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Zehn Jahre Grüne Hände

„Fundación Manos Verdes“ feiert Jubiläum

Von Wim van Geenen

Verena
Grüne Handabdrücke auf weißem Stoff: Verena Böhme (l.) nach einem Workshop der „Manos Verdes“.

Buenos Aires (AT) - Seit mittlerweile zehn Jahren ist die Umweltorganisation „Manos Verdes“ (dt.: Grüne Hände) in Argentinien aktiv. Insbesondere im Bereich Umweltbildung hat die Organisation seitdem viel erreicht. Kurz vor dem Jubiläum am 12. Oktober blickt Geschäftsführerin und Mitgründerin Verena Böhme (45) für das Argentinische Tageblatt zurück auf die Anfänge der Stiftung und berichtet von bisherigen Erfolgen, schwierigen Phasen und ihren Pläne für die nahe und ferne Zukunft.

Zum ersten Mal sei sie im Jahr 2006 als Touristin nach Argentinien gekommen, erzählt Böhme, ursprünglich aus der Nähe von Augsburg, im Skype-Interview. Ihren einstigen Job in der Werbeagentur hatte sie für ein Sabbatjahr hinter sich gelassen; ihre Reise führte sie von Costa Rica bis nach Feuerland durch fast ganz Lateinamerika. Buenos Aires war die letzte Station der langen Tour; die Stadt habe sie vom ersten Moment an begeistert, so Böhme im Rückblick.

Fasziniert von Ländern und Kulturen entlang ihrer Reiseroute bemerkte sie jedoch auch, dass es in vielen Regionen Lateinamerikas gravierende Umweltprobleme gibt. Schon damals sah Böhme die Ähnlichkeiten zwischen den Problemen der verschiedenen Länder. In ihr keimte der Gedanke auf, dass es für diese Probleme Lösungen geben müsse: Die notwendigen Technologien seien schließlich vorhanden und müssten nur genutzt werden, sagt sie heute.

Nur ein Jahr nach Abschluss der Reise kehrte Verena Böhme zurück nach Buenos Aires. Dieses Mal kam sie, um zu bleiben: Sie vernetzte sich mit der deutschen Gemeinschaft in Buenos Aires, nahm Kontakt zu Vereinen und zur deutsch-argentinischen Handelskammer auf und spürte, dass sie hier eine Aufgabe hat - auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, worin sie bestehen sollte.

Gemeinsam mit einer früheren Bekannten, ihrer ehemaligen Spanischlehrerin, entstand schließlich die Idee, in Buenos Aires Spanischkurse für deutsche Studierende anzubieten. Als erstes interessierte sich die Hochschule ihrer Heimatstadt Augsburg für das Projekt; bald darauf kamen die ersten deutschen Studierenden nach Buenos Aires. Mit weiteren Kooperationen bekam die Unternehmung schließlich auch eine soziale Komponente: Während sie Spanisch lernten, arbeiteten die Studierenden in sozialen und ökologischen Projekten mit, um so der argentinischen Kultur näherzukommen.

Im Kontext dieser Workshops wurde schließlich Mülltrennung zum Thema. Was aus deutscher Perspektive heutzutage banal klingen mag, löste in Argentinien großes Interesse aus. Nicht nur beteiligten sich verschiedene Institutionen und Universitäten an dem Projekt, auch die deutschsprachigen Schulen meldeten schnell Interesse an den Kursen an.

Im Oktober 2010 gründete Verena Böhme schließlich mit Partner Andrés Steinhäuser, dem heutigen Stiftungspräsidenten, die „Fundación Manos Verdes“. Der Name der Organisation stammt aus einem der früheren Workshops, in dem sich die Teilnehmer zum Ende die Hände mit grüner Farbe bemalten und die farbigen Abdrücke mit ihrer Unterschrift als Ausdruck eines „compromiso ambiental“ (dt.: Umweltversprechen) auf einer Stoffbahn hinterließen.

Zu Beginn ging es der Organisation insbesondere um Umweltbildung an Schulen. Die ersten Kurse gab Verena Böhm selbst, sie unterrichtete Schüler an verschiedenen Schulen zu Umweltthemen - Mülltrennung wurde zum Schulfach. Von Beginn an dabei war die deutsche Pestalozzi-Schule in Buenos Aires, schnell kamen weitere hinzu, auch außerhalb der deutschen Gemeinschaft. Die Liste der Kooperationspartner wuchs über die Jahre: Die Siemens-Stiftung, die Allianz-Versicherung sowie die deutsche und die Schweizer Botschaft in Buenos Aires sind nur einige der Partner, mit denen Böhme und die „Manos Verdes“ über die Jahre zusammenarbeiten. Über die Jahre verschob sich der Fokus dann hin zur Fortbildung von Lehrkräften und der Vernetzung verschiedener Akteure im Umweltbereich.

Auch wenn die Workshops gut angenommen wurden, war nicht immer alles einfach, sagt Böhme heute. Bürokratie und die Gesetzgebung für Nichtregierungsorganisationen hätten es den „Manos Verdes“ nicht immer leicht gemacht - eine Erfahrung, die viele eingewanderte Unternehmer teilen dürften. Im Rückblick sagt Böhme, sie hätte sich häufig gewünscht, mit der Organisation schneller wachsen zu können.

