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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Viel bessere Staatsfinanzen in fünf Monaten 2021

Von Juan E. Alemann

Das Haushaltsbüro des Kongresses hat diese Woche einige Zahlen der Staatsfinanzen vom Mai 2021 bekanntgegeben, die auf ein Fortdauern der Tendenz der ersten 4 Monate hinweisen, in denen das primäre Defizit (ohne Zinsen) stark verringert wurde. Das Schatzamt wird die definitiven Zahlen angeblich am 21. Juni veröffentlichen. Wahrend das Schatzamt die Zahlen auf Kassenbasis berechnet, also den Beträgen, die effektiv ausgegeben wurden, geht das Kongressbüro (bei dem ehemalige hohe Beamte des Schatzamtes auch tätig sind) von den formell genehmigten Ausgaben aus, die noch nicht bezahlt wurden. Die Differenz zwischen beiden Methodologien ist nicht groß, und gleicht sich im Laufe der Zeit aus. Diese Erklärung ist notwendig, um Missverständnisse zu vermeiden. Die Zahlen über die Finanzen vom Mai und der 5 Monate 2021 wurden leider nicht vollständig, und außerdem konfus, bekanntgegeben. Das erschwert unsere Analyse. Wegen der großen Bedeutung dieser Zahlen sollte dies gewiss nicht sein.

Die Beherrschung der Staatsfinanzen, mit drastischer Verringerung des Defizites, ist einer der Kernpunkte der Überwindung der Krise, und zwar nicht nur, weil der Internationale Währungsfonds es fordert, sondern weil die Möglichkeit, das Defizit mit Neuverschuldung zu decken, minimal ist, und eine Deckung mit Geldschöpfung gefährlich ist, nachdem die Geldmenge (monetäre Basis, gleich Banknoten im Umlauf plus Bankdepositen bei der ZB) 2020 stark expandiert und eine gefährliche Höhe erreicht hat, bei der das Gespenst der Hyperinflation am Horizont erscheint, Wirtschaftsminister Martín Guzmán, der eine solide wirtschaftliche Ausbildung hat, dürfte sich dessen bewusst sein. Wie weit Cristina Kirchner und ihr Hauptberater Axel Kicillof davon überzeugt sind, sei dahingestellt.

Kicillof gibt sich als Keynesianer aus, was bedeutet, dass er die Erhaltung der Nachfrage, auch mit Geldschöpfung, in den Vordergrund stellt. Auch er geht dabei weit über den vorsichtigen Vorschlag des Meisters, John Maynard Keynes, hinaus, der Geldschöpfung im Rahmen der tiefen Krise befürwortete, die 1935 bestand, als er sein Buch veröffentlichte. Die Fed, die ZB der EU u.a.ZB haben letztes Jahr das keynesianische Rezept befolgt, und handeln weiter in dieser Richtung, wobei angesehene Wirtschafter befürchten, dass schon zu viel in diesem Sinn getan wurde. Es bleibt zu hoffen, dass Guzmán schließlich Kicillof überzeugt, dass das Rezept von 2020 jetzt nicht weiter angewendet werden kann.

Das primäre Defizit (ohne Zinsen) lag, in Prozenten des Bruttoinlandsproduktes ausgedrückt, im Mai 2021 bei 0,4%, 82,2% unter der gleichen Vorjahresperiode. In 5 Monaten 2021 liegt es bei 0,5%. In Wirklichkeit ist das Defizit etwas höher, weil die Abhebung des ZB-Gewinnes als echte Einnahme gebucht wird, obwohl der Gewinn rein buchmäßig ist, weil er sich aus dem durch die Abwertung erhöhten Pesobetrag der Devisenreserven der ZB ergibt. Doch das war im Vorjahr auch so, so dass die prozentuale Abnahme etwa gleich bleibt.

An Zinsen auf die Staatsschuld wurden im Mai nur 88,08% gezahlt, 3,4% unter dem Vorjahr. In 5 Monaten betrug das finanzielle Defizit, das auch Zinsen einschließt, $ 160 Mrd. Die Verringerung ist auf die Umschuldung zurückzuführen, die mit den Inhabern argentinischer Staatspapiere vereinbart wurde, bei der Zinszahlungen hinausgeschoben wurden. Auch hat die Tatsache gewirkt, dass die Amortisationsquote der Schuld gegenüber dem Pariser Klub, von u$s 2,4 Mrd., die am 31. Mai 2021 fällig war, nicht gezahlt wurde.

