Am Nationalfeiertag, dem 9. Juli, fanden mehrere große Massenkundgebungen gegen die Regierung statt, eine auf der Avenida 9 de Julio, eine andere in San Nicolás, Provinz Buenos Aires, und weitere in verschiedenen Orten des Landes. In der Bundeshauptstadt ging es um den üblichen Protest des Mittelstandes, der im Wesen zur Opposition gehört. Die Anwesenden brachten allgemein die miese Stimmung zum Ausdruck, die durch die Krise, die Pandemie und das Verhalten der Regierung herbeigeführt wurde. Was die Landwirte betrifft, geht es um Protest gegen den feindlichen Geist, den sie bei der Regierung empfinden, der u.a. in Exportsperren für Rindfleisch und dem hohen Exportzoll für Sojabohnen zum Ausdruck kommt. Sie fordern einen direkten Dialog mit dem Präsidenten. Der Peronismus war schon in seiner ersten Periode, ab Juni 1943 und Mai 1946, mit den Landwirten verfeindet und vollzog damals eine brutale Einkommensumverteilung zu Gunsten der Industriearbeiter, bei der die Landwirte die Zeche bezahlten. Das liegt seither sozusagen in seiner DNA.
In Kuba sind die Menschen am Sonntag massenweise auf die Straße gegangen, in Havanna und in etwa 70 weiteren Orten, um laut gegen die Regierung zu protestieren. Sie wollen Freiheit, Demokratie und unterschwellig auch Wohlstand. Die USA, die nicht weit entfernt liegen, haben einen starken Demonstrationseffekt auf Kuba, ebenso wie seinerzeit der krasse Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland eine unhaltbare politische Lage in Ostdeutschland herbeiführte. Präsident Miguel Díaz Canel ist nicht Fidel Castro: Er hat weder Charisma noch die effektive Macht. Auch wenn der Repressionsapparat dieser Diktatur voll eingesetzt wurde und viele Menschen verhaftet und andere verletzt wurden, hat das System einen tödlichen Schlag erlitten. Auch in Kuba ist der Kommunismus kläglich gescheitert. Argentiniens Präsident ist auch hier einer Stellungnahme für Freiheit und Demokratie ausgewichen. Der Kirchnerismus steht außenpolitisch auf der falschen Seite - und das ist auch in diesem Fall zum Ausdruck gekommen.
Wahlkämpfe bringen immer mehr ihrer Facetten zum Vorschein. Langweilig war es nie, keine Frage. Doch gehen mit der (auch langsam in Deutschland angekommenen) Digitalisierung neue Möglichkeiten einher, den anderen in den Dreck zu ziehen. Wo früher Schnurrbart und verfaulte Zähne mit Edding auf Pappbilder von Politikern und Politikerinnen gemalt wurden (wobei das hoffentlich größtenteils zivilen Parteigegnern zuzuschreiben ist) und sich in öffentlichen Diskursen beleidigt wurde, würden heute schon ein kurzer Tweet oder per Whatsapp weitergeleitete Fake News ausreichen. Dass der diesjährige Wahlkampf kein unbedingtes Zeichen von Reife, und vielleicht gerade deshalb so spannend ist, steht also nicht im Kontrast zur Vergangenheit. Und das, obwohl dieses Jahr aus mehreren Ecken gerade für einen zivilisierten und fairen Wahlkampf geworben wurde - das erste Wahlkampagnen-Lügenmärchen.
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