Hitler war stark von seinem Vater geprägt
Wien (dpa) - Adolf Hitler ist nach Überzeugung eines Forschers viel stärker von seinem Vater geprägt worden als bisher bekannt. Der Zollbeamte Alois Hitler (1837-1903) habe ähnlich wie sein Sohn seine Bildung als Autodidakt und sich selbst maßlos überschätzt, sagt der Wirtschaftshistoriker Roman Sandgruber unter Berufung auf neue Quellen. Er stützt sich dabei auf 31 bisher unbekannte Briefe von Alois im Umfang von rund 35 Schreibmaschinenseiten an den Verkäufer seines Bauernhofs. „Sein Vater wollte immer ein gelehrter Herren-Bauer sein, der besser ist als andere“, so Sandgruber. Dabei hatte Alois Hitler keinerlei praktische Erfahrungen.
Sandgruber nimmt in seinem am Montag in Deutschland erschienenen Buch „Hitlers Vater. Wie der Sohn zum Diktator wurde“ auch eine Neubewertung des Antisemitismus von Adolf Hitler (1889-1945) vor. Die 60 Seiten lange, 1943 verfasste Urfassung eines Buchs von Hitlers Jugendfreund August Kubizek lege nahe, dass Hitler schon in seinen Jugendjahren in Linz massive antijüdische Einstellungen entwickelte. In dieser Urfassung widerspreche Kubizek ausdrücklich der Version von Hitler, der laut „Mein Kampf“ erst in seinen Jahren in Wien zum Antisemiten geworden sei. „Dabei ist er schon zwei Monate nach der Ankunft in Wien einem Antisemiten-Club beigetreten“, so Sandgruber.
Generell entstehe in der genauen Betrachtung der Kinder- und Jugendjahre Hitlers das Bild eines sehr unsteten Lebens. So habe die Familie Hitlers in dessen ersten 18 Lebensjahren 18 verschiedene Wohnsitze gehabt, so Sandgruber. Bislang völlig unbekannt seien zwei Jahre an zwei Wohnsitzen in Urfahr bei Linz. „Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass eines der Häuser in Urfahr dem wohl reichsten Juden von Linz gehörte“, meinte der Historiker.
Ein wesentlicher Charakterzug des Vaters sei dessen Verachtung von Autoritäten gewesen. Das Imitieren des Vaters in den frühen Jahren habe soweit gereicht, dass Adolf Hitler sogar dessen Unterschrift praktisch kopiert habe. Die einzige signifikante Revolte des Sohnes gegen die Vorstellungen des Vaters sei die Weigerung gewesen, nach dessen Wunsch eine Beamtenlaufbahn einzuschlagen. „Er wollte freier Künstler sein und bloß nicht in die Fußstapfen des Vaters treten.“
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