Expertinnen wollen die Menopause neutraler betrachten
Frankfurt/Main (dpa) - „Zeit für Veränderung: Wir brauchen eine neue Einstellung zur Menopause“ lautete in diesem Sommer der Titel eines Leitartikels in „The Lancet“. Die Menopause werde zu Unrecht stigmatisiert, heißt es darin. Man brauche dringend „einen ganzheitlichen und individuellen“ Blick auf diese Lebensphase. Der ausschließlich negative Blick auf die Menopause müsse dringend geändert werden, fordern Expertinnen und Experten verstärkt.
Die Menopause ausschließlich „als behandlungsbedürftiges Hormondefizit“ zu sehen, sei falsch, sind auch Medizinerinnen um Martha Hickey von der University of Melbourne und dem Royal Women’s Hospital Victoria (Australien) überzeugt. Das schüre negative Erwartungen und sei damit potenziell schädlich - denn Frauen mit negativen Erwartungen entwickelten häufiger Symptome, erläutern sie im Fachmagazin „British Medical Journal“ („BMJ“).
Hickey und ihre Kolleginnen fordern „ein realistischeres und ausgewogeneres Narrativ“ für das weibliche Altern. Sie schlagen vor, Frauen besser aufzuklären und das Positive zu betonen: „Das Altern von Frauen als normal anzusehen, Stärke, Schönheit und Errungenschaften älterer Frauen zu feiern, kann das Narrativ ändern und positive Rollenmodelle anbieten.“
Katrin Schaudig, Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft, findet den Ansatz gut, ist aber skeptisch, wie das praktisch aussehen soll. Etwa 30 bis 50 Prozent aller Frauen hätten in den Wechseljahren Beschwerden, die ihre Lebensqualität beeinträchtigen, sagt die Mit-Autorin des Buches „Kompass Wechseljahre“ (Trias Verlag). „Es gibt Frauen, die haben richtig ätzend schlimme Probleme. Da hilft es auch nichts, wenn man die Menopause neu bewertet.“
Die Hamburger Gynäkologin sagt aber auch: „Dass die Wechseljahre auch Vorteile haben, ist unbestritten.“ Dass das Thema nur „verschämt“ diskutiert wird, liegt ihrer Ansicht nach am Bild, das unsere Gesellschaft von alten Frauen hat: „Alt gleich arm, schrumpelig, krank und doof.“ Könnten wir das Alter positiver sehen, wäre auch die Menopause weniger negativ behaftet.
Wichtiger findet Schaudig drei andere Punkte: Das Thema müsse „entideologisiert“ werden, Frauen müssten besser aufgeklärt werden und Gynäkologen besser ausgebildet. Hormonbedingte Probleme in den Wechseljahren kämen in der überwiegend klinischen Ausbildung kaum vor.
Viele Diskussionen gibt es nach wie vor um einen Behandlungsweg in den Wechseljahren: die Hormonersatztherapie. Von den einen als Lösung vieler Probleme angepriesen, von anderen wegen der potenziellen Nebenwirkungen entschieden abgelehnt. Laut Techniker Krankenkasse (TK) bekamen 2021 nur noch gut sechs Prozent der bei der TK versicherten erwerbstätigen Frauen zwischen 45 und 65 Jahren ein Hormonpräparat verordnet. Die Zahl der Verordnungen sinkt seit Jahren, wie der TK-Gesundheitsreport zeigt. Zur Jahrtausendwende hatten noch 37 Prozent Hormone gegen Wechseljahresbeschwerden eingenommen.
Das inzwischen häufig negative Bild dieser Behandlung wurde Anfang der 2000er Jahre geprägt. Damals erschien die „Women`s Health Initiative Study“, die die Risiken der Therapieform herausstellte. „Es hat Jahre gedauert und eine Fülle von Daten gebraucht, bis man zu dem Schluss kam, dass der Nutzen einer HRT (Hormone Replacement Therapy) größer sei als deren Risiken“, heißt es dazu im „Lancet“-Editorial.
Schaudig findet beide Extrempositionen falsch. „Jede Frau ist anders, jede Frau braucht eine andere Therapie“, sagt die Gynäkologin. Das wichtigste To-do bei der Menopause ist aus ihrer Sicht, die Behandlung zu individualisieren, die Beratung zu verbessern, die Therapie maßzuschneidern auf die Bedürfnisse der jeweiligen Frau.
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