Von Juan E. Alemann
Das viele Geld, das die Regierung eingesetzt hat, um das Ergebnis der Primarwahlen vom September zu beeinflussen, kommt deutlich im Ausweis des Schatzamtes vom Oktober 2021 zum Ausdruck. Die gesamten primären Ausgaben (ohne Zinsen) lagen im Oktober um 83% über dem gleichen Vorjahresmonat, was eine reale Zunahme von 20% ergibt. Dieses Ergebnis zeigt, dass nicht die geringste Anstrengung unternommen wurde, um die Staatsfinanzen einzudämmen. Es dürfte für Minister Guzmán schwierig sein, dem Internationalen Währungsfonds eine stichhaltige Erklärung für dies zu geben. Die offizielle Mitteilung erklärt die Zunahme durch hohe Kapitalausgaben (also Staatsinvestitionen) und ebenfalls hohe Sozialausgaben. Das bedeutet jedoch nur, dass die Regierung weiter investiert, wie wenn alles in Ordnung wäre, und auch, dass die Sozialausgaben ein Fass ohne Boden sind. Dass überall gespart werden muss, um das Defizit zu senken, hat die Regierung offensichtlich noch nicht begriffen. Doch jetzt, nachdem die Wahlen vorüber sind, und auch das viele Geld die Niederlage der Regierung nicht hat vermeiden können, sollte ernsthaft an die Staatsfinanzen herangegangen werden. Jetzt gibt es keine Ausreden mehr.
Die Information des Schatzamtes wurde zum ersten Mal in einer geordneten Form vorgestellt, mit einer Unterscheidung zwischen laufenden Ausgaben und Kapitalausgaben, wie wir es an dieser Stelle seit Langem empfohlen haben. Denn es ist eine Sache, wenn das Defizit laufende Ausgaben deckt, und eine ganz andere, wenn es Investitionen finanziert. In Deutschland besteht, abgesehen von der Maastricht-Verpfichtungen (die 2020 und 2021 wegen der Pandemie nicht eingehalten wurden) auch die Beschränkung, dass das Defizit die Staatsinvestitionen nicht übersteigen darf. Das sollte auch in Argentinien eingeführt werden.
Die Einnahmen und Ausgaben des Bundesstaates haben sich Oktober wie folgt entwickelt:
Die Staatseinnahmen (vornehmlich aus Steuern und Sozialbeiträgen) lagen im Oktober 2021 bei $ 771,45 Mrd. um 59,8% über dem Vorjahr (real +5%), so dass sich ein primäres Defizit (ohne Zinsen) von $ 209,17 Mrd. ergibt, 156% über dem gleichen Vorjahresmonat. Hinzu kommen noch Zinsen auf die Staatsschuld, die im Oktober $ 67,92 Mrd. ausmachten, 118% über dem Vorjahr. Somit lag das Gesamtdefizit (benannt “finanzielles Defizit”) bei $ 277,09 Mrd., 146% über dem Vorjahr.
In den ersten 10 Monaten 2021 erreichte das primäre Defizit $ 576,64 Mrd., (1,8% des BIP) und das finanzielle Defizit 1.337,79 Mrd., (3,1% des BIP), ohne den außerordentlichen Beitrag des IWF als echte Einnahme zu buchen. Die Regierung will auf alle Fälle, dass das primäre Defizit im ganzen Jahr 2021 nicht über 3,5% des BIP liegt. Allein, bei dieser Defizitberechnung muss man berücksichtigen, dass die Abhebung des ZB-Gewinnes durch das Schatzamt als echte Einnahme gebucht wird, obwohl es sich um einen reinen Buchgewinn handelt, der sich bei der Pesobewertung der ZB-Reserven infolge der Abwertung ergibt. Es handelt sich somit um eine klares Täuschungsmanöver. Außerdem müsste man das Defizit der Zentralbank, das mit Geldschöpfung und Ausgabe von Leliq-Bonds und passiven Swapgeschäften finanziert wird, auch zum Defizit hinzuzählen. Denn die ZB gehört zum argentinischen Staat. Wenn man somit alles zusammenzählt, einschließlich der Zinsen (die auch gezahlt werden müssen), gelangt man in diesem Jahr auf ein echtes Defizit der Staatsfinanzen von ca. 10% des Bruttoinlandsproduktes. Das ist die wirtschaftliche Realität. Die offiziellen Zahlen stellen im Wesen nur ein großes Täuschungsmanöver dar.
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