Wie massiv Raketenstarts Atmosphäre und Klima belasten
London (dpa) - Gerade erst hat die europäische Raumfahrtagentur Esa ein deutlich erhöhtes Drei-Jahres-Budget zugeteilt bekommen. Zahlreiche Raumfahrt-Vorhaben sollen damit finanziert werden - auch Raketenstarts. Was dabei bisher oft außer Acht gelassen wird: Raketen für Weltraumflüge haben einen größeren Einfluss auf das Klima als vielfach angenommen: Sie produzieren schädliche Stickoxide, tragen zum Abbau der Ozonschicht bei und beschleunigen die Erderwärmung. Noch ist der Umfang solcher Raumflüge gering, aber Wissenschaftler erwarten eine enorme Steigerung auch durch den aufkommenden Weltraumtourismus, den Firmen wie Space-X, Blue Origin und Virgin Galactic planen.
Ein Team um Robert Ryan vom University College London hat errechnet, dass drei Jahre Weltraumtourismus reichen könnten, um doppelt so viele klimaschädliche Emissionen zu erzeugen wie sämtliche wissenschaftlichen Weltraummissionen. „Raketenstarts werden routinemäßig mit Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen der Flugzeugindustrie verglichen, was wir in unserer Arbeit als falsch nachweisen”, erklärt Eloise Marais vom University College. Die Simulationen ergaben, dass Rußpartikel aus dem verbrannten Treibstoff in der Stratosphäre die Erde etwa 500 mal so effektiv erwärmen wie nahe dem Erdboden. Kritisch sehen die Wissenschaftler*innen auch den Einfluss von Raketenstarts, vom Zurückfallen ausgebrannter Raketenstufen und von der Rückkehr von Raumfahrzeugen auf die Ozonschicht. Verstärkter Weltraumtourismus würde den Ozonverlust über dem Nordpolargebiet massiv steigen lassen.
Ioannis Kokkinakis und Dimitris Drikakis von der Universität Nicosia auf Zypern wiederum haben sich die Abgasfahne von Raketen genauer angesehen. Wie sich die Verbrennungsprodukte auswirken, ändert sich je nach Höhe erheblich, wie die Forscher im Fachjournal „Physics of Fluids” berichten. Weil sich die chemische Zusammensetzung der Luft ändert, vor allem aber, weil die Dichte enorm abnimmt. In einer Höhe von 70 Kilometern stößt eine moderne Rakete in einem ein Kilometer langen Flugabschnitt soviel Kohlendioxid (CO2) aus wie 26 Kubikkilometer Luft in dieser Höhe enthalten.
Auch wenn bei wissenschaftlichen Weltraumflügen der Treibhausgas-Fußabdruck überschaubar ist, denken immer mehr Astronomen darüber nach, wie ihre Forschung klimafreundlicher werden kann. Wissenschaftler von der Universität Toulouse schätzen die Menge der Treibhausgase, die durch Aktivitäten von Astronomen in die Atmosphäre gelangt, auf jährlich etwa 20,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Auf den einzelnen Astronomen gerechnet, seien dies 36,6 Tonnen CO2-Äquivalent. Wenn man bedenkt, dass die Natur auf der Erde Experten zufolge nur etwa zwei Tonnen CO2 pro Mensch und Jahr kompensieren kann, liegt die Astronomie also derzeit beim 18-Fachen.
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