Grüne wollen an die Macht
In strahlendem Weiß steht sie da und sagt: „Fürchtet euch nicht.“ Sie hätte auch „Habt keine Angst“ sagen können, aber es soll offenbar ein Bibelzitat sein, wenn Annalena Baerbock konservative Wähler zu den Grünen locken will, und beruhigt: „Diese Klima-Revolution ist in etwa so verrückt wie ein Bausparvertrag.“ Robert Habeck wirbt mit ernstem Gesicht um Verständnis für die Autobauerin, den Kohlearbeiter, die Bauernfamilie. So setzen die beiden Grünen-Chefs in ihren Reden am Wochenende den Ton - nicht nur für den digitalen Bundesparteitag und das neue Grundsatzprogramm, sondern für das kommende Jahr. Im Herbst 2021 will die einstige Protest-Partei nach 16 langen Jahren in der Opposition im Bund wieder an die Regierung, am liebsten auch ins Kanzleramt. Wenn das klappen soll, müssen sie auch im Bund für CDU-Sympathisanten wählbar sein, nicht nur in einigen Ländern. Selbst der linksgrüne Anton Hofreiter versichert per Videobotschaft: „Wir verteufeln das Auto nicht, wir modernisieren es.“ Dass der Spagat zwischen der Vision einer „sozial-ökologischen Wende“ und der Umarmung bürgerlicher Wähler nicht einfach ist, zeigt der Parteitag aber auch. Die Delegierten stimmen kurz vor Schluss noch gegen den Willen des Vorstands für die „Orientierung an der Leitidee eines Bedingungslosen Grundeinkommens“ - die Konservativen Schauer über den Rücken jagt. Während die Konservativen vor einem rot-rot-grünen Schreckgespenst warnen, die Linken vor einem schwarz-grünen, sprechen die Grünen von sich selbst - und zwar von ihren Inhalten. Koalitionen spielen ebenso wenig eine Rolle an diesem Wochenende wie die ewige Frage nach der Kanzlerkandidatur. Ob nun links oder mittig oder bürgerlich, eines sind die Grünen, jedenfalls zur Zeit: ziemlich diszipliniert. Wenn es nicht gerade ums Grundeinkommen geht.
Impfungen im Januar
Wien - Österreich rechnet in den ersten drei Monaten des kommenden Jahres mit Corona-Impfdosen für bis zu 1,5 Millionen seiner fast 9 Millionen Einwohner. Die ersten Impfungen gegen den Erreger Sars-CoV-2 sollten abhängig von den Marktzulassungen im Januar erfolgen, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Eine Impfquote von „50 Prozent plus X“ sei das Ziel. Im Januar und Februar erwartet das Gesundheitsministerium rund eine Million Impfdosen, von denen zwei pro Person benötigt würden. Im Februar und März werden weitere Dosen erwartet. Als erster Impfstoff soll demnach der Wirkstoff von Pfizer/Biontech zur Verfügung stehen. Geimpft werden sollen zunächst Bewohner und Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen, Mitarbeiter der Gesundheitsberufe sowie Hochrisikogruppen.
Massentest erfolgreich
Bozen - Ein dreitägiger Corona-Massentest in Südtirol hat große Resonanz gefunden und mehr als 3000 Infektionen ans Licht gebracht. Bis Sonntagabend ließen in der kleinen Alpen-Provinz mehr als 343.000 Bürger und Bürgerinnen einen kostenlosen Abstrich machen. Wie die Behörden mitteilten, erhielten nach Abschluss der zentralen Phase bis 20 Uhr insgesamt 3185 Teilnehmer (0,9 Prozent) ein positives Corona-Resultat. Danach war geplant, dass die Südtiroler noch für weitere 72 Stunden bei Ärzten und an einigen anderen Orten an der Aktion teilnehmen können. Die Landesregierung wollte so die zweite Corona-Welle schneller brechen: Virusträger, die nichts von ihrer Infektion ahnen, sollten entdeckt werden. Landeshauptmann Arno Kompatscher sprach von einem „außergewöhnlichen Ergebnis“.
