Cristina Kirchner ist in ihrem Brief zum Jahrestag dieser Regierung mit schwerem Geschütz gegen den Obersten Gerichtshof vorgegangen. Das ist begreifich, nachdem dieser in den jüngsten Urteilen, die sie und ihre Entscheidungen betreffen, nicht in ihrem Sinn geurteilt hat. Offensichtlich, haben sie ihre Anwälte darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Gerichtshof auch bei den Prozessen, die sie direkt betreffen, sie nicht wohlwollend behandeln wird. Die fünf Richter sind nicht bereit, die Grundprinzipien der Rechtsodnung, also auch die Verfassung, bei Seite zu lassen. Der Brief war ein Wink mit dem Zaunpfahl an die Richter Lorenezzi und Highton, die Néstor Kirchner ernannt hatte, dass sie zurücktreten, damit sie treue Cristinisten an ihrer Stelle ernennen kann. Dann braucht sie nur noch eine Stimme, wohl die von Richter Maqueda, den Duhalde ernannt hat. Denn die von Macri ernannten Richter, Rosenkrantz und Rosatti, kann sie ohnehin nicht beherrschen.
Das Hafturteil über den ehemaligen Vizepräsidenten von Cristina Kirchner, Amado Boudou, wegen des illegalen Übernahmeversuches der Ciccone-Druckerei, als er noch Wirtschaftsminister war, wurde bestätigt, so dass er jetzt die Haft im Gefängnis und nicht zu Hause verbüßen müsste. Das ist indessen belanglos. Nichts ändert sich, wenn er zu Hause bleibt. Außerdem spart der Staat dabei viel Geld. Was jedoch nicht erklärt wird, ist, warum der Prozess gegen Boudou wegen des Schmiergeldes von umgerechnet zwei Millionen Dollar bei der Umschuldung einer Schuld der Provinz Formosa, der seit vielen Jahren läuft, nicht beendet wird. Er hatte auch hier die Firma The Old Fund als Vermittler eingeschaltet, obwohl Schulden von Provinzen mit dem Bundesstaat direkt geregelt werden, weil es sich um eine politische Entscheidung handelt. Die Provision an die genannte Firma war ohne jeden Zweifel ein Schmiergeld, das Boudou und wohl zum Teil auch Gouverneur Gildo Insfran einsteckten. Auf was warten die Richter, um sie zu verurteilen? Das Urteil sollte verfügen, dass er das gestohlene Geld zurückgibt.
Beim Geld hört der Spaß auf. Oder der Blödsinn. Das jedenfalls spürt man derzeit in Ungarn und Polen. Beide rechtspopulistisch regierten Länder blockieren seit Wochen den EU-Haushalt und damit auch die Corona-Hilfen. In Brüssel ist man nun mit der Geduld am Ende. Es gibt Schlupflöcher, die Milliardenhilfen an die übrigen Mitgliedsstaaten auszuzahlen. Polen und Ungarn würden dann leer ausgehen. Für beide Länder waren in einer ersten Tranche 23 Milliarden Euro vorgesehen. Auch beim EU-Haushalt sind beide Länder die größten Nettoempfänger. Das sind gute Argumente, im Streit einzulenken. Allerdings nur für Ungarn und Polen. Ein bisschen weniger die Presse knebeln und weniger Richter zu entlassen ist noch keine Rechtsstaatlichkeit.
Er zuckt immer noch. Fast alle US-Bundesstaaten haben die Wahlergebnisse zertifiziert, alle Gerichte haben seine Klagen abgewiesen und am Montag geben die Wahlleute ihre Stimmen ab. Doch Donald Trump spricht immer noch von Wahlbetrug und vergleicht die USA mit einem "Dritte-Welt-Land". Er hat natürlich Recht. Sein Theater erinnert an Länder wie Afghanistan, wo der Herausforderer Abdullah Abdullah 2019 seine Niederlage gegen den amtierenden Präsidenten Ashraf Ghani zunächst nicht akzeptieren wollte. Es ist wahrscheinlich, dass es Wahlfälschung gab, aber in der Regel fälscht der Amtsinhaber. In Afghanistan hat man das im Übrigen elegant geregelt. Abdullah erkannte seine Niederlage an und wurde an der Macht beteiligt. Das Wohl des Landes stand über den persönlichen Animositäten. Für Trump steht sein Ego weit über dem Wohl des Landes.
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