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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Politik ohne Illusionen

Von Juan E. Alemann

Bei den großen Wahlkampagnen, in denen es um die Präsidentschaft geht, müssen die Kandidaten es verstehen, dem Publikum eine Illusion zu vermitteln, also ein Gesamtkonzept über eine besser Zukunft. Doch gerade das ist gegenwärtig nicht der Fall.

Cristina hat in ihrer Rede in Pilar versucht, die Illusion als Rückkehr zur glücklichen Zeit darzustellen, als sie Präsidentin war. Das ist frei erfunden und auf alle Fälle nicht überzeugend. Ging es den Menschen damals besser als heute? Einigen vielleicht, aber den meisten kaum.

Die Opposition versteht es nur halbwegs, eine Illusion für ihre zukünftige Regierung zu schaffen. Mauricio Macri äußert Gemeinplätze, die wenig ankommen. Horacio Rodríguez Larreta weist auf seine Stadtverwaltung als Modell hin. Sie war sorgfältig und weist viele Einzelfortschritte auf. Er war zweifelsohne ein guter Stadtchef und würde das Land auch unverhältnismäßig besser verwalten, als Alberto Fernández und Cristina Kirchner. Doch das schafft keine Illusion. Es ist mehr eine Botschaft für rationell denkende Menschen, die wissen, dass es bei einer Regierung auf die unzähligen konkreten täglichen Entscheidungen, auf Rationalität und Vernunft ankommt und nicht um den politischen Quatsch geht. Patricia Bullrich ist sehr konkret bei der Sicherheitsproblematik, die sie als erfolgreiche Sicherheitsministerin gut kennt. Das genügt jedoch nicht. Sicherheit sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Die Menschen wollen mehr als das.

In den letzten Jahren hat sich der ultraliberale Javier Milei als ein Meister der Illusion entpuppt. Wie ein Zauberer. Er ist sehr kohärent, aber total wirklichkeitsfremd. Was ihm auch dient, ist die hohe und in den letzten Jahren stark gestiegene Schwarzwirtschaft. Die Menschen, die sich in diesem Bereich bewegen, ganz oder zum großen Teil, empfinden den Staat als ein Störungsfaktor, der sie mit Steuern, einem wirklichkeitsfremden Arbeitsrecht und allerlei Reglementierungen und Verboten erdrückt. Milei sagt in geordneter Form, was viele dieser Menschen denken. Er gibt ihnen eine Illusion: Nicht dass die Schwarzwirtschaft bekämpft wird und zurückgeht, sondern, dass die Wirtschaft allgemein sich ihr annähert. Das Phänomen Milei, der von nichts sofort auf einen ansehnlichen Stimmenanteil gestiegen ist, hat tiefere Ursachen, die die traditionellen Politiker berücksichtigen sollten.

Die Regierungspartei, Front für alle, steht vor dem Problem, dass die Illusion, die sie vermitteln wollte, die nicht bei allen Gruppen der Partei die gleiche ist, nicht zieht. Weder die Rückkehr zu angeblichen glücklichen Zeiten, noch das marxistische Weltbild der Cámpora schaffen eine echte Illusion. Bei der Opposition fehlt eine Führungspersönlichkeit, die es versteht, eine Wohlstandsgesellschaft darzustellen, die auf Marktwirtschaft, Ordnung, Stabilität, oder zumindest geringer Inflation, Vollbeschäftigung, sozialem Aufstieg und effizienten Sozialprogrammen beruht. Das sollte nicht so schwer fallen, wenn man darauf hinweist, dass die bestehende Lage für dieses potentiell reiche Land absolut anormal ist.

Die Koalition „Zusammen für den Wechsel“ setzt sich aus zwei großen Gruppen, dem PRO und der Radikalen Partei, und einer geringeren, der „bürgerlichen Koalition“, zusammen. PRO ist im Wesen eine liberale Partei, die UCR hingegen eine sozialdemokratische, mit viel Staat. Die Radikalen müssen mit ihrer Vergangenheit fertig werden, die von Verstaatlichungen und einem irrationalen Interventionismus geprägt ist. Schon 2015 haben viele Radikale bei der Koalition nicht mitgemacht. Und Ricardo Alfonsín, Sohn des ehemaligen Präsidenten, wurde von Alberto Fernández zum Botschafter in Spanien ernannt. Wo steht er?


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