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Saporischschja unter Beschuss

UN-Sicherheitsrat berät über ukrainisches Atomkraftwerk

Ukraine
Russische Soldaten bewachen die Zufahrt zum Atomkraftwerk Saporischschja. (Foto: dpa)

New York/Kiew/Moskau (dpa/wvg) - Europas größtes Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine ist erneut unter Beschuss geraten. Das Kraftwerk sei mit schwerer Artillerie und Raketenwerfern angegriffen worden, teilte ein Vertreter der russischen Besatzungsbehörden, Wladimir Rogow, gestern im Nachrichtenkanal Telegram mit. Geschossen werde aus Ortschaften, die unter ukrainischer Kontrolle stünden. Der ukrainische Konzern Enerhoatom berichtete von insgesamt zehn Einschlägen in der Nähe. Überprüfbar waren die Angaben nicht. Zuvor hatte die Ukraine Russland beschuldigt, das AKW ins Visier zu nehmen.

Die Sorge um einen atomaren Zwischenfall in Saporischschja, das schon seit Monaten unter russischer Kontrolle steht, beschäftigt jetzt auch den UN-Sicherheitsrat in New York. Auf Antrag Russlands stand im mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen gestern eine Sitzung auf dem Programm. UN-Generalsekretär António Guterres warnte vor einer neuen Katastrophe. Im ukrainischen AKW Tschernobyl hatte sich 1986 der schlimmste atomare Unfall auf europäischem Boden ereignet. Der russische Krieg gegen das Nachbarland dauert inzwischen schon mehr als fünfeinhalb Monate.

Nach Angaben des Betreibers Enerhoatom ist die Situation im Kraftwerk trotz der neuen Angriffe „unter Kontrolle“. Die Radioaktivität sei nicht höher als sonst. Das AKW war schon am Wochenende mit Raketen beschossen und beschädigt worden. Russland und die Ukraine gaben sich gegenseitig die Schuld. Am Mittwoch griffen russische Einheiten mit Raketenwerfern Ortschaften in der Nähe an. Dabei starben nach ukrainischen Angaben mindestens elf Menschen. Unabhängig zu überprüfen war auch dies nicht.

Die Ukraine wirft den russischen Truppen vor, das AKW als Festung für Angriffe zu nutzen. Die prorussischen Separatisten wiederum beschuldigen die Ukraine, mit Beschuss des Kraftwerks den Westen zum Eingreifen bewegen zu wollen. Das russische Staatsfernsehen zeigte Bilder, die Raketeneinschläge am Kraftwerk zeigen sollen. Rogow lehnte Forderungen der Gruppe sieben führender Industrienationen (G7) - darunter Deutschland - ab, das Kraftwerk wieder unter ukrainische Kontrolle zu stellen. „Das wäre, als wenn man einem Affen eine Handgranate in die Hand gibt“, schrieb er.

Guterres äußerte sich vor der Sitzung des Sicherheitsrats zutiefst besorgt. „Bedauerlicherweise gab es in den letzten Tagen keine Deeskalation, sondern Berichte über weitere zutiefst besorgniserregende Vorfälle. Wenn sich diese fortsetzen, könnte dies zu einer Katastrophe führen.“ An beide Kriegsparteien appellierte er, die militärischen Aktivitäten sofort einzustellen. Vor dem Rat sollte auch der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, Auskunft über Saporischschja geben. Russland verwehrt internationalen Experten bislang allerdings den Zugang.

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte vor einer Atomkatastrophe ähnlich wie in Tschernobyl. „Wir müssen Europa vor dieser Bedrohung schützen“, sagte er per Videoschalte bei einer Konferenz in Kopenhagen. Russland sei unter Präsident Wladimir Putin ein terroristischer Staat, der das Kraftwerk als „Geisel“ halte und zur Erpressung nutze. Selenskyj nutzte die Gelegenheit, um vom Westen abermals Waffen und Munition zu fordern.

Im Donbass in der Ostukraine setzten russische Truppen ihre Vorstöße unterdessen begleitet von massivem Artilleriefeuer fort. Dabei wurden in der Stadt Bachmut am Mittwoch sieben Zivilisten getötet, wie die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Selenskyj kündigte Vergeltung an für russische Luftangriffe im Gebiet Dnipropetrowsk, bei denen in der Nacht auf Mittwoch 13 Zivilisten getötet worden waren. In Donezk beklagten die von Russland kontrollierten Separatisten, dass durch ukrainischen Beschuss mehrere Zivilisten getötet worden seien. Durch Treffer auf eine Brauerei sei giftiges Ammoniak ausgetreten.

 
Krim: Explosionen auf Militärstützpunkt

Simferopol (dpa/wvg) - Nach schweren Explosionen auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim hat ein US-Unternehmen Satellitenbilder veröffentlicht, die einen beschädigten russischen Militärstützpunkt zeigen sollen. Entgegen der Moskauer Darstellung belegen diese Aufnahmen US-Berichten zufolge die Zerstörung mehrerer russischer Kampfjets. Die Zeitung „The New York Times“ berichtete gestern von mindestens acht abgebrannten Flugzeugen. Russland hatte von einem Brand auf der Basis und explodierter Munition wegen Fahrlässigkeit berichtet, allerdings nicht von zerstörter Militärtechnik.

Die vom US-Unternehmen Planet Labs zur Verfügung gestellten Satellitenfotos zeigen demnach Verwüstungen nach den Explosionen auf dem Militärstützpunkt Saki am vergangenen Dienstag. Offiziellen russischen Angaben zufolge ist ein Verstoß gegen die Brandschutzregeln für den Vorfall verantwortlich. Die Führung in Kiew hat offiziell nicht die Verantwortung für die Explosionen übernommen. Trotzdem gehen viele Beobachter aufgrund der Zahl und Wucht der Explosionen mittlerweile von einem gezielten ukrainischen Angriff aus.

 

Scholz: Keine Unruhen

Berlin (dpa/wvg) - Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz rechnet nicht mit sozialen Unruhen wegen steigender Energiepreise im kommenden Winter. „Nein, ich glaube nicht dass es in diesem Land zu Unruhen in dieser skizzierten Form kommen wird. Und zwar deshalb, weil Deutschland ein Sozialstaat ist“, sagte Scholz auf eine entsprechende Frage bei seiner Sommerpressekonferenz gestern in Berlin. Niemand werde allein gelassen.

Zur Wirtschaftslage in Europas größter Volkswirtschaft hob Scholz hervor, dass die Beschäftigung hoch sei und weiter steige. Deshalb habe sein Land, „alle Chancen, gut durch diese Zeit zu kommen, auch wenn es schwierig wird“.

Scholz sagte den Bürgern erneut Unterstützung gegen die Belastungen durch die hohe Inflation zu. Die Regierung werde über die schon beschlossenen Entlastungen hinaus weitere Maßnahmen ergreifen müssen. Scholz versicherte, die deutsche Regierung habe sich auf die Schwierigkeiten vorbereitet, etwa in der Energiefrage. „Wir arbeiten sämtliche Versäumnisse der letzten Jahre ab, die in dieser Hinsicht wirklich groß waren.“

Scholz kündigte auch eine weitere massive Unterstützung der Ukraine an. Der Krieg verlange unverändert, „dass wir weitreichende Entscheidungen treffen, um die Ukraine in ihrem Kampf um Unabhängigkeit zu unterstützen“. Die Regierung tue das durch einen „massiven Bruch mit bisheriger Praxis, indem wir Waffen liefern, sehr, sehr viele, sehr weitreichende, sehr effiziente“. Scholz ergänzte: „Und das werden wir auch die nächste Zeit weiter tun.“


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