Néstor Kirchner gründete seinerzeit einen Verein, den er “La Cámpora” taufte, in Erinnerung an den kurzlebigen Präsidenten Héctor Cámpora, den Perón rausschmiss, weil er einen linken Kurs eingeschlagen und Montonero-Terroristen begünstigt hatte. Um klar zu zeigen, dass die Cámpora zum Kirchnerismus gehört, setzte Kirchner seinen Sohn Máximo an die Spitze, obwohl dieser sich damals nicht politisch betätigte. Der Kirchnerismus konkurriert über die Cámpora mit der justizialistischen Partei, die er jetzt auch beherrschen will, was jedoch nicht so einfach ist. Die Zahl der Mitglieder der Cámpora ist explosiv gestiegen. Das beruht u.a. darauf, dass die Cámpora jungen Menschen, die arbeitslos sind, darunter besonders Absolventen akademischer Berufe, von denen es viel zu viele gibt, eine Anstellung im Staat in Aussicht stellt. Jetzt will die Cámpora sich an den Covid-Impfungen beteiligen, was jedoch medizinische Kenntnisse voraussetzt, die ihre Mitglieder nicht haben. Mit der Gesundheit sollte man nicht Politik betreiben.
Ohne Zweifel hat Kreml-Kritiker Alexej Nawalny gegen Bewährungsauflagen verstoßen. Das gilt natürlich nur, wenn man keine Zweifel am russischen Justizsystem hat. Die hat unter anderem der Europäische Gerichtshof, der das gut fünf Jahre alte Urteil gegen Nawalny in einem Betrugsfall als "willkürlich" bezeichnet hatte. Fakt ist aber, dass der Putin-Gegner seiner Meldepflicht nicht nachgekommen ist, als er nach dem Mordanschlag auf ihn nach Deutschland geflogen ist. Er hat das unbewusst getan, er lag im Koma. "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht", heißt es im Volksmund, Bewusstlosigkeit schon. Nawalny hätte sich auch nicht persönlich abmelden können, wenn er den Anschlag nicht überlebt hätte. Die Umwandlung der Bewährungs- in eine Haftstrafe ist ein weiterer Anschlag: auf das Recht und den gesunden Menschenverstand.
Reichlich sinnfrei geht es auch in Italien zu. Dort terrorisiert eine Kleinstpartei das Land. Die Gruppe "Italia Viva", eine Abspaltung der sozialdemokratischen PD, hatte die Regierung verlassen und lehnt eine Neuauflage der Koalition ab. Dabei ging es weniger um politische Sachfragen als um des Ego des Viva-Vorsitzenden Matteo Renzi. Renzi, bis 2016 selbst Ministerpräsident, hält sich für kompetenter als Giuseppe Conte, der nach seinem Rücktritt noch kommissarisch im Amt ist. Das italienische Wahlvolk sieht dies etwas anders: Conte ist der beliebteste Politiker des Landes, Renzis "Italia Viva" käme bei Neuwahlen auf zwei Prozent. Dass Renzi mitten in der Corona- und Wirtschaftskrise einen Urnengang riskiert, liegt an seiner grenzenlosen Selbstüberschätzung und wenig Respekt für sein eigenes Land.
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