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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Trügerische offiziell ausgewiesene Staatsfinanzen

Von Juan E. Alemann

Das Schatzamt weist im September 2021 einen primären Überschuss von $ 291 Mrd. aus. Doch dabei wurden die Sonderziehungsrechte des IWF addiert, die u$s 4,33 Mrd. ausmachen. Ohne dies ergibt sich ein Defizit von $ 155,52 Mrd. Beim finanziellen Defizit, das auch Zinszahlungen auf die Staatsschuld enthält, ergab sich mit den Ziehungsrechten ein Überschuss von $ 237,25 Mrd., aber ohne diese ein Defizit von $ 209,70 Mrd. Die Sonderziehungsrechte, die das Schatzamt als Einnahme verbucht hat und dann auf die ZB übertragen hat, bedeuten, dass die ZB diesen Betrag mit Pesos gezahlt hat, die auf reiner Geldschöpfung beruhen.

Ohnehin werden die Zahlen schon dadurch verfälscht, dass die Abhebung des ZB-Gewinnes als echte Einnahme gebucht wird, obwohl es sich um einen reinen Buchgewinn handelt, der sich aus der Wirkung der Abwertung auf den Pesobetrag der Reserven ergibt. Schließlich müsste noch die Verschuldung der ZB durch Ausgabe von Leiliq und passiven Swaps zum Defizit hinzugerechnet werden. Denn die ZB gehört auch zum Staat, Das Staatsdefizit wird durch Verschuldung oder Geldschöpfung gedeckt. Also kann man es auch umgekehrt definieren, also nicht als Fehlbetrag bei den Staatsfinanzen, sondern als Summe der zusätzlichen Verschuldung des Staates (einschließlich ZB) und der staatsbedingten Geldschöpfung der Periode. Hier sind keine Mogeleien möglich. Das ergibt den wirklichen Defizitbetrag.

Somit ist der ganze Ausweis des Schatzamtes eine Vorspiegelung falscher Tatsachen, also auf gut Deutsch gesagt, ein Betrugsmanöver, dass jedoch von der Opposition, der sonst kritischen Presse, und auch von den meisten privaten Ökonomen, passiv geduldet wird. Nur wir, Argentinisches Tageblatt, sagen die Wahrheit.

In den ersten 9 Monaten 2021 wird jetzt (mit Sonderziehungsrechten) ein primäres Defizit von $ 140,07 Mrd. ausgewiesen, das 0,3% des Bruttoinlandsproduktes ausmacht. Das gesamte Defizit (als “finanziell” bezeichnet) lag mit $ 633,30 Mrd. bei 1,5% des BIP. Das primäre Defizit liegt weit hinter den 4% des BIP, die im Haushaltsgesetz für 2021 vorgesehen wurden. Doch ohne Sonderziehungsrechte steigt das primäre Defizit auf $ 798,88 Mrd. (1,9% des BIP) und das finanzielle auf $ 1.292,11 Mio. (3% des BIP). Auch so liegt das Defizit unter dem im Budget vorgesehenen. Doch im letzten Quartal 2021 sieht die Lage anders aus, da viele wahlbedingte Ausgaben hinzukommen. Und wenn man die verkappten Defizite hinzurechnet, auf wir oben hingewiesen haben, liegt das Gesamtdefizit für ganz 2021 wohl in der Nähe bei 10% des BIP, und das schafft eine unhaltbare Lage.

Die primären Ausgaben lagen in 9 Monaten real (also bei Berücksichtigung der Inflation) um 6,3% unter dem Budgetvoranschlag, was auf die hohe Inflation zurückzuführen ist, die bei den Ausgaben nur zum Teil berücksichtigt wird. Gehälter von Staatsangestellten, Pensionen und Hinterbliebenenrenten blieben hinter der Inflation zurück. Der Staat hat an der Inflation verdient. Doch das bedeutet, dass er bei einem Rückgang der Inflationsrate verliert. Die Wechselwirkung zwischen Defizit der Staatsfinanzen und Inflation hat unterschiedliche Facetten.

