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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Vertrauensverlust und Nervosität auf dem Devisenmarkt

Von Juan E. Alemann

In der Vorwoche hat sich der Dollar leicht aufgewertet, was besonders in der Abwertung der Währungen von Schwellenländern zum Ausdruck kommt. Doch in drei Fällen lag die Abwertung höher: Argentinien, Brasilien und die Türkei. In Argentinien ist sofort die Furcht aufgekommen, der Kurs werde wieder davonspringen, was Käufe angeregt und Verkäufe hinausgeschoben hat. Danach beruhigt sich der Devisenmarkt, bis letzten Mittwoch ein neuer Sprung stattfand und der Kurs bei fast $ 45 schloss. Das erscheint zunächst als sehr hoch. Doch wenn man diesen Wechselkurs mit dem vom September 2018 vergleicht, so bemerkt man, dass er hinter der Inflation zurückgeblieben ist.

Ein relativ hoher realer Wechselkurs ist beim gegenwärtigen Schema der Wirtschaftspolitik unerlässlich. Doch dies erschwert die Senkung der Inflationsrate, die unerträglich hoch ist und der Regierung eine schlechte Note erteilt, was in einem Wahljahr besonders ins Gewicht fällt. Außerdem ist ein hoher realer Wechselkurs schwer mit dem Reallohn zu vereinbaren, der 2017 und auch 2018 vor der Abwertungswelle galt, die Mitte des Jahres einsetzte. Wenn der Verlust, der seither beim Reallohn eingetreten ist, dieses Jahr aufgeholt werden soll, wie es u.a. auch Produktions- und Arbeitsminister Dante Sica u.a. Regierungssprecher äußern, dann muss der reale Wechselkurs zurückgehen, was eine weiterhin hohe Inflation und eine geringere Zunahme des Kurses voraussetzt. Ein schwieriges Dilemma.

Was den Dollarmarkt betrifft, so muss zunächst berücksichtigt werden, dass der Umfang der täglichen Geschäfte gering ist. Es genügt, dass die Dollarnachfrage über den normalen Umfang steigt, damit der Kurs sofort in die Höhe geht. Am Mittwoch stieg der Umsatz um 31,5% auf u$s 852 Mio. Die zusätzliche Nachfrage entfiel nicht auf die Personen, die normalerweise ihre Ersparnisse in Dollar anlegen (die jetzt ohnehin weniger kaufen, weil sie keine Pesos übrig haben) sondern auf größere Investoren, die sich von Argentinien zurückziehen, weil sie Schlimmes befürchten.

Die starken Schwankungen innerhalb der festgesetzten Bandbreite, wo die ZB gemäß dem Abkommen mit dem IWF nicht intervenieren darf, wirken verheerend auf die Wirtschaft. Der IWF wollte zunächst, dass der Kurs frei schwanke, ohne ZB-Intervention. Dann hat er in der ersten Korrektur des Abkommens eine Intervention zugelassen, aber nur bei einer sehr hohen Bandbreite, von über 25%, zwischen Kauf und Verkauf. Erst jetzt hat er sich bereit erklärt, der ZB zu erlauben, auch innerhalb der Bandbreite zu intervenieren, und täglich bis zu u$s 60 Mio. zu verkaufen, um Kurssprünge zu vermeiden. Das kann eventuell mit geringen Beträgen erreicht werden, wahrscheinlich weit unter den u$s 60 Mio. täglich. Bei einer ruhigen Kursentwicklung normalisiert sich auch die Dollarnachfrage, was bedeutet, dass keine Käufe vorverlegt oder durch Panik angeregt werden. Doch diese Dollarverkäufe sind erst ab 5. April zugelassen, und inzwischen kann der Kurs weiter steigen, mindestens bis zur oberen Interventionsgrenze von leicht über $ 50. Ob der IWF der ZB erlaubt, schon jetzt Dollar zu verkaufen, weiß man nicht.