Dennoch haben die Grünen Hände vieles geschafft: Aus einigen Workshops mit Schulklassen sind vielfältige Kooperationen mit Provinzen und Gemeinden („municipios“) geworden. So habe „Manos Verdes“ allein in der Provinz Corrientes im letzten Jahr über 500 Lehrkräfte aus 44 Gemeinden in Umweltfragen weitergebildet, erzählt Böhme stolz. In der Colonia Carlos Pellegrini (Corrientes) konnte die Organisation in Zusammenarbeit mit der deutschen Botschaft und den Bewohnern in den Jahren 2013 bis 2015 ein integriertes Abfallmanagementsystem implementieren, das auch bei den Nachbargemeinden direkt auf Interesse stieß.

Ob Mülltrennungsworkshops an Schulen, Filmprojekte mit Kindern aus den „Villas“ oder die derzeitige Kooperation mit der Hanns-Seidel-Stiftung zur Reduzierung der Umweltverschmutzung in den Tourismusgemeinden Bariloche und Corrientes: Der länderübergreifende Austausch von Erfahrungen, Technologie und Knowhow zählt zu den Hauptachsen der Arbeit der „Manos Verdes“. Bereits in der Vergangenheit organisierte die Organisation Besuche argentinischer Entscheidungsträger in Deutschland, inklusive Besichtigung der lokalen Abfallentsorgungsstrukturen in Augsburg. Den Kontakt in ihre bayrische Heimat hat Böhme - anders als ihren bayrisch-schwäbischen Dialekt - nie verloren. Sie will das vorhandene Knowhow im Umweltkompetenzzentrum Augsburg für ihre Arbeit nutzen und stößt dabei auch von deutscher Seite auf Unterstützung, wie etwa in der aktuellen Kooperation mit der Hanns-Seidel-Stiftung. Auch die Pandemie kann die „Manos Verdes“ nicht stoppen: Reisen mussten zwar abgesagt werden, aber der Austausch geht - wie so vieles derzeit - online weiter.

Der Wissenstransfer trägt Früchte, davon ist Böhme überzeugt. Mittlerweile, so erzählt sie stolz, zeigen viele Gemeinden aktives Interesse an einer Zusammenarbeit mit „Manos Verdes“. Die Organisation ist im Lauf der Jahre von einem kleinen Projekt zu einem gefragten Dienstleister im Umweltbereich geworden und konnte ihre Themen erfolgreich auf der kommunalpolitischen Agenda vieler Gemeinden platzieren.

Zum zehnjährigen Jubiläum ist Verena Böhme der Stolz und die Freude über das bisher Erreichte anzusehen. Im Interview wirkt sie zufrieden, dennoch merkt man, dass ihr das Projekt keine Ruhe lässt. „Das ist ein Vollzeitjob“, sagt sie, lacht, und ergänzt: „Es ist ein Lebensjob, eine Lebensaufgabe.“

Obwohl Umweltthemen häufig als „eher romantisch“ betrachtet werden, denkt Böhme politisch: Sie kennt Akteure, Strukturen und Themen, sieht sich als Interessenvertreterin und Netzwerkerin. Die Arbeit der Organisation bezeichnet sie im Interview als klassische Lobbyarbeit - ein Ausdruck, mit dem sich viele andere Umweltorganisationen wohl kaum freiwillig in Verbindung bringen würden. Böhme aber denkt pragmatisch: „Manos Verdes“ werde als praktische Organisation gesehen, sagt sie. Deshalb käme sie in Argentinien gut an. „Wir labern nicht, wir machen.“ Das zeichne sie gegenüber anderen Akteuren im Umweltbereich aus, so Böhme mit einem sanften Seitenhieb in Richtung der jungen Demonstranten von Fridays for Future.

Für die Zukunft haben Verena Böhme und die „Manos Verdes“ noch einiges vor. So wollen sie ihre Strukturen in Argentinien weiter ausbauen, sich mittelfristig mit noch mehr Gemeinden vernetzen und die in Argentinien entwickelten Projekte eventuell sogar in andere Länder exportieren. Eine Freundin in Sri Lanka habe bereits Interesse an den Konzepten der „Manos Verdes“ gezeigt, so Böhme, und der Müll sei schließlich überall derselbe. Gleichzeitig will die Organisation über das Thema Abfallwirtschaft hinausgehen und die breiter gefassten Themen Klimaschutz und Biodiversität bespielen. Gerade in großen Städten sei es ihr ein Anliegen, dass junge Menschen den Kontakt zur Natur zurückgewinnen, so Böhme.

Wissenstransfer und internationale Zusammenarbeit sollen auch in Zukunft fester Bestandteil der Stiftungsarbeit bleiben. „Man muss das Rad nicht immer neu erfinden, sondern mit dem anderen weiterentwickeln“, sagt Böhme und denkt bereits über die Grenzen Lateinamerikas hinaus, etwa an mögliche Kooperationen in Afrika oder Südostasien. Manchmal, so erzählt sie weiter, passiere es, dass sie das schon Erreichte vor all den neuen Herausforderungen schon gar nicht mehr sehe. Der zufriedene Blick zurück ist für sie immer auch ein Blick in die Zukunft.

Mit „Manos Verdes“ zu arbeiten bringt jeden Tag Neues und stellt Verena Böhme immer wieder vor unvorhergesehene Situationen. Doch genau das macht es für sie spannend: „Ich hatte nie in meinem Lebenslauf geplant, dass ich mal Mülltrennung in Argentinien mache“, sagt sie zum Ende des Interviews. Und trotzdem arbeiten die Grünen Hände seit nunmehr zehn Jahren an einem Argentinien, das die ökologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts meistern kann.

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