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Ratlosigkeit und unser konkreter Vorschlag

Von Juan E. Alemann

Die argentinische Wirtschaft befindet sich in einer Krise, die sich täglich vertieft, mit einem anormal hohen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes, der für dieses Jahr auf über 12% geschätzt wird, mit hoher Arbeitslosigkeit (bis Ende Jahr werden es weit über 20% sein), der Gefahr eines massiven Zusammenbruchs von Unternehmen, einem ungelösten Zahlungsbilanzproblem, und, nicht zuletzt, der Gefahr einer unmittelbaren Hyperinflationswelle. Zudem hat die Regierung kein Programm, um dieser Lage zu begegnen und sie zu überwinden. Die Opposition und die Unternehmerschaft haben auch kein Programm, sondern bestenfalls verworrene und widersprüchliche Vorstellungen. Und was die einzelnen Wirtschaftler betrifft, die sich öffentlich äußern, so äußern sie eine gut fundierte Kritik, bieten aber keine Lösungen, wie wir es an dieser Stelle tun. Nur das Argentinische Tageblatt sagt der Regierung konkret, was sie tun sollte.

Wenn jetzt darauf hingewiesen wird, dass es eine Einigung auf hoher Ebene zwischen Regierung, Spitzenverbänden der Unternehmer, Gewerkschaften und eventuell noch anderen sozialen Gruppen geben muss, dann zeugt das nur davon, das man ein Wunder erwartet. Wenn man diese Gruppen effektiv einberuft, dann reden sie erfahrungsgemäß um den heißen Brei herum, streiten sich untereinander und geben keine Lösung. Es ist Aufgabe der Regierung, ein Programm vorzulegen, dass dann eventuell der Opposition, Unternehmerverbänden und Gewerkschaften übergeben werden kann, damit sie sich dazu äußern.

Dabei muss es als erstes eine Antwort auf ganz bestimmte Probleme geben. Als erstes muss erklärt werden, wie die phänomenale Geldschöpfung stark verringert wird, um eine Hyperinflation zu vermeiden. Die Geldmenge, gemessen als monetäre Basis (Banknoten im Umlauf plus Bankdepositen bei der ZB) wird sich in diesem Jahr bestimmt mehr als verdoppeln, und wenn man die Leliq hinzuzählt, die auch Passiven der ZB darstellen, dann liegt die Zunahme noch viel höher. Die Regierung hat im Kongress ein Gesetzesprojekt über den Staatshaushalt für 2021 eingebracht, das jedoch wenig mit der wirtschaftlichen Wirklichkeit zu tun hat. Das Wesentliche besteht darin, dass die Ausgaben drastisch gekürzt werden müssen. Doch einmal wird es nicht möglich sein, die bestehenden Sozialprogramme ganz abzuschaffen, und andererseits werden am laufenden Band neue große Staatsinvestitionen angekündigt. Von drastischen Maßnahmen, wie sie unerlässlich sind (wie z.B. die Schließung des Kohlenbergwerkes Río Turbio), ist nicht die Rede. Nicht einmal die Einfrierung der freiwerdenden Stellen im Staat wird erwähnt. Es sieht so aus, als ob schließlich das Problem durch eine Hyperinflationswelle gelöst wird, bei der Beamtengehälter, Pensionen, Hinterbliebenenrenten und soziale Subventionen real stark sinken.

In diesem Zusammenhang erinnern wir uns an die Geschichte mit dem Bahnwärter, der die Barrieren bei einem Bahnübergang heben muss, wenn kein Zug kommt. Seine Vorgesetzten wollen feststellen, ob er für diese Arbeit geeignet ist und stellen ihm die Frage, was er tun würde, wenn zwei Züge auf der gleichen Schiene in entgegengesetzter Richtung fahren und auf sich zukommen. Antwort eins: die Alarmglocke einsetzten. Die Prüfer sagen ihm, er muss davon ausgehen, dass sie nicht funktioniert. Antwort zwei: ein Feuer auf der Schiene anzuzünden. Doch die Prüfer sagen ihn, er soll davon ausgehen, dass es regnet und dies nicht möglich ist. Daraufhin denkt der Bahnwärter eine Weile nach und sagt schließlich: „Dann rufe ich María, meine Frau.“ „Warum?“, fragen die Prüfer. Antwort: „Ich sage ihr, komm, um einen phänomenalen Zusammenstoß zu sehen.“

Wir wollen versuchen, Maßnahmen vorzubringen, die ein Programm bilden, um die verfahrene Lage zu überwinden.

1. Das Budget muss mit der Methodologie des Nullbudgets aufgestellt werden, bei der bei den einzelnen Ausgabenposten von Null ausgegangen wird. Dabei müssen Privatisierungsmöglichkeiten, einschließlich Verkauf staatlicher Immobilien, Versetzung von Beamten, Abschaffung unnötiger Ämter, und mehr Informatik vorgesehen werden. Das Budget 2021 muss in Pesowerten von 2020 aufgestellt werden, und dann alle drei Monate gemäß dem Index der Konsumentenpreise berichtigt werden. Nur so kann man verhindern, dass Inflationsreserven eingeplant werden, weil all diejenigen, die für einen Ausgabenbereich verantwortlich sind, davon ausgehen, dass die Inflation höher ausfallen wird, als sie im Budget vorgesehen ist.

