Von Pastorin Karin Krug
Menschen suchen immer nach sicheren Verstecken für ihre Wertsachen. Dafür gibt es Tresore und Schließfächer; Fallen und Labyrinthe sollten die wertvollen Gegenstände, die den Pharaonen bei ihrer Bestattung in den Pyramiden beigegeben wurden, schützen. Niemand würde seinen Schatz in einer Vitrine aufbewahren, für alle Besucher sichtbar und greifbar.
Der Apostel Paulus schreibt im Korintherbrief einen wunderschönen Satz: „Gott, der da hieß das Licht aus der Finsternis hervorleuchten, hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, damit die Menschen durch uns die Herrlichkeit erkennen, die Christus ausstrahlt. Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen.“
Der Apostel hatte um das Jahr 49 n.C. die Gemeinde in Korinth gegründet. Am Anfang ging alles gut. Aber dann wurden sie zunehmend unzufrieden mit ihrem Apostel. Sie hatten eine klare Vorstellung davon, wie er sein sollte: redegewandt und überzeugend; Führungsqualitäten sollte er haben, aber um Gottes willen ja nicht autoritär sein, gesundheitlich stark, immer strahlend, immer freundlich... Summa: Er sollte so sein, dass man Staat mit ihm machen kann. Sie dachten, dass die phantastische Botschaft von Gott einen würdevolleren, einen perfekteren Vertreter als Paulus haben sollte. Sie waren ja Griechen und das heißt, sie waren Ästheten. Das Schöne und Harmonische zog sie unwiderstehlich an. Alles, was irgendwie unvollkommen oder gar beschädigt ist, stoß sie ab. Schatz, Herrlichkeit, Licht: Oh ja, das zog sie an, das sollte sich aber, bitte sehr, in angenehmen Äußerem, attraktiven Formen zeigen. DAS mache die Botschaft von Gott glaubwürdig, nicht so eine Karikatur von einem Apostel. Paulus verteidigt sich: „Das, was ihr euch vorstellt, mag in der Politik, in der Wirtschaft, in der Gesellschaft allgemein gelten und das ist gut so. Aber das ist menschliche Weise. Göttliche Weise ist, seinen Schatz in unvollkommenen, einfachen, zerbrechlichen Gefäßen unter die Leute zu bringen. Das ist die Größe Gottes, seine Herrlichkeit, dass sie ganz klein und einfach sein will.“ Der große Gott ganz klein: das ist himmlisch, das ist göttlich. Das kann nur Er, keinem Menschen würde so etwas einfallen. Wir streben nach oben, und so soll es sein. Gott strebt nach unten, ganz unten.
Eine Geschichte dazu: Es war einmal ein Wasserträger in Indien. Auf seinen Schultern ruhte ein schwerer Holzstab, an dem rechts und links je ein großer Wasserkrug befestigt war. Nun hatte einer der Krüge einen Sprung. Der andere hingegen war perfekt geformt und mit ihm konnte der Wasserträger am Ende seines langen Weges vom Fluss zum Haus seines Herren eine volle Portion Wasser abliefern. In dem kaputten Krug war hingegen immer nur etwa die Hälfte des Wassers, wenn er am Haus ankam. Er schämte sich, dass er durch seinen Makel nur halb so gut war wie der andere Krug. „Ich war die ganze Zeit nicht in der Lage, das Wasser zu halten, so dass du durch mich immer nur die Hälfte zu dem Haus deines Herren bringen konntest. Du hast die volle Anstrengung, bekommst aber nicht den vollen Lohn, weil du immer nur anderthalb statt zwei Krüge Wasser ablieferst.” sprach der Krug. Der Wasserträger aber erwiderte: „Hast du die Wildblumen am Straßenrand gesehen? Ist dir aufgefallen, dass sie nur auf deiner Seite des Weges wachsen, nicht aber auf der, wo ich den anderen Krug trage? Ich wusste von Beginn an über deinen Sprung. Und so habe ich einige Wildblumensamen gesammelt und sie auf Deiner Seite des Weges verstreut. Jedes Mal, wenn wir zum Haus meines Herren liefen, hast du sie gewässert. Ich habe jeden Tag einige dieser wundervollen Blumen pflücken können und damit den Tisch meines Herren dekoriert. Und all diese Schönheit hast du geschaffen.”
Wir sind zerbrechliche Gefäße. Mit Sprüngen, Risse und Macken. „Irdene“ Gefäße übersetzt Luther. Das sind Gefäße aus der Hand des Töpfers; Gefäße aus Ton, aus dem Material aus dem die Erde ist: „Von Erde bist du genommen, zu Erde wirst du wieder werden.“
Solche Gefäße tun für Gott einen wertvollen Dienst. Seine gute Botschaft läuft gerade auch durch Menschen, die Leid und Schmerz erdulden müssen, von Mensch zu Mensch weiter. Sie ist nicht gebunden an die Erfahrung, dass es einem immer gut geht, dass im Leben alles gelingt.
Die Korinther fanden das gar nicht lustig. Ich finde es befreiend. Und das nicht nur, weil ich Krug heiße...
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