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Schicksalswahl für Europa

Macron und Le Pen ringen in Frankreich um die Macht

Emmanuel Macron - Marine Le Pen
Emmanuel Macron und Marine Le Pen während des TV-Duells. (Foto: dpa)

Paris (dpa) - Es ist eine Richtungswahl von erheblicher Bedeutung, zu der die Französinnen und Franzosen sich am Sonntag aufmachen. Bleibt der liberale und proeuropäische Präsident Emmanuel Macron trotz nicht zu überhörender Kritik fünf weitere Jahre im Amt oder gelingt der rechtsnationalen Marine Le Pen im dritten Anlauf der Triumphzug in den Élyséepalast Gehen die Menschen in Frankreich das Risiko von Turbulenzen im eigenen Land und in Europa ein, die mit dem von Le Pen angekündigten Politikwechsel unweigerlich drohen? Oder setzen sie trotz Politikfrusts in der aktuellen Krise lieber auf Kontinuität? Umfragen deuten vor der Wahl auf ein eher knappes Rennen.

Nicht ausgemacht nämlich ist, ob der Aufruf zu einem Schutzwall gegen Rechts denselben Erfolg haben wird wie bei vorherigen, bis in die Endrunde führenden Anläufen auf das höchste Staatsamt von Le Pen 2017 und zuvor von ihrem Vater Jean-Marie 2002. Denn Le Pen versucht nun ihrerseits, diejenigen, die die Politik des Amtsinhabers Macron mehr als satt haben und die zuvor als "Gelbwesten", Impfgegner oder vernachlässigtes Schul- und Klinikpersonal auf die Straße gingen, zu einer Blockade gegen ihren Kontrahenten zu mobilisieren.

Das Duell Macron gegen Le Pen ist eine Neuauflage der Stichwahl von 2017 - unter neuen Vorzeichen. Macron obsiegte damals klar mit zwei Dritteln der Stimmen. Aktuell sehen Umfrageinstitute Macron zwischen 53,5 und 55,5 Prozent, während Le Pen ihm bis auf 45 bis 46,5 Prozent nahe rückt. Etliche der 48,7 Millionen registrierten Wählerinnen und Wähler könnten sich aus Verdrossenheit oder Ablehnung beider Kandidaten enthalten. Der Ausgang ist damit schwer vorhersagbar.

Dass Macron und Le Pen es überhaupt in die Stichwahl geschafft haben, liegt auch daran, dass Frankreich politisch mittlerweile in drei auseinanderliegende Blöcke gegliedert ist. Macron, der die klassische Spaltung zwischen den Sozialisten und der bürgerlichen Rechten überwinden wollte, hat zwar mit Persönlichkeiten beider Lager eine breite Mitte geschaffen, doch die einstigen Volksparteien sind unter ihm erheblich geschwächt worden. Die Opposition zu Macrons Mitte-Bündnis befindet sich nun links und rechts näher an den Rändern des Politspektrums.

Gleichzeitig hat die 53-jährige Le Pen es geschafft, sich in den vergangenen Jahren zumindest nach außen hin deutlich zu wandeln. Sie gibt sich betont freundlich, versucht auf radikale Aussagen zu verzichten und trotz ähnlicher Forderungen wie früher gemäßigt zu wirken. Unter dem Einfluss einer schleichenden Rechts-Drift in Frankreich, im Zuge derer auch Macron sich weiter auf konservative Standpunkte verlagerte, wurde die noch 2017 so gefürchtete Kandidatin salonfähig. Und so blicken viele Französinnen und Franzosen dieses Mal eher mit Resignation und Frustration als mit Angst auf die anstehende Stichwahl.

Ganz anders in Deutschland und Europa. Auch wenn der 44-jährige Macron nicht für alle der Wunschpartner ist und aus Sicht mancher in Brüssel eher Eigen- als Gemeinschaftsinteressen vertritt, so ist die Vorstellung einer Präsidentin Le Pen doch für viele der blanke Horror. Die Nationalistin macht keinen Hehl daraus, dass sie von einem Europa träumt, in dem Brüssel den Mitgliedsstaaten wenig zu sagen hat und nationales Recht Vorrang hat. Auch will sie Frankreich aus der Kommandostruktur der Nato ziehen und die Militärkooperation mit Berlin beenden. Ohnehin ist Deutschland nicht ihr Wunschpartner. Viel eher will sie sich Großbritannien oder Ungarn zuwenden.