Das Vertrauen in die Regierung und ihre Fähigkeit, die Lage zu beherrschen, ist geschwunden, hier und im Ausland. Bei der tiefen Rezession, der hohen und stark gestiegenen Arbeitslosigkeit und Armut und der hohen Inflation, kann man kaum etwas anderes erwarten. Denn die Macri-Regierung ist schon drei Jahre und vier Monate im Amt, und die genannten Erscheinungen, die am Anfang der Regierung eventuell als normal angesehen worden wären, werden jetzt, nachdem das Realeinkommen der Bevölkerung weit unter dem von 2015 liegt, als ein Versagen ausgelegt. Dabei wird auch die Möglichkeit, dass Macri wiedergewählt wird, viel geringer eingeschätzt. Wenn Cristina Kirchner sich als Kandidatin aufstellt, und die Tatsache, dass sie als Folge der Krise sogar siegen könnte, wirkt das verheerend auf das Vertrauen in die Zukunft und belastet die Gegenwart. Denn sie denkt grundsätzlich in populistischen Kategorien, aber dieses Mal ohne Geld, und das führt in den Abgrund. Bei Roberto Lavagna als Kandidat wäre der Fall anders. Aber auch bei ihm besteht Misstrauen, wobei man vorläufig nicht einmal weiß, ob er effektiv als Kandidat des Justizialismus aufgestellt wird. Die Opposition kritisiert, schlägt aber keine konkrete Lösungen vor, was auch zur Ungewissheit beiträgt.

Was den Devisenmarkt betrifft, so kann man davon ausgehen, dass ihn die Regierung schließlich doch beherrscht und es trotz Vertrauensverlust keinen weiteren großen Sprung gibt, schon gar nicht einen solchen wie Mitte 2018. Einmal wird der IWF am 5. April, wenn das Direktorium zusammentritt, einen Betrag von u$s 10,87 Mrd. Mrd. freigeben, der auch für Kursverwaltung innerhalb der Bandbreite eingesetzt werden kann. Zum zweiten wird unmittelbar mit hohen Einnahmen aus dem Export der Rekordernte gerechnet, was schon in langen Lastwagenschlangen an den Häfen in Santa Fé zum Ausdruck kommt. Die Landwirte können eventuell einen geringen Teil ihres Exporterlöses in Dollar halten, statt sie zu verkaufen. Aber den allergrößten Teil brauchen sie, um ihre Ausgaben zu decken und auch Schulden zu bezahlen. Hinzu kommen noch hohe Exporte von Rindfleisch und vielen anderen Produkten. Gleichzeitig bleiben die Importe auf einem niedrigen Stand. Die Handelsbilanz ist im ersten Bimester 2019 schon stark positiv geworden. Und als Drittes sei bemerkt, dass viele Inhaber von Bardollar, sie jetzt verkaufen, weil sie Zahlungen in Pesos leisten müssen. Beim bimonetären System, das in Argentinien besteht, wird ein großer Teil der normalen Liquidität der Personen in Dollar gehalten, die dann im Ausmaß des Pesobedarfs verkauft werden. Und wenn die Versorgung mit Pesos knapp wird, weil die ZB die Geldschöpfung in strikten Grenzen hält, dann werden mehr Dollar als normal verkauft. Das kommt jetzt schon auf dem Devisenmarkt zum Ausdruck, wo der Nettokauf von Dollarnoten im Februar um 55% gegenüber dem Vormonat auf u$s 950 Mio. sank.

