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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Wirtschaftspolitik vor und nach den Wahlen

Von Juan E. Alemann

Die Wirtschaftspolitik ist bis Dezember von den Wahlen überschattet, zunächst von den PASO-Wahlen vom Sonntag, und dann von den allgemeinen Wahlen zur Erneuerung der Hälfte der Deputierten und eines Drittels der Senatoren, die im November stattfinden. Wenn die PASO-Wahlen für die Regierung einigermaßen günstig ausfallen, also mit einem höheren Stimmenprozentsatz als 2019 oder einem geringen Verlust, dürfte alles so weitergehen wie bisher, mit Notmaßnahmen, um einen Inflationssprung zu verhindern, auch mit einer stillen Verhandlung mit dem Internationalen Währungsfonds, damit es nicht zu einer Panikstimmung kommt und die Konjunktur wieder nach unten geht. Die Wartepause würde nur verlängert. Wenn der Verlust bei den PASO-Wahlen für die Regierung bedeutend ist, dann wird es gefährlich. Denn das kann Cristina dazu verleiten, Staatsgelder in gefährlichem Umfang zu verschenken, mit der entsprechenden Gefahr, dass die Inflation danach davonspringt. Auch kann es dazu führen, dass die radikalen Gruppen im Kirchnerismus gestärkt hervorgehen, weil sie die Schuld für das Versagen auf Alberto Fernández verschieben, was dann in einem weiteren Vordringen des Staates zum Ausdruck käme.

Doch grundsätzlich stellt sich die Frage, wie es nach den Novemberwahlen weitergeht. In diesem Sinn besteht schon eine heftige Diskussion innerhalb des Kirchnerismus und auch der traditionellen peronistischen Gruppen, die auch zur Regierungskoalition gehören. Angeblich will Cristina eine Wahlschlappe verwenden, um mehrere Minister und auch Staatssekretäre zu ersetzen. Die bestehenden sollen zunächst als Sündenböcke hingestellt werden. Wenn dies die Sicherheitsministerin Frederic betrifft, die von Sicherheit überhaupt nichts versteht, ist es in Ordnung. Aber hat sie auch Guzmán, Kulfas und Pesce im Visier? Die Information über dies ist widersprüchlich.

Doch die Personen spielen im Grunde eine zweitrangige Rolle. Der Streit in der Regierungsgruppe im weiteren Sinn dreht sich um das wirtschaftspolitische Konzept. Die vernünftigeren Politiker treten für ein Schema ein, das im Wesen orthodox ist, also Beschleunigung des Umschuldungsabkommens mit dem IWF, Maßnahmen zur Eindämmung der Inflation, sorgfältige Verwaltung der Zahlungsbilanz, und allerlei Einzelmaßnahmen, um den Zusammenbruch von Unternehmen zu verhindern, die Exporte zu erhöhen und eine weitere Erholung der Industrie herbeizuführen.

Die radikale Kirchnergruppe, die in der Gruppe “La Cámpora” ihren besten (aber nicht einzigen) Ausdruck findet und im Patria-Institut aktiv mitwirkt, befürwortet mehr direkte Staatsintervention, Verstaatlichungen von Privatunternehmen, besonders den Betreibern öffentlicher Dienste, und keine Einigung mit dem Fonds, also einen neuen Default. Es interessiert diese Gruppe nicht, dass Argentinien dabei von der Welt ausgeschlossen wird. Im Grunde wollen sie das Schema von 2002 bis 2005 wiederholen, als die Zahlungen an die Gläubiger des argentinischen Staates eingefroren wurden, und während viereinhalb Jahren nichts gezahlt wurde. Das erleichterte damals die Staatsfinanzen, so dass Néstor Kirchner als Präsident (2003 bis 2007) auf den doppelten Überschuss hinweisen konnte, nämlich bei den Staatsfinanzen (die damals einen primären Überschuss aufwiesen) und der Zahlungsbilanz, die einen positiven Saldo ergab, der es erlaubte, eine Schuld gegenüber dem IWF vorzeitig zu bezahlen. Allein, die Lage ist jetzt ganz anders als damals, und die Wiederholung der damaligen Strategie hätte katastrophale Folgen. Wie weit sich die enigmatische Cristina dessen bewusst ist, weiß man nicht.

Für Präsident Alberto Fernández bietet sich dabei eine glänzende Gelegenheit, sich als effektiver Präsident vorzustellen, und die Schwäche, die er bisher ununterbrochen gezeigt hat, hinter sich zu lassen. Denn schließlich entscheidet er und nicht Cristina über Ernennung von Minister u.a. hohen Beamten, und auch über den wirtschaftspolitischen Kurs. Kann er über seinen Schatten springen? Bestimmt, sofern er bereit ist, Cristina beiseitezulassen, ihr nicht mehr blind zu gehorchen, und sich gut beraten lässt. Er hat innerhalb der Regierung gute Ökonomen, und kann auch andere zu Rate ziehen. Würde er sich strikt an die Empfehlungen halten, die wir letzte Woche an dieser Stelle aufgeführt haben, wäre der Fall gelöst. Wir beanspruchen kein Urheberrecht. Und wenn andere bessere Vorschläge machen, ist es uns auch recht. Wir sind jedoch skeptisch, denn bisher hat sich der Präsident als ein Mann von schwachen Überzeugungen, einer oberflächlichen Mentalität und wenig Charakter gezeigt. Wir wären froh, uns zu irren.

Beiläufig sei bemerkt, dass Menem sich politisch festigte, als er Domingo Cavallo zum Wirtschaftsminister ernannte, und dieser den Konvertibilitätsplan, eine umfassende Privatisierung von staatlichen Unternehmen u.a. Objekten, eine Deregulierung und viele andere vernünftige Maßnahmen traf. Menem war sich gewiss nicht über die Reichweite der Cavallo-Reformen bewusst, aber er begriff intuitiv die Essenz und gab seinem Minister volle politische Unterstützung. Menem hat diese Wirtschaftspolitik, die die ganze Wirtschaft tief verändert hat, nicht zur Diskussion gestellt. Denn dann wären nur Hindernisse aufgekommen. Er hat die Gesellschaft vor vollendete Tatsachen gestellt und damit seine Macht behauptet. Der Erfolg dieser Politik stärkte ihn, und erlaubte ihm, 1995 als Präsident bestätigt zu werden. Alberto Fernández sollte sich Menem zum Vorbild nehmen.


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