Im Gespräch mit dem neuen Leiter des Goethe-Instituts Buenos Aires
Von Catharina Luisa Deege
Buenos Aires/Hannover (AT) - Zum Zeitpunkt unseres Skype-Gesprächs ist Friso Maecker noch in Quarantäne. Von seiner Wohnung aus kann er auf eine belebte Straße im zentrumsnahen Stadtteil Recoleta blicken und ist am letzten Tag sozialer Isolation in freudiger Erwartung auf die argentinische Riesenmetropole und vor allem seinen neuen Arbeitsplatz: das Goethe-Insitut Buenos Aires.
Mittlerweile wird der gebürtige Ostfriese bereits einige seiner Kollegen und Mitarbeiterinnen des Sprachen- und Kulturzentrums getroffen und somit das für ihn Bedeutendste an seinem Job angestoßen haben: „Das Prinzip unserer Arbeit ist ein dialogisches.“ Auf die Frage, wie er seine Vorhaben für die erste Zeit am neuen Arbeitsplatz definieren würde, erklärt er: „Der Kontakt mit Partnern, Künstlern und Zivilgesellschaften vor Ort ist für mich immer das Wichtigste und Entscheidendste um Themen zu identifizieren, die für beide Seiten interessant sind.“
Diesen Austausch der Kulturen als Beruf gewählt zu haben, bereut Maecker keine Sekunde. Er sieht es als „unglaubliches Geschenk“ an und legt dar, warum die Arbeit am Goethe-Institut „viel mehr als ein Job“ ist: „Durch die Versetzung taucht man in die verschiedenen Orte ganz anders ein als beim Reisen.“
Friso Maecker ist bereits seit einigen Jahren für seinen jetzigen Arbeitgeber tätig. Nach einem Praktikum im Hauptsitz des Goethe-Institutes in München, fungierte er dort als Leiter des zentralen Marketings. Als Goethe-Institut-Leiter war er bereits in Toulouse, Abidjan (Elfenbeinküste) und zuletzt in Kalkutta.
Beim Reden über seine Tätigkeit in der indischen Millionenstadt taucht ein Wort immer wieder auf: Pandemie. Als in der Hauptstadt des Bundesstaates Westbengalen die Ausgangssperre ausgerufen wurde, war sein Institut glücklicherweise gut vorbereitet - und trotzdem sei in dieser Situation das Experimentieren angesagt gewesen. Der Umstieg auf virtuelle Sprachkurse und Events musste unverzüglich stattfinden. Maecker beschreibt jedoch auch einen Vorteil: Man erreicht mit den Online-Angeboten ein größeres Publikum. „Das sehen wir mit den Sprachkursen in Buenos Aires.“ Seit Pandemiebeginn würden nun auch Interessierte zuschalten, bei denen es keinen Sprachkursanbieter vor Ort gibt. Dies sei ein Vorteil, bei dem es sich lohnt zu überlegen, wie man diesen auch in der Post-Corona-Zeit aufrecht erhält.
In Buenos Aires müsse man nun mit dem Team schauen, welche Projekte überhaupt digital umgesetzt werden können; denn nicht jedes Programm eignet sich dafür. „Da müssen wir gucken, was möglich ist, was die Situation und Rechtslage vor Ort hergibt.“ Friso Maecker hofft, dass „mittelfristig Veranstaltungen möglich sind, wo wir zweigleisig fahren“. Präsenzveranstaltungen für die, die raus dürfen und wollen, und Online-Übertragungen für diejenigen, die momentan noch vorsichtig sind und zu Hause bleiben möchten. Mit Partnerorganisationen und innerhalb der Goethe-Institute werde gerade an geeigneten Möglichkeiten gebastelt.
Die Kommunikation vor Ort dürfte dem Ostfriesen nicht schwer fallen; als echter Sprachfanatiker trainiere er bereits seine Ohren mit argentinischem Radio, Filmen und Podcasts. Als Vorbereitung auf Argentinien durften zudem ein Landeskundeseminar, Sprachkurse und Bücher nicht fehlen. Der studierte Anglist, Romanist und Erziehungswissenschaftler könne sich mit Personen identifizieren, die auch mal beim Frühstück die Zutatenliste der Cornflake-Packung auf Finnisch lesen, so groß sei seine Neugier auf fremde Sprachen.
Motiviert ist er aufgrund seiner Arbeit und seines neuen Wohnortes, gründlich Spanisch zu erlernen. Doch was motiviert eigentlich seiner Meinung nach die Sprachschüler*innen des Goethe-Insituts? „Es gibt bei tausend Kursteilnehmern tausend Gründe Deutsch zu lernen“, antwortet Friso Maecker. Bei vielen scheinen jedoch besonders die berufliche Zukunft, das Interesse am Reisen und die sogenannte Familienzusammenführung als Gründe hervorzugehen. „Ich glaube, wir leben in einer Zeit, in der wir aus so wahnsinnig vielen Angeboten schöpfen können, dass wir häufig eher sehr zielorientiert auswählen.“ Die Zeiten, in denen man sich aus reinem Gefallen an Linguistik in eine Sprachklasse setzte, seien weitgehend vorüber.
Zielorientiert und voller Energie nehme ich Friso Maecker an jenem Freitagnachmittag wahr. Es ist unübersehbar, dass der neue Leiter des Goethe-Instituts Buenos Aires es kaum abwarten kann, die argentinische Hauptstadt in einem ausgiebigen Spaziergang zu entdecken. Das ist nämlich seine Lieblingsbeschäftigung, auch mal mehrere Kilometer bei drückender Hitze zurückzulegen, wie zu seiner Zeit am Institut in Kalkutta. Außerdem fährt er gerne Fahrrad, spielt liebend gern Badminton, und wenn er die Möglichkeit dazu hat, auch mal Orgel. Nach der etwa fünften Quarantäne dieses Jahr hat er sich das auch verdient.
Comments