Die primären Ausgaben lagen wertberichtigt im Mai um ganze 17,2% unter dem Vorjahr. Die Ausgaben für Pensionen, Hinterbliebenenrenten und Gnadenrenten sanken real um 10%. Das war das Ergebnis der Differenz der Berichtigung gemäß der neuen offiziellen Formel (29,4%) und der Inflation (49%). Die Gehälter der Staatsangestellten lagen im Mai real um 7,9% unter dem Vorjahr. Die Ausgaben für soziale Programme sanken real interannuell um 41,5%. Es klingt paradox, aber die zunehmende und hohe Inflation hat wesentlich zur Verringerung der realen Staatsausgaben beigetragen. Und wenn es zur Hyperinflation käme, dann wäre die reale Abnahme noch viel größer, so dass es eventuell kein primäres Defizit mehr geben würde. Umgekehrt ist es so, dass bei geringerer Inflation das Staatsdefizit zunimmt, und mehr getan werden muss, um dies auszugleichen.

Die abgeschafften Programme ATP (Lohnsubventon) und IFE ($ 10.000 pro arme Familie), waren wesentlich teurer als die Erhöhung des Betrages der Nahrungsmittelkarte AlimentAr, des Programmes “Potenciar trabajo” und der Erweiterung des REPRO-Programmes, das auch eine Lohnsubvention darstellt. Guzmán hat offensichtlich durchgesetzt, dass bei den Sozialsubventionen vorsichtiger vorgegangen wird.

Auch die Subventionen für Tarife öffentlicher Dienste lagen im Mai um 21,1% unter dem Vorjahr. Doch das stimmt nicht ganz, da Subventionen im Bereich der Stromwirtschaft schuldig geblieben sind, was erhebliche Komplikationen wegen nicht bezahlter Schulden herbeigeführt hat. Kapitalausgaben, was sich hauptsächlich auf Staatsinvestitionen in Infrastruktur bezieht, lagen im Mai real um 36,3% über dem Vorjahr. Guzmán konnte nicht verhindern, dass der Präsident hier Politik betrieb, und allerlei Bauprojekte in Provinzen und Gemeinden, die von Politikern der Regierungskoalition regiert werden, vorangetrieben wurden. Politik hatte hier Vorrang vor Budgetsanierung. Das muss jetzt aufhören.

Die Einnahmen lagen im Mai real unter April, haben sich jedoch auf hohem Niveau gehalten, was vornehmlich auf den hohen Erlös der Exportzölle zurückzuführen ist, der mit der Hausse bei Soja und Mais zusammenhängt. Doch wenn der Bestand der Ernte 2020 ganz exportiert worden ist, dann tritt eine Pause ein, bis die neue Grobernte im Jahr 2022 kommt. Man sollte somit mit real abnehmenden Steuereinnahmen in den nächsten Monaten rechnen.

Das positive Ergebnis der ersten 5 Monate 2021 lässt sich nicht auf das ganze Jahr hochrechnen. Guzmán muss noch viel tun, um zu erreichen, dass die Staatsausgaben real zumindest auf dem bisherigen Niveau verbleiben. Denn einmal treten Ausgaben auf, die bisher nicht bezahlt wurden, wie beim Defizit der Stromwirtschaft, das dem Stromverteilungsunternehmen CAMMESA und den Unternehmen, die Kraftwerke, Verteilungsunternehmen und das Ferntransportunternehmen betreiben, aufgebürdet wurde, die jedoch keine Mittel haben, um es dauerhaft zu finanzieren. Dann kommen noch neue Sozialausgaben hinzu, die durch Pandemie und Krise bedingt sind. Und schließlich kommen noch allerlei andere Ausgaben hinzu, die politisch bedingt sind. Und schließlich muss man mit geringeren Einnahmen rechnen. Cristina will auf alle Fälle, dass die Beschränkung der Staatsausgaben nicht auf Kosten der Wahlen geht, also Menschen dazu führt, gegen die Regierung zu stimmen. Doch das bedeutet im Klartext, dass das primäre Defizit wieder zunimmt.

