Die Wahlkampagne läuft auf vollen Touren. Das hat eine positive Seite, da die Regierung sich schließlich ernsthaft bemüht, dass bis Mitte September der größte Teil der Bevölkerung zwei Mal geimpft ist, so dass die Zahl der Neuinfektionen und Toten drastisch abnimmt. Das sollte auch die Normalisierung der wirtschaftlichen Tätigkeit beschleunigen, und die Wirtschaft anspornen. Ob das jedoch genügt, ist zweifelhaft. Eine so tiefe Krise, die zugleich wirtschaftlich, noch mehr sozial ist, und auch Sanität, persönliche Sicherheit und einen stark gestiegenen Drogenhandel umfasst, wird auch in anderthalb Monaten die Sorgen der Gesellschaft bestimmen. Auch wenn die Regierung nicht für die Pandemie verantwortlich ist, ist sie es für ihre schlampige Bekämpfung und noch mehr für die notorischen Mängel der Wirtschaftspolitik.
In Peru stellt der knappe Wahlsieg von Pedro Castillo über Keiko Fujimori mehr Fragen als Antworten. Castillo war bisher Lehrer in einer Schule in einer armen Landgegend von Peru und wurde von Wladimiro Cerrón aufgestellt, der selber wegen seiner bekannten kommunistischen Ideologie nicht gewinnen konnte. Zum Wahlsieg trugen Wähler unterschiedlicher politischer Ausrichtung bei und auch der Umstand, dass viele im Wesen gegen Keiko Fujimori gestimmt haben. Zum Premierminister wurde Guido Belligo ernannt, der für seine Verteidigung der Terroristen des Sendero Luminoso bekannt ist, die Fujimoris Vater ausgemerzt hat. Im Kabinett sind noch weitere extrem linke Politiker vertreten. Aber der Wirtschaftsminister,Pedro Francke ist ein gemäßigter Ökonom. Ein bunt gemischtes Kabinett! Castillo zählt nicht auf eine Mehrheit im Parlament. Peru weist 12 Jahre ununterbrochenes Wachstums auf, doch dabei haben Einkommenskonzentration und extreme Armut zugenommen, was den Wahlsieg von Castillo erklärt, aber gleichzeitig eine schwierige Herausforderung für ihn stellt. Mit dem kommunistischen Rezept wird er dabei nicht weit kommen.
Olaf führt. Sonderlich überraschend ist das nicht, denn der SPD-Kanzlerkandidat hat den Vizekanzlerbonus, der in irgendeiner Form existieren muss, wenn die Kanzlerin nicht mehr antritt. Zudem sitzt Scholz da, wo das Geld ist. Er ist Bundesfinanzminister, und das ist in Corona- und Unwetterzeiten ein Trumpf. Wo anderen wie dem CDU/CSU-Kandidaten Armin Laschet Versäumnisse vorgeworfen werden, ist Scholz fein raus. Er kommt finanziell für die Schäden auf. Die Sache hat allerdings einen Haken. Der Kanzler bzw. die Kanzlerin wird in Deutschland nicht direkt gewählt, und Scholzens Sozialdemokraten liegen mit 17,5 Prozent in den Umfragen hinter CDU/CSU (25%) und Grünen (21%) nur auf Platz drei. Und es gibt noch ein anderes Manko. Bei den Kanzler*innen-Präferenzen stehen mit 36 Prozent die an der Spitze, die weder Scholz (25%), Annalena Baerbock (21%) noch Laschet (17%) wollen.
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