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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Vorwürfe gegen Benedikt

Missbrauchsgutachten belastet emeritierten Papst

Ratzinger
Ein neues Gutachten wirft Joseph Ratzinger (hier 1977 als Erzbischof von München und Freising) vor, Missbrauchstäter in der katholischen Kirche gedeckt zu haben. (Foto: dpa)

München (dpa) - Ein neues Gutachten über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland erhebt schwere Vorwürfe gegen den emeritierten Papst Benedikt XVI.

Der damalige Kardinal Joseph Ratzinger habe - so beurteilt es die vom Bistum beauftragte Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) - in seiner Zeit als Münchner Erzbischof Missbrauchstäter „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ wissentlich in der Seelsorge im Erzbistum München und Freising eingesetzt und darüber die Unwahrheit gesagt. In insgesamt vier Fällen werfen ihm die Gutachter Fehlverhalten vor.

Mindestens 497 Kinder und Jugendliche sind laut der am Donnerstag vorgestellten Studie zwischen 1945 und 2019 in dem katholischen Bistum von Priestern, Diakonen oder anderen Mitarbeitern der Kirche sexuell missbraucht worden. Mindestens 235 mutmaßliche Täter gab es laut der Anwaltskanzlei - darunter 173 Priester und 9 Diakone. Allerdings sei dies nur das sogenannte Hellfeld. Es sei von einer deutlich größeren Dunkelziffer auszugehen. Anwalt Ulrich Wastl sprach von einer „Bilanz des Schreckens“.

40 Kleriker seien auch nach Missbrauchsfällen weiterhin in der Seelsorge tätig gewesen beziehungsweise sei dies geduldet worden. Bei 18 davon geschah dies sogar nach „einschlägiger Verurteilung“, wie Wastls Kollege Martin Pusch sagte. Insgesamt seien bei 43 Klerikern „gebotene Maßnahmen mit Sanktionscharakter“ unterblieben.

Dafür verantwortlich - auch das macht das Gutachten klar - sind aus Sicht der Anwälte vor allem die Münchner Bischöfe und Generalvikare und damit auch der spätere Papst Benedikt XVI., der von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising war.

Fehlverhalten in vier Fällen halten die Anwälte Ratzinger vor. In zwei davon soll er Priester, bei denen er „überwiegend wahrscheinlich“ von ihrer Missbrauchsvergangenheit wusste, nach Bayern geholt haben. In allen Fällen habe Benedikt ein Fehlverhalten strikt zurückgewiesen. Seine 82 Seiten lange Stellungnahme ist im Anhang des Gutachtens zu lesen, das inzwischen auf der Internetseite der Kanzlei veröffentlicht wurde.

In einem dieser Fälle geht es um einen Priester, der im Ausland rechtskräftig wegen Missbrauchs verurteilt worden war, in einem anderen um den bekannten Fall eines Priesters aus Essen, der trotz Vorfällen in Nordrhein-Westfalen in Bayern wieder als Seelsorger mit Kindern und Jugendlichen arbeitete.

Besonders brisant: Die Gutachter gehen davon aus, dass Ratzinger in Bezug auf die Fälle nicht die Wahrheit gesagt hat. Denn laut der Studie legt ein Sitzungsprotokoll nahe, dass er - anders als er selbst behauptet - 1980 als Erzbischof von München sehr wohl bei einem heiklen Treffen dabei war, bei dem beschlossen wurde, dass der Priester nach Bayern übersiedeln soll. Der Geistliche missbrauchte dort später erneut Kinder und wurde dafür rechtskräftig verurteilt.


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