250 Jahre Ludwig van Beethoven
Von Esteban Engel
Bonn - So hatten sich die Verehrer die Feier wohl nicht vorgestellt: Zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens (1770-1827) wird die Musik zu Ehren des Meisters vor allem online erklingen. Wegen der Pandemie sind die meisten Konzerte gestrichen. Wer Beethovens Musik hören will, muss auf das Live-Erlebnis verzichten und auf das Internet ausweichen, auf CDs oder Streaming. Die Veranstalter von „BTHVN2020“ haben das Jubiläumsjahr vorsorglich um 250 Tage bis September 2021 verlängert. Vielleicht können bis dahin auch einige Festkonzerte doch noch mit leibhaftigem Publikum stattfinden.
Beethoven wurde wahrscheinlich am 16. Dezember 1770 in Bonn geboren. Belegt ist der Tag der Taufe am 17. Dezember. Zum Jubiläum hat es - trotz Corona - an Beethoven in den vergangenen Monaten nicht gemangelt: Dutzende Bücher sind über ihn erschienen, Daniel Barenboim hat noch einmal alle seine Klaviersonaten eingespielt, der Barock-Dirigent René Jacobs mit „Leonore“ die „Fidelio“-Urfassung herausgegeben. TV-Sendungen widmeten sich dem Genie aus Bonn, Igor Levit spielte Beethoven bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Ob als Klingelton oder zur Untermalung historischer Daten, meistens banal, selten passend: an Beethovens Musik kommt niemand vorbei. „Dáda Dáda Dadadadadaaa“ (langsam geträllert) oder „Ta Ta Ta Taaaa“ (etwas schneller) - die Klavierminiatur „Für Elise“ und die ersten Takte der 5. Sinfonie sind globale Ohrwürmer. Wenn es staatstragend werden soll, erklingt die Neunte. Aus 16 Takten „Ode an die Freude“ entstand die Europa-Hymne.
„Beethovens Musik bewegt den Hebel des Schauers, der Furcht, des Entsetzens, des Schmerzes“, wusste schon E.T.A. Hoffmann. Ein Verständnis, wie er zum Mythos wurde, bekommt man, wenn man seine Musik hört, etwa in den alten Aufnahmen großer Dirigenten. Auf der rauschenden Tonspur verklären Otto Klemperer und Wilhelm Furtwängler die Sinfonien zu Musikdenkmälern. Dabei war Beethovens Leben alles andere als eine Heldensaga. In den knapp sechs Jahrzehnten, die er in Bonn und Wien verbrachte, im Schatten der Französischen Revolution und von Napoleons Truppen, im Glanz (und der Spießigkeit) der Habsburgermonarchie, gehen höchste Inspiration und Alltags-Kleinklein nahtlos ineinander über.
Und er hat viel gelitten. Vor allem am Verlust seines Gehörs („der edelste Teil“), den er mit 27 Jahren erstmals bemerkt und der ihn in den letzten Lebensjahren völlig taub werden lässt. In seinem „Heiligenstädter Testament“ denkt er 1802 sogar über Selbstmord nach. Viele seiner wichtigsten Werke hat Beethoven nie gehört.
Auch litt er an unerfüllter Liebe. Etwa zur verheirateten und später verwitweten Josephine von Brunswick. Die Beziehung scheitert an den Konventionen der Zeit und an Beethovens Charakter. Beethovens Briefe an die „unsterbliche Geliebte“ sind vermutlich an sie gerichtet.
Sein Freigeist und sein Eigensinn lassen Kompromisse nur schwer zu. „Falschheiten verachte ich - besuchen Sie mich nicht mehr“, schreibt er nach einem Streit an seinen Förderer, den Grafen Moritz Lichnowsky. Die Versuche, Beethoven mit solchen Anekdoten als jemanden wie Du und Ich zu beschreiben, gehen aber daneben. Einer solchen Ausnahmeerscheinung sei der Begriff des Genies angemessen, findet der belgische Dirigent und Musikwissenschaftler Jan Caeyers in seiner viel gelobten Biografie über den „einsamen Revolutionär“.
Als er auf seinem Totenbett liegt, bringt ihm ein Diener noch zwei Flaschen Rüdesheimer Jahrgang 1806. Beethoven kann nicht mehr trinken. „Schade! - Schade! - zu spät!!“, sollen seine letzten Worte gewesen sein. Auf seinem letzten Weg wird Beethoven von mehr als 20.000 Menschen begleitet. (dpa)
Comentarios