Von Juan E. Alemann
Die ZB muss in letzter Zeit ständig einspringen, um zu verhindern dass der offizielle Wechselkurs steigt. Die verfügbaren Reserven sind schon von einem Höchststand von u$s 7,5 Mrd. in den letzten Wochen auf leicht über u$s 6 Mrd. gefallen, und private Ökonomen rechnen damit, dass sie, ohne grundlegende Maßnahmen, im Dezember erschöpft sind. Das bedeutet, dass die ZB dann den Kurs nicht mehr kontrollieren kann, wobei ein Wechselkurs, der längere Zeit künstlich gedrückt wurde, dann sehr wahrscheinlich einen Sprung macht. Wahrscheinlich schon vor der Erschöpfung der Reserven, weil in der Schlussphase dieser Entwicklung alles sehr schnell geht. Ob der offizielle Kurs dann auf $ 120 oder $ 150 pro Dollar geht, lässt sich nicht voraussagen. Das Normale ist unter solchen Umständen ein sogenanntes Overshooting, also eine Kurszunahme, die über die hinausgeht, die man als normal betrachtet. Diese Aussicht wird noch durch einen schwarzen Wechselkurs angeregt, der ca. 80% über dem offiziellen liegt. Gewiss: es ist ein Phantasiekurs, der nicht die geringste Beziehung zur Kaufkraftparität hat, aber er ist eine Realität, die eine große Wirkung hat.
Die Erwartung einer Abwertung führt zu Verhaltensweisen, die sie herbeiführen. Es ist die selbsterfüllte Prophezeiung. Die Landwirte halten erneut mit ihren Verkäufen zurück, und lagern Getreide und Ölsaat in grossen Kunststoffschläuchen. Das haben sie letztes Jahr schon getan, so dass Verbrecher, die zur Regierungskoalition gehören, in viele Fällen diese Kunstsoffbehälter aufschnitten, nur um Schaden zu verursdachen, abgesehen von einigen Ausnahmefällen, in denen sie die Sojabohne oder den Mais zum Teil auch mitnahmen. Die Haltung der Landwirte kam schließlich nicht nur ihnen, sondern auch dem Land zugute. Denn die Ware wurde exportiert, als der Preis für Sojabohne in die Höhe gesprungen war, und auch der von Mais stark zunahm, so dass sich aus dieser Produktion mehr Devisen ergaben. Dass das Verhalten der Landwirte 2020 so erfolgreich war, spornt sie jetzt an, es zu wiederholen. Auch ohne dies wird schon jetzt für die kommenden Monate ein geringer Export erwartet, weil die Lagerbestände voll exportiert wurden. Beiläufig bemerkt: es gibt jetzt einen Apparat, den man dem gelagerten Getreide (oder Ölsaat) hinzufügt, der dem Landwirt sofort mitteilt, wenn es Bewegung gibt. Viele Landwirte haben auch ein Gewehr und sind gute Schützen…
Ebenfalls wird angesichts dieser Konstellation mehr importiert. Denn es wird nicht nur damit gerechnet, dass die Ware wegen einer bevorstehenden Abwertung teurer wird, sondern es werden direkte Beschränkungen befürchtet. Ohnehin führt die hohe Differenz zum Schwarzkurs dazu, dass die Preise der Importgüter aufgebläht werden. Bei vielen Gütern ist es sehr schwierig, festzustellen, ob der Preis richtig ist. Denn einmal schwanken die Preise vieler Güter stark, und dann bestehen oft große Preisdifferenzen, die auf Qualitätsunterschieden und gelegentlich auch auf unterschiedlichen Lieferzeiten beruhen. Und wenn die zuständigen Zollbeamten merken, das ein Preis überhöht ist, lässt sich oft mit ihnen reden. Das Zollamt weist eine viel höhere Korruption auf als das Steueramt. In den USA u.a. Ländern werden gelegentlich private Firmen verpflichtet, die Information über Marktpreise liefern. In Argentinien gab es eine private Kontrolle von kritischen Zollpositionen, die von 1997 bis 2000 funktionierte und unzählige Unregelmäßigkeiten aufgedeckt hat. Damals ging es darum, dass die Preise zu niedrig angegeben wurden, um Zoll zu sparen. Jetzt ist es umgekehrt.
Die Regierung ist sich bewusst, dass sie auf eine Katastrophe zusteuert, und man kann davon ausgehen, dass sie handeln wird, um sie zu verhindern. Doch das Einzige, was sie unmittelbar tun kann, ist den Import weiter zu beschränken. Man kann erwarten, dass einmal die Importgenehmigungen für Konsumgüter, und allgemein, für Produkte, die mit lokal erzeugten konkurrieren, direkt beschränkt werden. Das Produktionsministerium wird die Importlizenzen noch mehr verzögern, und mit den einzelnen Kammern globale Quoten vereinbaren, noch mehr als es jetzt schon der Fall ist. Und dann wird die ZB die Zahlungen für Importe noch mehr hinausschieben. Bisher wird dies faktisch schon getan, aber man kann erwarten, dass es zu allgemeinen Normen kommt, so dass die willkürliche Devisenbewirtschaftung, die jetzt besteht, in eine einigermaßen geordnete umgewandelt wird. Produktionsminister Kulfas ist sich des Problems bewusst und arbeitet intensiv, damit weniger importiert wird.
Das Devisenproblem könnte erleichtert werden, wenn die Schwarzkurs legalisiert wird, und bestimmte Zahlungen, die jetzt zum offiziellen Kurs erfolgen, wie Ausgaben für Auslandsreisen und Zahlungen im Ausland, die über Kreditkarten erfolgen, auf den freien Markt übertragen werden. Ebenfalls würden Weißwaschungen ein Devisenangebot auf dem freien Markt schaffen und den Kurs drücken. Eine Weißwaschung für Arbeitskapital von Unternehmen könnte eine große Wirkung haben, und beiläufig auch die interne Konjunktur antreiben. Wenn dabei die Bresche zwischen offiziellem und freien Kurs sinkt, nimmt auch der Druck auf den offiziellen Markt ab.
Die zuständigen Regierungsbeamten wären gut beraten, wenn sie das Problem gesamthaft untersuchen, und eine integrale Lösung in Gang setzen, etwa wie wir sie oben dargestellt haben. Sie müssen jede Möglichkeit nutzen, um zu verhindern, dass sich die Devisenreserven der ZB effektiv erschöpfen. Sie müssen jetzt handeln, und nicht bis Dezember warten, denn dann ist es zu spät. Wenn es zu einem bedeutenden Kurssprung kommt, dann steht die Hyperinflation angesichts der Geldschwemme, die schon besteht und weiter zunimmt, kurz bevor. Und dann können wir nur noch beten…
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