Allein, was das Vertrauen besonders schädigt, ist die Unterbringung von Leliq-Schatzscheinen zu Zinsen, die diese Woche bis zu 73,5% erreichen, bei einem Schlusskurs, am Mittwoch, von 67,7%. Vor 40 Tagen waren es noch 44%. Das Schatzamt zahlte ebenfalls für Schatzscheine in Pesos Zinsen von über 50%, und bei wertberichtigten 9,5%. Diese Zinsen bringen die ganze Wirtschaft durcheinander. Bei Krediten über Kreditkarten berechnen die Banken schon weit über 100%, und im Bereich des freien Finanzmarktes, der nicht der ZB untersteht, sind es noch viel mehr. Angenommen, die Abwertung beträgt jetzt 40% im Jahr, was unwahrscheinlich ist, dann stellt diese Leliq-Verzinsung einen Zinssatz von über 25% in Dollar dar. Das ist absurd und unhaltbar. Wenn davon ausgegangen wird, dass der Dollarkurs nur gehalten wird, weil Pesoanlagen so rentabel sind, dann steht diese Politik auf sehr schwachen Füssen. Darüber sind sich alle am Finanzmarkt beteiligten bewusst.

Doch schlimmer als das ist die Tatsache, dass diese Zinsen mit neuen Leliq gezahlt werden, so dass der Bestand ständig und stark zunimmt, was schließlich ein schlechtes Ende nimmt. Ökonomen weisen darauf hin, dass man bei der Beurteilung der monetären Politik auch die Leliq berücksichtigen muss. Der Bestand liegt bei etwa $ 900 Mio., was sich mit einer monetären Basis (Banknoten plus Depositen der Banken bei der ZB) von fast $ 1,3 Mrd. vergleicht. Am Dienstag wurden Leliq für $ 201,44 Mrd. untergebracht, wobei jedoch $ 8,68 Mrd. fehlten, um die Amortisation von Leliq zu decken. Der kurzfristige Charakter der Leliq macht den Fall besonders kritisch. Mit den Leliq wird im Grunde der Unfug der Lebac wiederholt, die dank IWF ganz abgeschafft wurden.

Wenn aus irgend einem Grund (und es gibt viele mögliche) Panik entsteht und die Leliq nicht mehr erneuert werden, dann nimmt die monetäre Basis sprunghaft zu, mit gefährlichen Folgen. Um dies zu verhindern verbleibt der Regierung nur, dass die Leliq durch mittel- und langfristige Staatstitel ersetzt werden, die den Banken aufgezwungen werden. Das schafft jedoch für die Banken eine schwierige Lage und führt dazu, dass sie schon jetzt weniger Interesse an den Leliq haben.

Die Lösung des Problems, die wir an dieser Stelle seit Langem empfehlen, besteht darin, die Leliq durch Titel in Dollar zu ersetzten, die auf dem lokalen Markt untergebracht werden. Diese Woche wurden Schatzscheine in Dollar für über eine Milliarde zu 4,54% auf dem lokalen Finanzmarkt untergebracht. Das ist ein zivilisierter Zinssatz, der auch unter der Rendite der argentinischen Staatstitel liegt, die an der Börse von New York gehandelt werden. Die Unterbringung von Staatstiteln in Dollar könnte durch eine Weißwaschung (nur für diesen Zweck und für Personen, die in Argentinien wohnhaft sind) gefördert werden. Bei den hohen Guthaben in Bardollar, die in Argentinien bestehen, die die Federal Reserve vor einigen Jahren schon auf über u$s 50 Mrd. geschätzt hat (so dass es jetzt bestimmt mehr sind), sollte es leicht möglich sein, Titel zu 3% bis 4% auf drei Jahre für u$s 10 Mrd., eventuell auch u$s 20 Mrd., unterzubringen.

Das Katastrophenszenarium, das einige lokale und auch ausländische Wirtschaftler aufstellen, hat eine negative Wirkung, eventuell auch wie eine selbsterfüllte Prophezeiung. Deshalb es ist es unerlässlich, dass die Regierung eine ausführliche und gut fundierte Erklärung über die Entwicklung der Zahlungsbilanz und des Devisenmarktes gibt, bei der es keinen Zusammenbruch, keinen Kurssprung, und keinen neuen Default gibt.

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