Von Marion Kaufmann
Ich überlege mir ernsthaft, ob ich meine Hündin gegen Covid-19 impfen lassen soll. Sie ist tiefschwarz, deshalb ihr Name -Negrita-, nur die Pfoten sind weiß und ein Fleck auf dem Bauch. Sie hat einen lustigen Schnurrbart, und sollte sie einen Stammbaum besitzen (den sie nicht hat), würde sie ohne weiteres unter der Rasse Schnauzer figurieren.
Also, ich überlege, wenn ich an die dreitausend wichtigen Personen denke, die illegal geimpft wurden; Personen, deren einziger Verdienst darin bestand, einen wichtigen Vater, Onkel oder Vetter zu haben, dann macht ja eine Dosis mehr nichts aus. Und schließlich ist meine Negrita ein sehr nützliches (auf Spanisch „esencial“) Lebewesen, deren Anwesenheit in meinem Haus unabkömmlich ist. Sie ist ja die Begleiterin und Behüterin einer Frau über 80 und erfüllt eine lebenswichtige Tätigkeit. Wenn es klingelt, merke ich sogleich an ihrer Art zu bellen, ob es ein Bekannter ist oder ein Fremder. Kommt ein Bekannter, dann klingt ihr Gruß ganz normal und fröhlich, aber sonst bellt sie in einer tieferen Tonlage und knurrt bedrohlich, so dass der draußen Stehende denken mag, dass auf der anderen Seite der Tür eine riesige Dogge wartet, herauszustürzen.
In der Küche leistet sie mir Gesellschaft und kontrolliert mein kulinarisches Talent. Wenn mal etwas auf den Boden fällt, ist sie sofort zur Stelle. Natürlich nicht mit dem Besen, denn sie hat ihre eigene Reinigungsmethode und der Boden wird schnell wieder sauber. Aber am liebsten sitzt sie bei mir neben dem Schreibtisch, und döst vor sich hin, während ich arbeite. Schweigsam! Welcher Autor wünscht nicht, sich konzentrieren zu können, ohne dass er unterbrochen wird?
Meine Hündin ist also weitaus nützlicher als all diese dreitausend VIPs, die sich drängelten wie Schulkinder in der Pause, um zuerst an die Impfreihe zu kommen. Sie hat keinen Minister-Onkel und keinen 20-jährigen Vetter, der in irgendeiner Provinz der Fahrer eines Gouverneurs ist. Sie ist immer gut gelaunt und vergnügt und erkennt, dass ich manchmal Ruhe brauche, aber nicht immer. Sie ist also für meine mentale und physische Gesundheit absolut notwendig.
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