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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Zusammenarbeit während der Übergangsperiode

Von Juan E. Alemann

Präsident Mauricio Macri hat sich mit seinem Nachfolger, Alberto Fernández, am nächsten Tag nach den Wahlen getroffen, und dabei haben sie vereinbart, in dieser Periode von knapp über einem Monat bis zur Regierungsübertragung zusammen zu arbeiten, um einen unmittelbaren Zusammenbruch zu verhindern und den bestmöglichen Ausgangspunkt für die kommende Regierung zu schaffen. Macri hat drei Spitzenmitglieder seiner Regierung mit dieser Arbeit beauftragt: seinen Kabinettschef und Vertrauensmann Marcos Peña, den Innen-und Bautenminister Rogelio Frigerio und den Schatzaminister Hernán Lacunza. AF hat seinerseits Santiago Cafiero (Enkel des historischen Peronisten Antonio Cafiero und wahrscheinlich zukünftiger Kabinettschef), Eduardo “Wado” de Pedro (eventuell zukünftiger Innenminister), Gustavo Beliz (der mit Menem und Néstor Kirchner zusammengearbeitet hat) und Vilma Ibarra (Schwester des ehemaligen Stadtchefs Anibal Ibarra) für diese Arbeit bestimmt. Aber auch die Wirtschaftler Guillermo Nielsen, Matías Kulfas, Emmanuel Alvarez Agis und Cecilia Todesca (Tochter des gegenwärtigen INDEC-Direktors) machen mit, da es vornehmlich um rein finanzielle Probleme geht. Auf der anderen Seite werden auch Dante Sica, Guido Sandleris u.a. Regierungsbeamte kein Problem haben. mit der AF-Mannschaft zusammen zu arbeiten. Unter Ökonomen ist das Gespräch ohnehin sehr technisch und kaum politisch.

Als erstes hat AF von Macri gefordert, dass er die ZB-Reserven nicht aufbrauche. Das bedeutet eine strengere Devisenbewirtschaftung, wie sie schon diese Woche mit der drastischen Verringerung der Dollarkäufe eingeleitet wurde. Wenn es jetzt gelingt, der Gesellschaft den Eindruck eines geordneten und zivilisierten Überganges zu vermitteln, bei dem eine Katastrophe vermieden wird, dann dürfte sich der Devisenmarkt auch ohne weitere Maßnahmen beruhigen. AF muss den Sparern klare und glaubhafte Signale geben, dass er ihre Rechte achten und keine kalte Enteignung vollziehen wird. Das weiß er; aber er ist sich nicht im Klaren, was er tun und sagen muss, damit die Botschaft ankommt.

Als zweites kommt die Umschuldung bei der Staatsschuld. Es handelt sich um einen Default, der schon mit der Streckung der Amortisation bestimmter Staatsschulden eingeleitet wurde, was jetzt als “Neuprofilierung” benannt wurde. Der Default soll mild sein, ohne Kapitalschnitt oder mit einem geringen, der sich eventuell nur auf bestimmte Schulden beschränkt, und mit einer Senkung der Zinsen auf ein normales Niveau (3%?). Besonders wichtig ist, dass die Verhandlung kurzfristig abgeschlossen wird, wenn möglich noch unter der Macri-Regierung, und sonst in einigen Monaten. Wenn sich der Finanzmarkt und die Gesellschaft allgemein überzeugt, dass eine Lösung unmittelbar bevorsteht, dann beruhigt sich der Devisenmarkt sofort. Allein deshalb ist der Fall besonders dringlich.

Der Internationale Währungsfonds hat jetzt die These vertreten, dass es bei den Krediten, die die Investmentfonds dem argentinischen Staat gewährt haben, einen Abschlag geben müsse. Der IWF geht davon aus, dass sich die Fonds des Risikos bewusst waren und in diesem Sinn hohe Zinsen (8% und gelegentlich mehr) kassiert haben, die weit über den normalen Zinsen einer Welt liegen, in der die Zinsen allgemein sehr niedrig sind. Das Risiko sei jetzt eben eingetreten, und die Fonds müssten somit den Verlust hinnehmen. Ein beschränkter Kapitalschnitt erleichtert die Lösung, weil dadurch die gesamte Schuld verringert wird.

AF ist sich bewusst, dass Argentinien finanzielle Beziehungen zur großen Welt aufrecht erhalten muss. Der Default von 2001, bei dem es erst Mitte 2005 zu einem Zahlungsvorschlag kam, der außerdem sehr ungünstig war und das Problem nur zum Teil lösen konnte, hat unangenehme Folgen gehabt, an erster Stelle der Ausschluss Argentiniens aus der internationalen Finanzwelt. Es hat auch dazu geführt, dass die Weltbank und die Interamerikanische Entwicklungsbank nur minimale Kredite an Argentinien erteilten. Während den Kirchner-Regierungen hätte Argentinien wohl über u$s 10 Mrd. zusätzlich erhalten können, alles langfristig und zu niedrigen Zinsen. Ebenfalls gab es in dieser langen Periode keine politische Versicherungen von Instituten wie Hermes (Deutschland), Coface (Frankreich) u.a für Finanzierung von Kapitalgüterlieferungen. Auch Kapitalinvestitionen blieben aus. Jetzt soll das Problem möglichst schmerzlos und schnell gelöst werden, so dass es bald in Vergessenheit gerät und sich die Wirtschaft normal entwickeln kann.

