Schwierige Beweislage im Fall Nawalny
Berlin/Moskau (dpa/wvg) - Russland reagiert im Fall des vergifteten Kremlgegners Alexej Nawalny nun auf die bereits im Oktober verhängten EU-Sanktionen mit Einreisesperren gegen Vertreter des deutschen Regierungsapparats. Über die seit langem angedrohten Strafmaßnahmen informierte das russische Außenministerium am Dienstag bei einer Einbestellung die Geschäftsträgerin der deutschen Botschaft in Moskau, Beate Grzeski, wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Auswärtigen Amt in Berlin erfuhr.
Die Mitteilung des Außenministeriums galt auch als Ablenkungsmanöver in dem international beachteten Mordanschlag, zu dem Nawalny immer neue mögliche Beweise vorlegt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte zwar die Sanktionen bereits im November angekündigt. Doch nun erst wurden sie mitgeteilt. Die Namen der betroffenen Deutschen wurden nicht genannt. Sie erfahren von der Sanktion erst bei einer möglichen Einreise nach Russland.
Der 44-jährige Nawalny, der sich in Deutschland weiter zur Reha nach dem Giftanschlag mit einem chemischen Kampfstoff der Nowitschok-Gruppe erholt, treibt die russische Führung seit Tagen mit immer neuen Anschuldigungen vor sich her. Er hatte am Montag den Mitschnitt eines Telefonats mit einem mutmaßlichen Agenten des Inlandsgeheimdienstes FSB veröffentlicht. Darin erzählt der Mann, dass das Gift in der Unterhose Nawalnys angebracht worden sei. Der chemische Kampfstoff ist international verboten.
Viele russische Kommentatoren, die sich das Gespräch angehört und analysiert haben, halten es für authentisch. Dagegen hatte der FSB das Telefonat als „Fälschung“ zurückgewiesen.
Präsident Putin hatte in einer Reaktion auf die Mordvorwürfe nahegelegt, dass Nawalny zu unbedeutend für einen Giftanschlag sei. Der Kremlchef hatte mehrfach darauf hingewiesen, dass er selbst Nawalnys Rettungsflug nach Deutschland zur Behandlung in der Berliner Charité genehmigt hatte.
Deutschland hingegen sieht Russland in der Verantwortung für das Verbrechen. Mehrere Speziallabore, darunter eins der Bundeswehr, hatten von einem zweifelsfreien Nachweis einer Vergiftung mit einem Kampfstoff der Nowitschok-Gruppe gesprochen.
Außenminister Heiko Maas sieht die Erkenntnisse der Bundesregierung zum Fall Alexey Nawalny durch die aktuellen Medienrecherchen bestätigt, nach denen der Kremlgegner von russischen Geheimdienstagenten vergiftet wurde. Die Rechercheergebnisse seien „weder neu noch überraschend“, sagte Maas der Deutschen Presse-Agentur.
Russland kritisierte die EU-Sanktionen als inakzeptabel und unrechtmäßig. Die Länder, die diese Schritte eingeleitet hätten, hätten Russland und ihren EU-Partnern keine Beweise für die Anschuldigungen vorgelegt.
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