Von Juan E. Alemann
Wenn der Präsident einen Artikel des Strafgesetzbuches verletzt, begeht er ein Verbrechen, wenn er eine Fehlentscheidung trifft, die großen Schaden für die Gesellschaft zur Folge hat, dann nicht. Das Geburtstagsfest der Gefährtin des Präsidenten, Fabiola Yañez, in der Residenz in Olivos, verstößt gegen gegen ein Dekret, das dies verbietet, und ist somit strafbar. Die Juristen sind sich allgemein in dieser Hinsicht einig. Es war auch die Rede davon, dass dies ein Grund für einen politischen Prozess sei, und zur Absetzung des Präsidenten führe. Das geht jedoch zu weit, abgesehen davon, dass keine parlamentarische Mehrheit für diesen Zweck zusammenkommen würde.
Doch das Fest, um das es konkret geht und eventuell auch andere, die noch auftauchen könnten, wenn die Liste der Besucher der Residenz durchkämmt wird, haben keinen Schaden bei Dritten herbeigeführt. Ohne die Photographie wäre ohnehin nichts geschehen. Es war im Grunde nur eine große Dummheit des Präsidenten.
Hingegen hat die Fahrlässigkeit beim Kauf von Impfstoffen für die Verhütung der Ansteckung mit Covid-19 gut 20.000 Menschenleben gekostet. Der US-Pharmakonzern Pfizer hatte in Argentinien Versuche an mehreren tausend Menschen vollzogen, so dass das Land Priorität bei den Lieferungen haben würde. Für Dezember 2020 waren 1,3 Mio. Dosen versprochen worden. Daraus wurde nichts, und die Regierung wies auf unannehmbare Bedingungen hin. Dann erwähnten Regierungssprecher auch, dass die Gletscher u. dgl. als Garantie gefordert worden seien, was totaler Unfug ist, angefangen damit, dass Pfizer die Gletscher nicht mitnehmen kann und nicht wüsste, was sie damit anfangen sollte.
Dann hat der Kongress den Vertrag mit Pfizer noch durch eine absurde Sonderklausel vergiftet, die eine Varantwortung fúr eventuelle Fahrlässigkeit bestimmte, was die Firma nicht annehmen konnte. Der Präsident musste dann den Fall per Notstandsdekret lösen. Aber die erste Partie von Impfdosen kam erst diese Woche an. Aus den USA kam vorher nur eine Partie von Moderna an, die die Regierung geschenkt hat. Der Präsident hätte sich von Anfang an bemühren müssen, bei sämtlichen Firmen, die an der Pfizer, Moderna, Johnson & Johnson und auch anderen chinesischen. Dass er es nicht getan hat, ist jedoch nicht strafbar.
Das Thema der strafrechtlichen Verantwortung führt beim Staat gelegentlich zu absurden Situationen. Die bürokratischen Regeln, die bei staatlichen Handlungen gelten, bedingen oft Entscheidungen, die teuer zu stehen kommen. Der Staat kauft in der Regel zu teuer und oft auch falsch, und es fällt den zuständigen Beamten schwer, dies zu verhindern. Staatliche Infrastrukturinvestitionen kosten in der Regel viel mehr, oft mehr als doppelt so viel, als es sein sollte. Doch das ist nicht strafbar, sofern es nicht auf nachgewiesener Korruption beruht.
Die Tatsache, dass das Olivosgate so stark in den Vordergrund gerückt ist, sollte nicht dazu führen, dass die vielen Fehlentscheidungen dieser Regierung unter den Teppich gefegt werden. Die Entscheidung, weiter Millionen Dollar in das Kohlenbergwerk in Rio Turbio zu investieren, ist kein Verbrechen, aber eine Vergeudung öffentlicher Mittel.
Allein, bei vielen Staatsausgaben ist es fraglich, ob nicht doch ein strafbarer Tatbestand besteht, so bei den vielen Millionen Pesos, die an die Leiter angeblicher sozialer Organisationen, an befreundete Journalisten u.a. gezahlt werden. Dass der Regierungshelikopter für die Wahlkampagne eingesetzt wird, ist legal nicht zulässig. Und dass Cristina mit dem Flugzeug des Präsidenten nach Calafate fliegt, auch nicht.
Comments