Der US-Botschafter Marc Stanley hat empfohlen, nicht bis Dezember 2023 zu warten, um die verfahrene Lage einzurenken, sondern schon jetzt eine Koalition mit der Opposition zu bilden, um gemeinsam an die Probleme heranzugehen. Das geriet der Regierung in die falsche Kehle, und der zweite Mann der Cámpora, Andrés Larroque, verglich Stanley mit dem US-Botschafter Spruille Braden, der bei der Wahlkampagne von 1945/46 aktiv gegen Perón Stellung bezog. Die Sprecherin der Regierung, Gabriela Cerruti, wies darauf hin, das es in den USA keine Koalition zwischen Demokraten und Republikanern gäbe. Indessen besteht in wesentlichen Aspekten Zusammenarbeit, und darum geht es auch hier. Die Einigung mit der Opposition würde Maßnahmen zur Defizitverringerung, zur Inflationsbekämpfung, bitter notwendige Reformen des Arbeitsrechts und vieles Andere erleichtern, dem diese Regierung und auch die nächste nicht ausweichen können. Es wäre der Weg zu einer Staatspolitik, die über den Parteien liegen müsste, um einen dauerhaften Erfolg zu ermöglichen.
Glückliches Finnland. Dort darf man sich darüber aufregen, dass die Ministerpräsidentin bei einer privaten Party mitgefeiert und sich dabei beim Tanzen verausgabt hat. Nun gut, Sanna Marin ist erst 36 und hat bei ihrer steilen politischen Karriere sicherlich einiges nachzuholen. Aber das ist nicht der Punkt. Marin hat nichts Verbotenes getan. Sie hat sich amüsiert. Dass sie danach noch einen Drogentest absolviert hat, war aus dem schlichten Grund notwendig, dass es ihr mehr geschadet hätte, wenn sie ihn verweigert hätte. Marins britischer Amtskollege Boris Johnson hat auch gefeiert, aber er hat damit gegen selbst verordnete Corona-Regeln verstoßen und das Parlament belogen. Finnland kann sich wirklich glücklich schätzen, Skandälchen zu haben, die gar keine sind.
In Ungarn zu arbeiten, kann unter der Ära Viktor Orban ganz schön beschwerlich sein. So wurden am Montag die Leiterin des staatlichen Wetterdienstes und ihr Stellvertreter fristlos entlassen. Weil es nicht regnete. Nein, nicht wegen der Trockenheit, sondern weil der Wetterdienst für den Nationalfeiertag ein Gewitter vorhergesagt hatte, welches dann ausblieb. Mit ihm natürlich das übliche Feuerwerksspektakel. „Sabotage“, riefen Orban-Anhänger, die darin einen Anschlag auf die Regierungspartei sahen. Die Absage hat natürlich einen guten Grund: Vor 16 Jahren starben am Nationalfeiertag fünf Menschen, über 300 wurden verletzt als bei einem Feuerwerk und heftigen Gewitter Panik ausbrach. Kaum vorstellbar, dass der ungarische Wetterdienst künftig eine seriöse Führung hat. Dafür scheint am Nationalfeiertag in Zukunft immer die Sonne.
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