinien betreute er Stipendien und besuchte Schulen, um die pädagogische Qualität des Unterrichts sicherzustellen. Er organisierte Schulleitertagungen, Sprachcamps und Wettbewerbe: Nicht nur, um die argentinischen Schüler für ihren DSD-Abschluss (Deutsches Sprachdiplom) zu motivieren, der Voraussetzung ist, um in Deutschland zu studieren. Er wollte ihnen auch zeigen, dass Deutschland „ein multikulturelles, vielfältiges und offenes Land ist, eine erfolgreiche parlamentarische Demokratie, offen für die Welt“.

Tatsächlich geht die Zahl der Schüler, die Deutsch als Muttersprache sprechen, seit den 80er Jahren kontinuierlich zurück. Dabei sei Argentinien, auch wegen seiner vielen deutschen Immigranten, eines der Ursprungsländer des Deutschen Auslandsschulwesens, sagt Klausa, neben anderen lateinamerikanischen Ländern wie Chile.

„Ende des 19. Jahrhunderts, während der Weltwirtschaftskrise sowie vor und nach dem Zweiten Weltkrieg sind viele Deutsche nach Argentinien ausgewandert. Der Anteil der Deutsch-Muttersprachler war hoch, entsprechend populär auch der Deutsch-Unterricht.“ Die Sprache wurde über Jahrzehnte von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben. Die Generation der heute 50- und 60-Jährigen, von denen viele noch als Deutschlehrkräfte an den Deutschen Schulen arbeiten, sei großenteils noch als Muttersprachler aufgewachsen, so Klausa.

Das habe sich in den letzten 30 Jahren verändert: „Heute gibt es an den Deutschen Auslandsschulen kaum mehr Muttersprachler.“ Die meisten Familien entschieden sich lieber für Englisch oder Französisch als für Deutsch als Fremdsprache für ihre Kinder: „English is a Must, German a Plus“, laute das Motto.

Hinzu komme, dass die Zahl der Deutschlehrkräfte zurückgehe, auch bedingt durch den Lehrermangel in Argentinien. „Der Lehrerberuf ist nicht besonders angesehen in Argentinien, sie verdienen viel zu wenig.“ Außerdem sind fast alle Schulen, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten, Privatschulen. „Wenn ein Kind eine deutsche Schule besucht und die Familie bezahlt ein hohes Schulgeld, dann wollen die Eltern nicht, dass ihr Kind später als Lehrer arbeitet und wenig verdient. Es ist leider ein gesellschaftliches Problem“, sagt Klausa, der selbst lange als Lehrer gearbeitet hat.

Um mehr Schulabsolventen für den Lehrberuf zu gewinnen, organisierte David Klausa, gemeinsam mit dem Pädagogischen Austauschdienst (PAD) Hospitationsstipendien und Fortbildungen für Lehreramtsstudenten an deutschen Schulen. Gemeinsam mit dem „Netzwerk Deutsch“ lud er Mitarbeiter des hiesigen Bildungsministeriums nach Berlin ein, um sie über die deutsche Lehramtsausbildung zu informieren.

„Viele Deutschlehrer in Buenos Aires verdienen besser als andere Lehrer, weil sie an Privatschulen arbeiten. Doch das Gehaltsgefälle zwischen der Hauptstadt und den Provinzen ist zu groß“, kritisiert Klausa. Es gebe im Inland, etwa in Misiones, viele Interessierte, die gerne Deutsch auf Lehramt studieren wollten. Nur könnten sich nicht alle eine teure Wohnung in Buenos Aires leisten. „Es wäre praktisch, wenn Studenten zum Teil online studieren könnten. Erste Abkommen, beispielsweise mit Córdoba, gibt es bereits.“

Eine Lösung könnte auch sein, so Klausa, dass Deutsche Schulen Stipendien vergeben und den Teilnehmern das Lehramtsstudium bezahlen. Diese verpflichteten sich im Gegenzug dazu, nach ihrem Uniabschluss für einige Jahre als Deutsch-Lehrer an der jeweiligen Schule zu arbeiten.

„Natürlich ist es schade, dass wir nur mit Privatschulen zusammenarbeiten“, sagt Klausa, weist aber darauf hin, dass die Bandbreite an Partnerschulen unterschiedlich sei: Unter ihnen fänden sich reine Privatschulen wie die Goethe- oder die Pestalozzi-Schule in Buenos Aires, aber auch halbstaatlich finanzierte Schulen, etwa die Deutsche Schule in Lanús oder die Deutsche Schule in Villa General Belgrano. Beide sind zwar Privatschulen, bekommen aber einen Teil der Lehrergehälter vom Staat rückfinanziert.

„Es fehlt der Ansprechpartner an staatlichen Schulen, um eine Kooperation aufzubauen oder verbindlich zu klären, wohin das Geld überwiesen werden kann, damit es auch wirklich bei den Schulen ankommt“, bedauert Klausa. Das Goethe-Institut kooperiere zwar mit staatlichen Schulen, stelle aber ausschließlich Sachspenden zur Verfügung, etwa Computer oder Laptops, und keine finanzielle Unterstützung.

Was David Klausa an Argentinien vermissen wird? „Die Lehrer-Schüler-Beziehung ist persönlicher, man duzt sich, anders als in Deutschland, wo das Verhältnis distanzierter ist.“ Aus seiner Sicht hätten die Deutschen Schulen die Herausforderungen des Lockdowns in den vergangenen zwei Jahren perfekt gemeistert: „Die Deutschen Schulen in Argentinien haben die Digitalisierung viel besser umgesetzt als viele Schulen in Deutschland.“

Auch sein Lieblingsprojekt „Jugend debattiert“ konnte er in Argentinien noch mitten im Lockdown 2020 als erstes Land weltweit digital organisieren. Dass Jugendliche unterschiedliche Positionen vertreten und sie rhetorisch verteidigen müssen, vor allem Meinungen, die nicht unbedingt die ihrigen sind, sei in Argentinien besonders wichtig. „Die argentinische Gesellschaft ist gespalten, entweder ist man für oder gegen eine politische Meinung. Da hilft es, sich auf eine spielerische Art und Weise in die Meinung des Anderen hineinzuversetzen. Es fördert die deutsche Sprache und verändert das Weltbild.“


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