Der Krieg in der Ukraine bringt in Argentinien der Opposition Stimmen. Stadtchef Horacio Rodríguez Larreta und Patricia Bullrich sowie zahlreiche Politiker des PRO, der UCR und der Coalición Cívica waren schon bei einer Massenkundgebung am Obelisk präsent. und kapitalisieren dabei die Stimmung für die Ukraine und gegen Putin, die in der Bevölkerung mehrheitlich ist. Die lokale ukrainische Gemeinschaft ist sehr aktiv, wie es bei der menschlichen Tragödie, die Putin angezettelt hat, die täglich im Fernsehen übertragen wird, nicht anders sein kann. Doch Alberto und Cristina sagen nichts, und ihre Sprecher, befreundete Journalisten, Politiker ihrer Partei und linke Ideologen bemühen sich die Schuld auf Selenskyj, die NATO u.a. abzuschieben, was so absurd ist, dass es Putin-Kritiker nur stärkt. Cristina hat ihre Bewunderung für Putin nie verheimlicht, und der Präsident hat ihm bei seinem jüngsten Besuch alles mögliche versprochen. Den beiden Fernández fällt es schwer, für die ukrainische Bevölkerung und den mit 70 Prozent der Stimmen gewählten demokratischen Präsidenten Selenskyj einzutreten. Und das hat politisch für sie einen hohen Preis.
Wladimir Putin bleibt ganz allein. In der UNO haben 141 Staaten seinen Angriff auf die Ukraine verurteilt und nur fünf nicht. Der Angriff auf ein großes Kernkraftwerk hat weltweit einen Schrecken hervorgerufen und Putin als einen gefährlichen Verrückten hingestellt. Aber auch in Russland ist ein großer Teil der Bevölkerung gegen die Invasion und für das Recht der Ukraine, als unabhängiger Staat zu bestehen. Vor allem Jugendliche haben aktiv Partei ergriffen und sind auf die Straße gegangen, um ihren Protest sichtbar zu machen. Daraufhin wurden schon 12.000 verhaftet. Die Bevölkerung spürt zunehmend die rezessive Wirkung des Konfliktes, die sich auch auf die Stimmung auswirkt. Auch die Oligarchen, die enge Beziehungen zu Putin pflegen, sind über diesen absurden Krieg nicht erfreut, der ihre Geschäfte und ihr luxuriöses Leben stört. Bei einer sauberen Wahl würde Putin heute haushoch verlieren. Man kann sich kaum vorstellen, dass er unter diesen Umständen noch lange weiter regieren kann.
Putin hatte offensichtlich bei seinem Panzerangriff mit einem kurzen Krieg gerechnet. Er hat die ukrainischen Streitkräfte, die seit dem Krimkrieg aktiv sind, Präsident Selenskyj und die ukrainische Bevölkerung unterschätzt und die Waffenlieferungen von NATO-Staaten nicht einkalkuliert. Ebenfalls hat er seine eigenen Streitkräfte überschätzt. Einmal sind viele Panzer überaltert oder sie weisen Probleme wegen unzureichender Instandhaltung auf. Und dann sind Logistikprobleme aufgekommen. Die Panzer schlucken Unmengen Treibstoff, der oft nicht rechtzeitig vorhanden ist, die Soldaten benötigen Wasser und Ernährung, müssen auch irgendwo schlafen und für ihre persönliche Hygiene sorgen, und viele denken mehr an die Erhaltung ihres Lebens als an den Krieg, dessen Sinn sie selber nicht verstehen. Und wenn die Regensaison kommt, dann laufen die Panzer Gefahr, im Sumpf stecken zu bleiben. Es ist alles viel komplizierter, als es sich Putin vorgestellt hat. Und der Sieg ist dabei trotz überwältigender Übermacht nicht so sicher.
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