In früheren Zeiten hätten die Militärs bei einer so kritischen Lage wie sie gegenwärtig besteht, schon längst die Regierung übernommen. Das ist jetzt nicht mehr möglich. Die Streitkräfte haben stark an Bedeutung verloren, und die Offiziere wollen gewiss nicht die Verantwortung für die Herstellung geordneter Zustände auf sich nehmen, die unvermeidlich mit Härten verbunden ist. Viele Offiziere im Ruhestand verbüßen noch Haftstrafen, weil sie gegen den Terrorismus gekämpft haben, wie es weite Kreise der Bevölkerung gefordert hatten. Auch ein ziviler Staatsstreich, wie er im Dezember 2001 gegen Präsident De la Rúa verübt wurde, kommt nicht in Frage. Das schwören alle Politiker hoch und heilig. Das Problem muss innerhalb der demokratischen Spielregeln gelöst werden, was zunächst erfordert, dass diese verbessert werden. Denn es fehlt noch viel, um zu erreichen, dass eine formell demokratische Regierung nicht so viel Unheil anrichten kann, wie die, die wir jetzt ertragen müssen.
Inzwischen ist klar: Boris Johnson ist der Party Minister des Vereinigten Königreichs. Schmeichelhaft ist das in keinem Fall, das war es auch für Klaus Wowereit nicht, den früheren Regierenden Bürgermeister von Berlin nannte man "Regierenden Partymeister". Allerdings gab es zu Wowereits Amtszeit keinen Corona-Lockdown, dem der Rest der Bevölkerung unterworfen war, und der SPD-Politiker musste über seine Teilnahme an derartigen Festivitäten auch nicht lügen. Lügen gehört für Party-Boris zum Standard-Repertoire. Das brachte ihm ein neues Problem. Als westliche Länder gefährdete Menschen aus Afghanistan ausflog, rettete Großbritannien 150 Hunde und Katzen. Das nahmen selbst die tierliebenden Briten "not amused" auf, denn Straßenköter und streunende Katzen stehen nunmal nicht auf den Todeslisten der Taliban. Johnson will davon nichts gewusst haben, hat aber den Rettungsflug wohl eindeutig autorisiert.
Natürlich lag der Mann richtig. Der deutsche Marinechef Kay-Achim Schönebach hatte in Indien bei einem Vortrag in einer Denkfabrik erklärt, dass die Krim-Halbinsel für die Ukraine unwiederbringlich verloren sei. Dem können nur Phantasten oder ukrainische Nationalisten widersprechen. Russland hat die Krim annektiert, die Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Russen, und die Ukraine wird militärisch wohl nie in der Lage sein, die Halbinsel zurückzuerobern. Im Recht ist der deutsche Vizeadmiral allerdings nicht. Der russische Einmarsch war völkerrechtswidrig. Schlimmer ist, dass Schönbach als einer der höchsten Militärs Deutschland politischen Schaden zugefügt hat. Das nicht zu tun, hat er bei seinem Eintritt in die Bundeswehr geschworen.
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