Auch für die geschlossene westliche Front gegen Russland angesichts des Kriegs in der Ukraine dürfte Le Pen zum erheblichen Problem werden. Mehrfach machte die als Freundin des Kremlchefs Wladimir Putin geltende Politikerin in den vergangenen Tagen Russland Avancen für die Zeit nach dem Krieg. Nur: In Frankreich spielt all das eine untergeordnete Rolle. Hier schaut man vor allem auf das eigene Land.

Bei dem zentralen TV-Duell am Mittwoch, das 15,6 Millionen Menschen vor den Bildschirmen verfolgten, ging Macron nach einer Umfrage sowie Einschätzungen etlicher Medien im Land als Sieger hervor. Eine Mehrheit hielt den 44-Jährigen für den überzeugenderen Bewerber.

 

Werbung für Macron

Madrid (dpa) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie die linken Regierungschefs Spaniens und Portugals, Pedro Sánchez und António Costa, haben die Franzosen zur Wahl Emmanuel Macrons in der Stichwahl um das Präsidentenamt am Sonntag aufgerufen. Frankreich stehe vor der Wahl zwischen einem demokratischen Kandidaten, der glaube, dass Frankreichs Stärke in einer mächtigen und autonomen Europäischen Union zunehme. Und einer Kandidatin der extremen Rechten, die sich offen auf die Seite derjenigen stelle, die die Freiheit und Demokratie Europas angriffen, schrieben die drei Politiker in einem gestern in der spanischen Zeitung "El País" erschienenen gemeinsamen Artikel.

Der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin befohlene Angriff auf die Ukraine habe "Erinnerungen an die dunkelsten Zeiten Europas" geweckt, heißt es darin weiter. "Putins Krieg richtet sich gegen die Werte, für die Frankreich und unsere Länder stehen: Demokratie, Souveränität, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit." Populisten und die extreme Rechte hätten Putin als ideologisches und politisches Vorbild genommen. Marine Le Pen gilt als Freundin Putins.

 

Ukraine drängt auf EU-Beitritt

Kiew (dpa/mc) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Fragebogen für einen EU-Beitritt seines Landes an die Europäische Union weitergeleitet. Dies teilte der EU-Botschafter in Kiew, Matti Maasikas, am Montagabend mit. Der Diplomat aus Estland sprach auf Twitter von einem "weiteren Schritt der Ukraine auf dem Weg in die EU". Selenskyj hatte den Fragebogen erst diesen Monat bei einem Besuch der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Kiew erhalten. Das Papier gilt als Grundlage für Beitrittsgespräche.

Selenskyj selbst sprach von einem "historischen Ereignis". "Jeder Staat, der der EU beigetreten ist, hat das gleiche Verfahren mit dem Fragebogen durchlaufen", sagte er in einer Videobotschaft. "Der einzige Unterschied ist, dass es bei ihnen Jahre gedauert hat. Bei uns war es nur etwas mehr als eine Woche." Weitere Antworten werde die Ukraine "in Kürze" übermitteln. "Und wir erwarten, dass die europäische Antwort schnell erfolgen wird."

Die Ukraine hatte kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs offiziell die Mitgliedschaft in der EU beantragt. Derzeit prüft die Kommission den Antrag. Die Aufnahme eines neuen Mitgliedslands ist normalerweise ein komplizierter Prozess. Selbst wenn die Kommission den Antrag positiv bewertet, könnte es allein bis zum Beginn von Verhandlungen noch lange dauern. Alle 27 EU-Staaten müssen damit einverstanden sein.

Wie der stellvertretende Leiter des Büros von Präsident Selenskyj, Ihor Schowkwa, mitteilte, gehe die Ukraine davon aus, bei der geplanten Sitzung des Europäischen Rates am 23. und 24. Juni den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu erhalten.


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