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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Politik auf den Straßen

Von Juan E. Alemann

Politische Kundgebungen auf den Straßen oder öffentlichen Plätzen gab es immer schon. In Argentinien sei an den 25. Mai 1810 erinnert, wobei sich damals allerdings nur wenige Menschen vor dem Parlamentsgebäude, dem “Cabildo”, versammelten. Eine große Menschenmenge trat zum ersten Mal am 17. Oktober 1945 auf der Plaza de Mayo auf, um Perón zu unterstützen. Doch die Massenkundgebungen am Obelisk, der Plaza de Mayo und vor dem Kongress, traten erst mit der tiefen Krise von 2001/2 auf. Und in letzter Zeit haben sie sich vermehrt, sind besser organisiert und wirken lange Zeit störend auf den Verkehr und die normale Tätigkeit der Bevölkerung.

Halten wir zunächst fest, dass all diese Kundgebungen verfassungswidrig sind. Artikel 22 der Verfassung lautet: “Das Volk diskutiert und regiert nur über seine Vertreter und die durch diese Verfassung geschaffenen Behörden. Jegliche bewaffnete Streitkraft oder Gruppe von Personen, die die die Rechte des Volkes beansprucht, begeht das Verbrechen des Aufstandes.” Somit müssten zumindest die Anstifter oder diejenigen, die Massenkundgebungen organisiert haben oder bei diesem Anlass politische Reden halten, vor Gericht verklagt und dann verurteilt werden. Das ist jedoch nicht der Fall, und würde auch als totalitäres Vorgehen der Regierung empfunden.

Die großen Kundgebungen auf der “9 de Julio”, beim Obelisk oder besonders vor dem Sozialministerium, sind nicht spontan. Die Menschen, die sich dort versammeln, werden in Omnibussen hingebracht, oft erhalten sie auch Geld oder zumindest ein Sandwich und ein Getränk, und viele werden bedroht, ihre soziale Subvention zu verlieren, wenn sie nicht mitmachen. In einigen Extremfällen mussten sie sich dann an Ort melden, so dass ihre Präsenz kontrolliert wurde.

Diese widerrechtliche Methode, um Menschenmassen zusammen zu bringen, wird nicht nur von der Regierung passiv geduldet, sondern auch von Verwaltungsstrukturen des Staates befürwortet und finanziert. Denn das Geld, dass an über zwei Millionen Menschen monatlich gezahlt wird, angeblich damit sie überleben können, wird zum größten Teil über sogenannte soziale Organisationen verteilt, wie Movimiento Evita, Barrios de Pie, u.a. Mehrere Leiter dieser Gruppen bekleiden auch leitende Ämter im Staat, wo sie Zugang zu staatlichen Mitteln haben und Druck auf andere Beamte ausüben, damit sie öffentliche Mittel entwenden. Im Hintergrund stimmt auch Cristina zu, die annimmt, dass in diesen Massenkundgebungen auch die Zustimmung zu ihr und ihrer Partei zum Ausdruck kommt. Würde Cristina eine klare Anweisung an ihre Leute in der Regierung erteilen, diese Kundgebungen nicht mehr zu fördern und zu finanzieren, dann würden sie zusammenschrumpfen und an Bedeutung verlieren. Denn spontan machen nur wenige mit.

Für den Präsidenten sind diese Kundgebungen eine politische Kalamität, und zwar nicht nur, weil sie einen Protest gegen die Regierung darstellen, sondern weil sie zeigen, dass er nicht in der Lage ist, für Ordnung zu sorgen. Die Kundgebungen, besonders die letzte, mit Übernachtungen auf der Straße, vermitteln den Eindruck, dass es keine Regierung gibt.

Es ist für Präsident Alberto Fernández sehr einfach, dieser Erscheinung ein Ende zu setzen. Einmal muss er die hohen Beamten, die Gelder für Kundgebungen bereitgestellt haben, rausschmeißen. Dann muss er verfügen, dass nur der Staat die sozialen Mittel verteilt. Und dann müssen die Omnibusunternehmen, die die vielen Menschen von den Armenvierteln der Umgebung ins Stadtzentrum bringen, angewiesen werden, dies zu unterlassen. Der Staat verfügt dabei über Druckmittel. Wenn die Kundgebungen dann zusammenschrumpfen, sind sie für die Veranstalter nicht mehr interessant. Und dann hören sie auf.

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