69 „NSU 2.0“- Drohschreiben
Wiesbaden - Die Serie rechtsextremer Drohschreiben an Politikerinnen und andere Personen des öffentlichen Lebens ist deutlich länger als bislang bekannt. Die Ermittler des hessischen Landeskriminalamts (LKA) hätten Informationen über 69 Drohschreiben, die mit dem Kürzel „NSU 2.0“ versendet wurden, sagte Innenminister Peter Beuth. Diese richteten sich an 27 Personen und Institutionen in insgesamt acht Bundesländern. Verschickt wurden die Schreiben nach Angaben Beuths fast immer von einer gleichlautenden Absenderadresse. Vor kurzem war bekanntgeworden, dass deutsche Linken-Politikerinnen mit „NSU 2.0“ unterzeichnete Drohmails erhalten hatten.
Prozess zum Halle-Anschlag begonnen
Magdeburg - Der Prozess zum antisemitischen Terroranschlag von Halle hat begonnen. Der Angeklagte Stephan Balliet wurde am Dienstag um 12.00 Uhr in den Gerichtssaal in Magdeburg geführt. Dem 28-Jährigen werden 13 Straftaten angelastet, darunter Mord und versuchter Mord. Er hat die Vorwürfe nach Angaben des Gerichts im Wesentlichen eingestanden. Im Falle einer Verurteilung droht dem Mann eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung. Der Attentäter hatte am 9. Oktober 2019, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, schwer bewaffnet versucht, die Synagoge in Halle im Süden Sachsen-Anhalts zu stürmen. Er konnte sich jedoch auch mit Waffengewalt keinen Zutritt zum Gebäude verschaffen. Daraufhin tötete er eine Passantin vor der Synagoge und einen Mann.
Staatlicher Handy-Zugriff gebremst
Karlsruhe - Das höchste deutsche Gericht schränkt die staatlichen Zugriffsmöglichkeiten auf persönliche Daten von Handy- und Internetnutzern zur Strafverfolgung und Terrorabwehr ein. Es erklärte am vergangenen Freitag mehrere Regelungen zur sogenannten Bestandsdatenauskunft verfassungswidrig. Diese verletzten das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und das Telekommunikationsgeheimnis, wie das Bundesverfassungsgericht mitteilte. Das deutsche Telekommunikationsgesetz und entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen müssen nun bis spätestens Ende 2021 überarbeitet werden. Es stellte sich heraus, dass das 2012 reformierte Gesetz immer noch nicht den Anforderungen genügt.
KZ-Wachmann bekommt Jugendstrafe
Hamburg - Ein ehemaliger SS-Wachmann im Konzentrationslager Stutthof ist zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Die Jugendstrafkammer sprach den 93 Jahre alten Angeklagten am Donnerstag der Beihilfe zum Mord in 5232 Fällen und wegen Beihilfe zu einem versuchten Mord schuldig. Der Angeklagte hatte als SS-Mann von August 1944 bis April 1945 in dem Lager nahe Danzig (Gdansk) im heutigen Polen Dienst geleistet. Der Prozess wurde nach Jugendstrafrecht geführt, weil der Mann zu Beginn der Tatzeit 1944 erst 17 Jahre alt war. Er selbst hatte mehrfach erklärt, dass er als nicht frontdienstfähiger Wehrmachtssoldat nach Stutthof abkommandiert worden sei und dort ohne seine Zustimmung in die SS übernommen wurde. Er habe kein einziges Mal von seiner Waffe Gebrauch gemacht.
Gesichtsschleier in Schulen verboten
Stuttgart - Die Regierung Baden-Württembergs verbietet Vollverschleierung an Schulen. Der Ministerrat habe am Dienstag beschlossen, dass es für Schüler nicht mehr erlaubt sei, mit Ganzkörperverhüllung in die Schule zu gehen, bestätigte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Für Lehrer gelte das ohnehin bereits. Auch wenn solche Fälle nicht zu erwarten seien, brauche es selbst für seltene Einzelfälle eine gesetzliche Regelung. In einer freien Gesellschaft sollte man sich überhaupt nicht voll verschleiern, sagte Kretschmann.