Das Problem ist objektiv gesehen nicht so dramatisch, wie es gelegentlich dargestellt wird. So wie sich die Wirtschaftler von AF das Umschuldungsabkommen vorstellen, werden 2020 Zahlungen in Höhe von u$s 23 Mrd. hinausgeschoben, 2021 u$s 13 Mrd., 2021 u$s 7 Mrd., und 2014 u$s 4 Mrd. Erst 2026 gäbe es dann höhere Zahlungen, und das gibt der Regierung von AF Zeit, um einen Überschuss bei der Leistungsbilanz zu erzielen und auch durch Kredite der Weltbank, der Interamerikanischen Entwicklungsbank und von chinesischen u.a. Banken einen Ausgleich zu schaffen. Wenn man von der gesamten Staatsschuld die innerstaatliche Schuld abzieht, die im Wesen keine Schuld ist und kein Problem darstellt, und auch die Verschuldung gegenüber internationalen Kreditanstalten (ohne den IWF), und Banken, die mittel- und langfristig ist, bei Seite lässt, dann verbleibt ein Betrag von bis zu u$s 130 Mrd., der kein Problem darstellen sollte, sofern die Wirtschaft wieder leicht wächst, die Inflation stark zurückgeht und der Kirchner-Populismus nicht wieder aufkommt. Ohnehin entfallen davon u$s 57 Mrd. auf den IWF, der immer bereit ist, die Amortisationszahlungen zu strecken, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden, an erster Stelle die kontinuierliche Verringerung des Staatsdefizites. Der IWF ist kein Geierfonds, sondern eine internationale Anstalt, die geschaffen wurde, um Ländern mit Zahlungsproblemen zu helfen, sie möglichst schmerzlos zu überwinden.

Die Wirtschaftsfachleute von Macri und AF müssen sich jetzt auch mit dem Defizit der Staatsfinanzen befassen. Das Gesamtdefizit, das jetzt über 4% des Bruttoinlandsprodukts liegt, bei richtiger Berechnung sogar bei 5% oder 6%, ist unhaltbar, weil es keine Finanzierung für diesen Zweck gibt, abgesehen von den Krediten der Weltbank, des BID u.a. Banken. Auch wenn diese Kredite für bestimmte Objekte bestimmt sind, finanzieren sie das Defizit, weil in der staatlichen Buchhaltung laufende Ausgaben und Kapitalausgaben zusammengezählt werden, während in der privaten Buchhaltung bei Investitionen nur die Amortisationen als Ausgaben eingestuft werden. AF hat schon offen erklärt, dass er mit dem Unfug der Leliq und den absurd hohen Zinsen aufhören werde. Das würde stark zur Verringerung des Gesamtdefizites beitragen. Jetzt müssen seine Wirtschaftler einen Weg finden, um dies ohne eine gigantische Geldschöpfung zu erreichen. Es ist von einem Bonex-Plan die Rede, wie der von 1990, also einer Zwangstilgung der Leliq mit langfristigen Staatspapieren in Dollar zu niedrigen Zinsen.

Was die Geldschöpfung betrifft, so sei bemerkt, dass eine gewisse Geldschöpfung keine inflationäre Wirkung hat, wenn die Wirtschaft wächst und die Inflation zurückgeht, so dass die Nachfrage nach Pesos zunimmt, was bedeutet, dass mehr Pesos gehalten werden, die dann gelegentlich für Zahlungen eingesetzt werden, und auch mehr Zahlungen als Folge einer aufstrebenden Wirtschaft erfolgen. Die Stabilisierung, die Cavallo 1991 einleitete, wurde von einer relativ hohen Geldschöpfung begleitet, die überhaupt keine inflationäre Wirkung hatte, sondern das BIP-Wachstum von 9% begleitete.

Ohnehin ist das Konzept einer Inflationsbekämpfung nur mit Nullemission, wie es 2018 (unter Guido Sandleris als ZB-Präsident) auf Empfehlung des IWF aufgestellt wurde, falsch, weil die Rechnung dann nur mit einer phänomenalen Rezession aufgeht, die politisch nicht zu verkraften ist. Das hat auch Macri inzwischen begriffen. AF hingegen hat sich von Anfang an deutlich gegen dieses monetäre Konzept ausgesprochen und unterschwellig eine integrale Inflationsbekämpfung befürwortet, mit einem Sozialpakt, der die Kosteninflation beschränkt.

In diesem Zusammenhang müssen auch die Staatsinvestitionen geprüft werden, die sich in Gang befinden, und auch die, die unmittelbar beginnen sollen. Eventuell werden dabei die Ökonomen von AF einige Projekte streichen oder anders gestalten, und auch andere hinzufügen. Aber sie sind sich gewiss bewusst, dass sie einen geringen Spielraum haben. Ebenfalls muss eine Grundentscheidung über die Tarife öffentlicher Dienste, und besonders über die Energiepolitik und den Sonderfall Vaca Muerta getroffen werden. Es sind alles konfliktive Themen.

AF überlegt sich schon, wie er seine Amtszeit beginnen soll. Er muss von Anfang an der Gesellschaft den Eindruck zu vermitteln, dass es besser gehen wird, weil die Regierung die Lage im Griff hat. Doch hier gibt es keine Besprechungen mit Macri, auch wenn dessen Mannschaft der von AF die notwendige Information übermitteln wird. Zum Unterschied der Regierungsübertragung vom 10. Dezember 2015, als es überhaupt keinen Kontakt zwischen den hohen Beamten der Cristina-Regierung und denen von Macri gab, weil Cristina ihren Leuten dies streng verboten hatte, handelt es sich dieses Mal um einen zivilisierten Übergang von einer Regierung auf die andere.

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