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Zirkus der wilden Löwen

Partei von Premier Truss vor Abgrund

Liz Truss
Liz Truss, die Nachfolgerin von Boris Johnson, verpatzt den Amtsstart. (Foto: dpa)

Birmingham (dpa) - „Nothin‘ can stop me” - nichts kann mich aufhalten - tönt aus den Boxen, als die britische Premierministerin zum Abschluss des Parteitags in Birmingham auf die Bühne federt. Doch tatsächlich scheint es, als sei Truss nach nur vier Wochen im Amt bereits gestoppt worden. Von eigenen Fehlern und ihrer Partei. Für Beobachter, aber auch viele Mitglieder wirkt der Parteitag, der erste wichtige Auftritt für Truss, wie eine Untergangsparty. Der „Telegraph”-Reporter Christopher Hope urteilt: „Dieser Parteitag wirkt wie ein Zirkus ohne Zirkusdirektor. Die Löwen haben bereits einen Akrobaten gefressen - und nagen an einem weiteren.” Das Problem sitzt offenkundig an der Spitze: Truss hat einen Fehlstart hingelegt. Nach den Skandaljahren ihres Vorgängers Boris Johnson hatte die 47-Jährige versprochen, das Vertrauen in die Regierung wieder herzustellen. So prangt es auch auf Tassen und T-Shirts: „In Liz We Truss” - „Wir vertrauen Liz Truss”. Die Wahrheit sieht anders aus. „Sie hat Vertrauen verloren, weil sie das eine sagt und dann etwas anderes passiert”, urteilt Tim Durrant von der Denkfabrik Institute of Government. In einem Interview musste sich Truss fragen lassen, ob ihre Aussagen bis zur Ausstrahlung am nächsten Morgen noch Bestand haben würden. Denn am Vortag hatte Truss in vorab aufgezeichneten Interviews noch die geplante Senkung des Spitzensteuersatzes verteidigt. Als die Gespräche am Folgetag über die Sender liefen, hatte die Regierung bereits eine komplette Kehrtwende hingelegt. Abgeordnete, die der Regierungschefin eigentlich zugetan sind, sind nun verunsichert, ihre Gegner wittern Morgenluft. Ex-Minister Grant Shapps, den Truss abgesägt hatte, setzte ihr eine Frist von zehn Tagen, die Dinge zum Laufen zu bringen. Andere haben einfach nur Mitleid. Der offene Riss in der Partei hat bereits das Kabinett erreicht, manche sprechen bereits von einem „offenen Krieg”. Penny Mordaunt, die als Ministerin für Parlamentsfragen eine zentrale Rolle in der Regierung einnimmt, machte deutlich, dass die Sozialleistungen gemäß der starken Inflation erhöht werden sollten. Truss strebt eine geringere Steigerung an und will - auf Kosten ärmerer Menschen, wie Kritiker ihr vorwerfen - Milliarden sparen. Die konservative Zeitung „Daily Mail”, die sich im parteiinternen Wahlkampf hinter Truss gestellt hatte, forderte die 47-Jährige auf ihrer Titelseite auf: „Bekommen Sie das in den Griff!” Die Johnson-Vertraute Nadine Dorries, die sich ursprünglich ebenfalls für Truss ausgesprochen hatte, kritisierte, die Premierministerin habe sich vom eigentlichen Regierungsprogramm entfernt.

Experte Durrant betont, Truss habe nur noch auf dem Papier die notwendige Mehrheit, ihre Vorhaben durchs Parlament zu bringen. Bei den fraktionsinternen Abstimmungen über die Johnson-Nachfolge erhielt Truss‘ Konkurrent Rishi Sunak mehr Stimmen, und auch bei der abschließenden Mitgliederabstimmung war ihr Vorsprung eher knapp. Schaden könnte ihr gerade deshalb auch, dass sie keine Widersacher in ihr Kabinett berief. „Es gibt eine große interne Opposition gegen die Regierung”, sagt Durrant.


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