Von Pastorin Karin Krug
So heißt es in einem Lied. Hoffnung nährt sich von Geschichten. Also nicht von logischen Erklärungen oder philosophischen Theorien. Sondern von dem, was wir erzählt bekamen und was wir erzählen können. Eine Geschichte, die von Hoffnung erzählt ist die von der Sintflut (Genesis/1. Mose 7 bis 9). Auch wenn das Wort selbst nicht in ihr vorkommt - für mich ist sie trotzdem eine Hoffnungsgeschichte und sie nimmt uns mit auf die Suche danach, was uns durchhalten lässt.
Noah sieht eine Katastrophe auf sich und die ganze Welt zukommen. Gott hat ihm die Flut angekündigt und befohlen: „Bau ein Schiff.“ Nachdem Noah alles nach dem Plan Gottes ausgerichtet hatte, kam der Regen, und die Wasser wuchsen und hoben die Arche auf und trugen sie empor über die Erde. (Gen 7,17)
Unsere Sintflut heißt Corona. Wobei - um das gleich klarzustellen: Ich glaube nicht, dass Gott Viren als erzieherische Maßnahme einsetzt, so wie die Bibel die Flut erklärt. Aber dieses Archen-Gefühl, das gibt es auch jetzt. Wie sind seit Monaten wie in einer anderen Welt, die wir vorher nicht kannten. Vieles um uns herum ist ins Wanken geraten, vieles aus dem alten Leben scheint weggespült. Viele bangen um ihre Gesundheit oder Existenz. Und dazu kommen noch die Verschwörungstheorien und das Misstrauen, die den Zusammenhalt und den Mut zerstören wollen.
Für Noah, seine Familie und die Tiere gibt die Arche Schutz und Geborgenheit mitten in diesem Unheil. Und damit ist sie ein Versprechen, dass Gott sie durch diese Not hindurch leiten und begleiten wird. Gott regiert. Das ist der Grund für ihre Hoffnung.
Das Zuhause oder die Familie kann so ein „Boden unter den Füßen“ sein. Etwas, das bleibt vom „Vorher“. Alte Freunde am Telefon. Oder die Online-Gottesdienste und seit Oktober wieder in der Kirche, ein Stück gewohnter Sonntag. Trotz Distanz, Alkohol auf den Händen, Thermometer und wenig Singen. Der Kirchenraum sagt ohne Worte das gleiche wie Senioren aus meiner Gemeinde: „Wir haben schon ganz anderes überlebt“. Erinnerungen an überstandene Krisen sind wie ein Trittbrett für die Füße, die nach Halt suchen.
Hoffnung kommt von Hüpfen. Klingt lustig, ist aber wahr. Das Wort Hoffnung hat seinen Ursprung in Hopen, also Hopsen. So wie Kinder hüpfen aus Freude auf das, was sie erwarten.
Es reicht aber auf Dauer nicht aus, nur auf Altbewährtes oder alte Geschichten zurückzugreifen und sich einzuigeln. Die Hoffnung braucht auch eine Richtung, ein Ziel, auf das sich hinhopsen, hinhoffen lässt. Noah hat die Arche unter den Füßen, aber er hat auch nach vorn geblickt: Es wird Zukunft geben. Die Wunschliste ist damit nicht erfüllt. Einfach wieder normal wie früher zu leben? Nie wieder eine Krise? So geht Noahs Geschichte nicht aus und unsere wohl auch nicht. Trotzdem hat Noah die Vögel losgeschickt, erst einen Raben und dann die Taube, die zum Hoffnungssymbol bis heute geworden ist.
Wichtig ist für mich das Lachen und der Humor. In ihnen bekomme ich Distanz zu dem, was das Leben beschwert. Ich lasse mich davon nicht gefangen nehmen, sondern weiß, dass es mehr und anderes gibt. Den Blick wach zu halten für das Komische und Fröhliche des Lebens, das da ist - in allem, trotz allem - eine Art, wie ich heute Tauben losschicken kann. Lachen ist auch ein Ausdruck davon, hoffnungsfroh zu leben.
Ein wunderbares altes Wort, finde ich. Wer hoffnungsfroh lebt, braucht übrigens keine Verschwörungstheorien. Die sind ja gerade Zeichen von Hoffnungslosigkeit, weil sie nur nach Sündenböcken suchen, die ihnen ihre Wünsche nicht erfüllen. Wer hoffnungsfroh lebt, erzählt mit seinem Handeln Geschichten, die nicht die Wut, sondern die Hoffnung ernähren.
Das Ende der Noah-Geschichte ist das Hoffnungszeichen das Gott selbst setzt: Den Regenbogen. Eine Art Erinnerung: Das Hoffen nicht vergessen!
Der Bogen in den Wolken... Es gibt ihn nicht an den Sonnentagen des Lebens, sondern er leuchtet dann auf, wenn alles verregnet und verhangen ist. Und mir fällt am Ende kein besseres Wort für das Gefühl ein, das Menschen haben, wenn sie einen Regenbogen am Himmel entdecken: In dem Moment sind sie durch und durch hoffnungsfroh.
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