2. Reform des Konkursgesetzes, mit Einführung einer Verhandlungsinstanz, um eine Flut von Konkursen zu vermeiden. Ein Projekt in diesem Sinn liegt dem Senat schon vor,wird aber nicht behandelt.

3. Verbot der Pfändung von Girokonten. Bei den AFIP-Pfändungen muss das Verbot auf das gesamte Umlaufvermögen erweitert werden, so dass nur das Anlagevermögen gepfändet werden kann, damit es nicht verkauft wird. Die gegenwärtigen allgemeinen Pfändungen behindern die Unternehmen, ihre Krise zu überwinden, und zwingen sie oft, auf Schwarzwirtschaft überzugehen.

4. ZB-Garantien für Kredite. Die Banken können gemäß den geltenden Normen der ZB, und auch den eigenen, in vielen Fällen keine neuen Kredit erteilen. Das geht somit nur mit ZB-Garantie.

5. Schaffung eines doppelten Devisenmarktes, einem für Import- und Exportgeschäfte, und einem anderen für Kapitaltransaktionen. Das erlaubt, die meisten jüngsten Maßnahmen der ZB außer Kraft zu setzen.

6. Gleichzeitig muss das bimonetäre System voll anerkannt werden, mit Dollardepositen (auch Girodepositen) und Zulassung von internen Dollarkrediten.

7. Gezielte Weißwaschungen: für Mittel, die für Bauprojekte eingesetzt werden, für Zahlung von Steuerschulden, für Investitionen in Maschinen und Anlagen u.a.

8. Reformen der Arbeitsgesetzgebung: Schaffung eines Entlassungsfonds, wie bei der Bauwirtschaft, als Ersatz für die bestehende Entlassungsentschädigung. Es besteht schon ein Projekt von Roberto Lavgna über dies. Die andere Lösung wäre die, dass die Entschädigung erst ab 2 Jahren und nicht, wie jetzt, ab 3 Monaten gilt. In beiden Fällen werden Neueinstellungen erleichtert.

9. Für Personen unter 28 Jahren, muss der Gesamtbeitrag zum Pensionierungssystem halbiert werden. Außerdem muss es wieder Sonderbestimmungen für Praktikanten geben, wie in den 90er Jahren.

10. Das Gesetz über die Lohnverhandlungen zwischen Unternehmern und Gewerkschaften muss dahingehend geändert werden, dass auch ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums mitmacht, der die Staatskasse und die Konsumenten vertritt, und verhindert, dass Erhöhungen vereinbart werden, die Subventionen erfordern oder einfach auf die Preise abgewälzt werden. Ebenfalls muss bestimmt werden, dass der Staat einen Höchstsatz für Lohnzulagen festsetzt.

11. Produktivitätshemmende Klauseln in den Arbeitsverträgen müssen prinzipiell als ungültig erklärt werden.

12. Unternehmen und Personen, die im Bereich der Schwarzwirtschaft tätig sind, muss die Möglichkeit gegeben werden, auf den legalen Bereich überzugehen. Dabei kann es keine rückwirkenden Zahlungen geben, und die Sozialabgaben müssen am Anfang gering sein. Auch für die Anpassung der Löhne an die des Gesamtarbeitsvertrages der Branche muss es eine Frist und ein Übergangsystem geben.

In einer zweiten Etappe kommen noch weitere Maßnahmen hinzu, an erster Stelle eine Definition der Erdöl- und Gaspolitik, und der Festsetzung von Tarifen für elektrischen Strom und der Margen für die Stromverteiler, die Betreiber von Fernleitungen und die Tarife für die Kraftwerke. Dabei muss auch an eine Sparpolitik gedacht werden, indem z.B. Unternehmen, die in Spitzenzeiten eigene Stromanlagen einsetzten, einen Rabatt erhalten. Ebenfalls muss dann die Landwirtschaftspolitik neu durchdacht werden. Der Exportzoll von 33% für Sojabohne ist schlicht absurd, bedenkt man, dass Argentinien viel mehr produzieren könnte, vor allem in Grenzgebieten, wo die Kosten wegen geringerer Erträge höher sind. Ebenfalls muss man bei der Welthandelsorganisation (WTO) Klage wegen der Differenzialzölle einreichen, die bei Rohstoffen niedriger als bei Produkten sind, die mit ihnen erzeugt werden. Nach dem ersten Maßnahmenpaket gibt es gewiss noch sehr viel zu tun.

Ein Programm, wie wir es oben darstellen, würde die Stimmung in der Wirtschaft sofort ändern. Es müsste gesamthaft vorgelegt werden, auch wenn die einzelnen Punkte nach und nach behandelt werden. Gegenwärtig wird darauf hingewiesen, dass eine Vertrauenskrise besteht. Das ist logisch, da man nicht weiß, wohin die Regierung geht und auch bemerkt, dass die Regierung den persönlichen Problemen von Cristina Kirchner, also die Möglichkeit, dass sie wegen Korruption verurteilt wird, Vorrang vor den wirtschaftlichen und sozialen Probleme gibt.

Gewiss kann sich die Wirtschaft nur erholen, wenn die Gesellschaft, und an erster Stelle die Unternehmer, Vertrauen haben. Und das ist nur möglich, wenn sie davon ausgehen, dass die Regierung Maßnahmen ergreift, mit denen sie die Lage in den Griff bekommen wird. Solange die Regierung ständig falsche Signale gibt, nur Notmaßnahmen ergreift und die wirtschaftliche Realität ignoriert, kann es kein Vertrauen geben.

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