Die Einnahmen des Schatzamtes lagen im September mit $ 1,1 Bio. um 161% über dem Vorjahr, also weit über der Inflation, die in dieser Jahresperiode 52,5% betrug. Doch die Steuereinnahmen machten nur $ 670 Mrd. des Gesamtbetrages aus, während $ 427 Mrd. auf die Sonderziehungsrechte entfielen und $ 20 Mrd. auf den sogenannten solidarischen Beitrag, also die Sondersteuer auf hohe Vermögen.

Die primären Ausgaben (ohne Zinsen) lagen im September mit $ 873 Mrd. um 42,5% über dem Vorjahr. Dabei sind die Sozialausgaben am wenigsten gestiegen, nur um 25%. Das beruht darauf, dass die Familiensubvention IFE und die Lohnsubvention ATE abgeschafft wurden, während andere Sozialabgaben zwar zunahmen, aber diese Verringerung nicht entfernt ausgeglichen haben. Die Aufwendungen für Pensionen und Hinterbliebenenrenten stiegen interannuell um 49%, sind also hinter der Inflation zurückgeblieben. Die Ausgaben für Gehälter stiegen interannuell um 82%, holten dabei den Inflationsverlust nicht voll auf, den sie in den Vormonaten erlitten hatten.

Die wirtschaftlichen Subventionen, die sich auf elektrischen Strom, Gas, Wasser und Personentransport beziehen, lagen im September um 60% über dem Vorjahr, also leicht über der Inflation. Doch schon im Vorjahr waren diese Subventionen wegen Einfrierung, bzw. ungenügender Erhöhung der Tarife, sehr hoch. In Wirklichkeit müssten diese Subventionen höher sein, da ein Teil des Verlustes, der wegen der Einfrierung bei den Kraftwerkbetreibern und den Betreibern der Stromverteilung eintritt, nicht gezahlt wird, was ihnen Mittel entzieht, die sie für Instandhaltung dringend benötigen.

Die Kapitalausgaben stiegen interannuell um 62%, wobei die Zunahme in bestimmten Bereichen, wie Transport, Erziehung und Sozialwohnungen von 188% bis 450% reichten. Minister Guzmán tritt auch bei diesen Ausgaben auf die Bremse, was von Cristina Kirchner beanstandet wurde und ihn schließlich zwang, nachzugeben. Es ist schlicht unverantwortlich, Staatsinvestitionen mit Geldschöpfung zu finanzieren, wie es effektiv der Fall ist.

Wenn Guzmán meint, dass er mit diesen frisierten Zahlen die Fachleute des Fonds überzeugen kann, dann irrt er sich. Wie verlautet, ist es ihm bei den Verhandlungen in Washington nicht gut gegangen. Der Fonds soll besonders auf die hohe Verschuldung der ZB hingewiesen haben: der Bestand an Lelic macht schon 140% des monetären Basis aus, und es wird mit einer weiteren Zunahme gerechnet, weil die Zinsen mit weiteren Leliq-Ausgaben gedeckt werden. Doch die ZB wird kaum mehr Leliq bei Banken unterbringen können, so dass man nicht weiß, wie dies weitergeht. Die einfachste Lösung besteht in einer Hyperinflationswelle, begleitet von einer bedeutenden Zunahme der monetären Basis, bei der die Leliq entwertet werden. Hat Guzmán den Fonds-Beamten erklärt, was er sich dabei denkt?

Obwohl keine konkrete Information bekanntgegeben wurde, kann man davon ausgehen, dass die Fondsbeamten konkrete Maßnahmen gefordert haben, die sich auf eine effektive Senkung der Staatsausgaben beziehen. Ein frisiertes Nettoergebnis und reale Ausgaben, die als Folge der Inflation gefallen sind, kommen dabei nicht in Betracht, weil sie am Grundproblem vorbeigehen. Guzmán weiß, dass das, was der IWF erwartet, sehr konfliktiv ist, und wagt es nicht, dabei konkrete Verpflichtungen einzugehen, die er dann nicht erfüllen kann. Denn hinter all den rein technischen Maßnahmen muss eine politische Entscheidung stehen. Und diese fehlt beim Präsidenten und noch mehr bei der Vizepräsidentin, die genau das Gegenteil dessen befürwortet, was getan werden muss.


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