Terrorverdacht
Lugano - Eine Frau mit möglichen Sympathien für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat in der Schweiz zwei Frauen in einem Warenhaus mit einem Messer angegriffen. Sie wurde festgenommen, wie die Polizei am Dienstag berichtete. Eines der Opfer wurde nach Polizeiangaben schwer, aber nicht lebensgefährlich, eines leicht verletzt. Der Angriff ereignete sich am Nachmittag in Lugano im Kanton Tessin. Bei der Täterin handelt es sich nach Polizeiangaben um eine 28-jährige Schweizerin, die in der Region Lugano lebt. Die Polizei gehe Hinweisen nach, dass die Frau Sympathien für die Terrormiliz IS geäußert habe, berichteten Journalisten von einer abendlichen Pressekonferenz in Lugano. Nach Angaben des Kommandanten der Tessiner Kantonspolizei, Matteo Cocchi, war sie der Polizei bekannt.
Gegen Rassismus und Extremismus
Berlin - Mit Demokratieprojekten, Forschung zu Rassismus und Islamfeindlichkeit und verstärktem Opferschutz will die deutsche Regierung Rechtsextremismus stärker entgegentreten. Der Ausschuss des Kabinetts zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus verabschiedete am Mittwoch in Berlin ein Papier mit 89 Vorhaben. Die deutsche Bundesregierung will für diese Vorhaben zwischen 2021 und 2024 mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Falls der Haushaltsausschuss zustimmt, sollen noch weitere 150 Millionen Euro hinzukommen. Mehrere Ministerien nehmen sich mit dem Katalog konkrete Projekte vor. So wollen das Bundesinnenministerium und das Familienressort ein Institut aufbauen, das die Qualität einzelner Projekte der Extremismusprävention und der politischen Bildung überprüft und dazu beiträgt, die Wirksamkeit entsprechender Programme zu steigern.
„Schweigemarsch“ mit Gegendemo
Berlin - Aus Protest gegen die Corona-Politik von Bund und Ländern sind am Wochenende Tausende Menschen in deutschen Städten auf die Straße gegangen. Allerdings traten ihnen teils auch Hunderte Gegendemonstranten entgegen, die etwa einen groß angekündigten „Schweigemarsch“ durch Berlin mit Blockaden und anderen Störaktionen begleiteten. Leipzig wurde zwei Wochen nach der chaotischen „Querdenken“-Demo ebenfalls erneut zum Schauplatz für Proteste von Gegnern der Corona-Politik und Gegendemos. Die Berliner Polizei bezifferte die Zahl der Teilnehmer am sogenannten Schweigemarsch vom Prenzlauer Berg zum zentral gelegenen Alexanderplatz mit rund 1000. Angemeldet worden waren fünfmal so viele. Während die Teilnehmer des „Schweigemarschs“ unter anderem einen Verzicht auf Impfungen forderten, machten Anwohner in Prenzlauer Berg mit Töpfen Lärm und bezogen Stellung mit Plakataufschriften wie „Kein Platz für Corona-Leugner“ und „Abstand halten gegen Rechts“. Rund 600 Polizisten waren im Einsatz, es kam vereinzelt zu vorläufigen Festnahmen.
Nürnberger Prozesse zum Streamen
Washington - Das Holocaust-Gedenkmuseum in der US-Hauptstadt Washington hat die Tonaufnahmen der Nürnberger Prozesse nach dem Zweiten Weltkrieg online zugänglich gemacht. Zudem sind auf der Webseite die im Prozess eingesetzten filmischen Beweismittel abrufbar. Die zugrundeliegende Sammlung umfasse 1942 Schellackplatten, auf denen 775 Stunden Verhandlungen festgehalten sind, und 37 Filmrollen mit Beweismitteln, teilte das Museum am Freitag mit. Die Originale werden vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag verwahrt. 2017 hatte der Gerichtshof die Digitalisierung der Aufnahmen und Beweismittel genehmigt.
Teure Homophobie
Bremen - Ein evangelischer Pastor ist in Deutschland wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 8100 Euro verurteilt worden. Hintergrund sind Äußerungen zum Thema Homosexualität. Die Richterin am Amtsgericht Bremen folgte damit am Mittwoch im Grundsatz dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Diese hatte allerdings eine höhere Geldstrafe gefordert. (dpa)
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