Druck auf Staatschef Lukaschenko wächst
Minsk (dpa/wvg) - Fünf Tage nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Belarus (Weißrussland) sind am Donnerstag Menschen in vielen Staatsbetrieben in einen Streik gegen Staatschef Alexander Lukaschenko getreten. In der Hauptstadt Minsk und anderen Städten des Landes versammelten sich Mitarbeiter und forderten, dass Swetlana Tichanowskaja als die wahre Siegerin der Präsidentschaftswahl vom Sonntag anerkannt wird. Demonstranten forderten Lukaschenko zum Rücktritt auf.
Der 65-Jährige schwieg am Donnerstag zunächst zu den Protesten. Unklar war, wie sich die Lage in dem Land zwischen Russland und dem EU-Mitglied Polen weiter entwickelt. Ein Massenstreik in Unternehmen könnte dem wirtschaftlich angeschlagenen Land schwer schaden.
In der Nacht war es zum vierten Mal in Folge zu Protesten gekommen. Nach Meinung von Beobachtern kam es dabei zu weniger Polizeigewalt als in den Vortagen. Dennoch nahmen Sicherheitskräfte dem Innenministerium zufolge rund 700 Demonstranten fest. Damit steigt die Zahl der Festgenommenen auf nunmehr fast 7000. Vor Gefängnissen forderten viele Menschen friedlich die Freilassung ihre Angehörigen.
Das Menschenrechtszentrum Wesna (Frühling) beklagte erneut „übermäßige Polizeigewalt“. Es seien Gummigeschosse und Blendgranaten auf friedliche Demonstranten abgefeuert worden. Die Uniformierten hätten in mehr als zehn Städten des Landes Proteste gewaltsam aufgelöst.
Der deutsche Außenminister Heiko Maas kündigte indes deutlich mehr Druck auf den Machtapparat in Minsk an. Mit den Partnern werde intensiv über neue Sanktionen gesprochen, sagte der SPD-Politiker einen Tag vor der geplanten Sondersitzung der EU-Außenminister zu Belarus.
Russland geht von einer baldigen Beruhigung der Lage aus. „Wir rechnen eigentlich damit, dass sich die Situation im Land bald wieder normalisiert und ruhig wird“, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, in Moskau. Russland rufe alle zur Zurückhaltung und Besonnenheit auf. Belarus ist wirtschaftlich massiv abhängig vom Dauerverbündeten Russland.
Der Journalistenverband von Belarus sprach von massiver Gewalt gegen Medienschaffende. Mehr als 60 Journalisten seien in den vergangenen Tagen festgenommen worden. Derweil kündigen immer mehr prominente Mitarbeiter von Staatsmedien aus Protest.
Bei der Präsidentenwahl am Sonntag hatte die Wahlkommission Lukaschenko 80,08 Prozent der Stimmen zugesprochen. Seine Gegner sehen dagegen die 37 Jahre alte Kandidatin Tichanowskaja als Siegerin. Sie ist unter dem Druck der Behörden in das EU-Land Litauen geflohen.
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