Österreichs Corona-Maßnahmen gesetzeswidrig
Wien - In Österreich hat der Verfassungsgerichtshof einzelne Aspekte der Corona-Beschränkungen für gesetzwidrig erklärt. Die Ausgangsbeschränkungen seien teilweise nicht durch das Covid-19-Gesetz gedeckt gewesen, entschied das Gericht am Mittwoch. „Dieses Gesetz bietet keine Grundlage dafür, eine Verpflichtung zu schaffen, an einem bestimmten Ort, insbesondere in der eigenen Wohnung, zu bleiben.“ Zwar dürfe das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden. Eine Pflicht zu Hause zu bleiben, könne aber nicht auf dieser Grundlage verhängt werden. Die Richter monierten auch die Kriterien zur stufenweisen Wiederöffnung der Geschäfte. Die Verordnung, mit der Mitte April die Öffnung von Bau- und Gartenmärkten sowie kleiner Geschäfte mit weniger als 400 Quadratmetern Verkaufsfläche erlaubt wurde, sei eine Ungleichbehandlung zum Nachteil größerer Geschäfte. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) versprach, die Sicht des Gerichts werde umfassend „in unserer zukünftigen Arbeit beachtet“. Die Frage der Auswirkung auf laufende Verfahren sowie bereits ausgesprochene Strafen würden geprüft.
Risikoländer
Bern - Die Schweiz hat ihre Liste der Corona-Risikoländer von 29 auf 42 erweitert. Neu müssen etwa auch Einreisende aus Bosnien, Montenegro und Mexiko zehn Tage in Quarantäne, wie das Bundesamt für Gesundheit am Mittwoch beschloss. Weiter auf der Liste sind auch Israel, die US, Brasilien und Russland. Schweden und Belarus (Weißrussland) gelten dagegen nicht mehr als Risikogebiet. Wer aus einem Risikogebiet einreist, muss sich innerhalb von zwei Tagen bei den Behörden melden. Die Behörden überprüfen dies anhand von Passagierlisten mit Stichproben. In der Schweiz waren in den vergangenen Tagen jeweils rund 100 Infektionen innerhalb von 24 Stunden gemeldet worden.
Maskenpflicht
Wien - Als Reaktion auf steigende Corona-Infektionszahlen weitet Österreich die Maskenpflicht wieder aus. In Supermärkten, Bank- und Postfilialen müsse von Freitag an wieder ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Zuletzt galt die Maskenpflicht nur in Bussen und Bahnen, im medizinischen Bereich sowie in einigen Regionen. Seit Anfang Juli hatten sich in Österreich teils wieder mehr als 100 Menschen täglich angesteckt. Insgesamt sind in der Alpenrepublik derzeit 1400 Menschen mit dem Virus infiziert. Das Tragen der Maske habe auch einen symbolischen Effekt, meinte Kurz. „Je mehr sie aus unserem Alltag verschwindet, desto stärker wird die Sorglosigkeit.“
Anti-Mafia-Schlag
Rom - Bei einer internationalen Anti-Mafia-Razzia haben Polizeikräfte in Italien und der Schweiz am Dienstag 75 Verdächtige festgenommen. Außerdem beschlagnahmten die Ermittler Vermögen im Wert von rund 169 Millionen Euro, wie die italienische Finanzpolizei mitteilte. Den Festgenommenen werden unter anderem Menschenhandel, Drogenkriminalität, illegale Recycling-Geschäfte und Korruption vorgeworfen. Die Aktion habe sich schwerpunktmäßig gegen Mitglieder der Mafia-Organisation ‚Ndrangheta gerichtet. Beteiligt waren den Angaben nach rund 700 Beamte, gesteuert unter anderem von Fahndern aus der kalabrischen Hauptstadt Catanzaro, unterstützt von Staatsanwälten und Polizei aus Bern in der Schweiz. (dpa)
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