Die wichtigste Diskussion bezieht sich jetzt auf den Stromtarif. Ob Guzmán seinen Wunsch durchsetzen kann, den Tarif für höheren Konsum stark zu erhöhen, sei dahingestellt. In letzter Zeit hört man wenig über dieses Thema. Für ihn soll die Zunahme von 9% nur für diejenigen Haushalte gelten, die einen sehr niedrigen Stromkonsum aufweisen, der sich nur auf wenige Lampen, einen Eisschrank und nicht viel mehr bezieht. Doch dabei wird auch der Mittelstand betroffen, und Cristina weiß, dass sie auch in diesem viele Wähler hat, die meistens nicht so treu wie die Proletarier sind. Bei Gas wurde jetzt ein niedrigerer Tarif für “kalte Gegenden” eingeführt. Das müsste zumindest mit einer Erhöhung für Haushalte und Unternehmen mit hohem Gaskonsum ausgeglichen werden. Doch davon ist nicht die Rede. Somit steigt der Subventionsbetrag, der der Staatskasse zur Last fällt.

Man muss noch viel mehr an den Staatsausgaben arbeiten, die allgemein überhöht sind, um eine dauerhafte Senkung des primären Defizites zu erreichen. In sehr vielen Fällen tritt die Vergeudung sichtbar auf, so z.B. bei den Ausgaben des Parlaments. Mit der Methode des Nullbudgets, bei der das Budget nicht auf Grundlage des vorangehenden, sondern sondern von Null auf aufgestellt wird, könnte man die Staatsgaben gut halbieren, und bestimmt noch mehr bei den Provinzen und Gemeinden. Doch das Nullbudget setzt viel Fachkenntnisse voraus, und bedarf der Mitwirkung privater Konsulenten, die es auf diesem Gebiet in Argentinien nicht gibt. Außerdem stößt es auf das Entlassungsverbot bei Staatsangestellten. Aber man sollte dennoch die traditionelle Budgetmethodologie ändern, und die einzelnen Ausgabenposten in jedem Bereich eingehend prüfen. Dabei würden ganz gewiss viele Sparmöglichkeiten auftreten. Und nicht zuletzt sollte man sich überlegen, ob man bestimmte sichtbar absurde Staatsausgaben fortführt, wie an erster Stelle das Kohlenbergwerk von Río Turbio. Wie weit Guzmán bei der Sparpolitik weiter fortschreiten kann, weiß man nicht. Er tut auch gut, seine konkreten Absichten nicht anzukündigen, denn dann tritt sofort geharnischter Protest auf, und der Fall wird politisiert, was so weit wie möglich vermieden werden sollte.

Es wäre wirklich schade, wenn die hervorragende Leistung von Guzmán nicht fortgeführt und vertieft würde. Wenn ernsthaft mit dem IWF verhandelt würde, um so bald wie möglich ein Abkommen abzuschließen, könnte der Minister die Mitwirkung von Fondsexperten beantragen. Man muss sich bewusst sein, dass es ohne Abkommen mit dem Fonds auch keine Möglichkeit gibt, das schwebende Problem mit dem Pariser Klub zu lösen, der angeblich bereit ist, die Zahlung, die am 31. Juli “definitiv” fällig ist, hinauszuschieben, aber eben nur unter der Voraussetzung, dass das Schuldenproblem gesamthaft in Angriff genommen wird. Ist sich die Regierung bewusst, dass Argentinien kurz vor einem neuen Default steht? Guzmán, und wohl auch Präsident Fernández dürfte dies klar sein. Aber bei Cristina und ihrer Bande weiß man nicht, ob sie in Wirklichkeit nicht einen Default wollen, bei dem sie, wie es 2002 der Fall war, die Zahlung von Kapital und Zinsen für mehrere Jahre sparen. Guzmán muss erreichen, dass sie und Kicillof das Problem zu Ende denken, und begreifen, dass Argentinien dabei auf Jahrzehnte hinaus beim Wachstum gehemmt wird, weil es dann keine neuen Kredite und kaum Investitionen gibt. Die Abzahlung der bestehenden Staatsschuld auf mehrere Jahre ist kein Problem, wenn gleichzeitig Kredite der Weltbank, der BID, der Andenköperschaft und der chinesischen Förderungsbank erteilt werden, und auch Bankkredite für Kapitalgüterimporte gewährt werden. Dies wird jedoch kaum erwähnt, auch von Guzmán nicht. Er sollte es Cristina erklären.

Die Geschichte ist nicht immer rationell, eventuell sogar meistens nicht. Die zwei Weltkriege des vergangenen Jahrhunderts sind auf völlig irrationale, direkt verrückte Entscheidungen zurückzuführen. Die großen Staaten sind gegenwärtig bei ihrem Bestreben, mehr Rationalität bei der Weltpolitik und den einzelnen Staaten einzuführen, schon weit fortgeschritten. Aber es gibt immer noch viele Ausnahmen. Und Argentinien ist vorläufig auch eine.


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