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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

"Pluszeichen" ohne Euphorie

Was folgt auf Putins und Bidens Treffen?

Moskau/Washington/Genf (dpa) - Nach dem Gipfeltreffen zwischen dem russischen Staatschef Wladimir Putin und US-Präsident Joe Biden richtet sich der Blick auf die Umsetzung der vereinbarten Zusammenarbeit. Die US-Seite betonte, in den kommenden Monaten müsse sich zeigen, ob konkrete Fortschritte mit Moskau möglich seien. Ein erstes Treffen zu den geplanten Gesprächen zur Rüstungskontrolle werde wohl schon in den kommenden Wochen in Angriff genommen, sagte Russlands Vize-Außenminister Sergej Rjabkow der Zeitung "Kommersant". Die Regierungen in Moskau und Washington stellten in Aussicht, dass ihre Botschafter in Kürze ins jeweils andere Land zurückkehren. Das russische Außenministerium kündigte die Rückkehr seines Botschafters nach Washington bereits für die nächsten Tage an.

Angesichts der dramatisch schlechten Beziehungen war der Gipfel am Mittwoch im schweizerischen Genf mit Spannung erwartet worden. Der durchaus als historisch verstandene Handschlag der beiden Präsidenten zierte in Russland und den USA am Tag danach viele Titelseiten. Putin und Biden hatten sich in der Villa La Grange am Genfersee unter anderem auf die Rückkehr ihrer Botschafter nach Moskau und Washington geeinigt, die im Frühjahr im Zuge wachsender Spannungen zwischen beiden Ländern ihre Posten vorübergehend verlassen hatten.

Also nun Erleichterung, Entspannung, gar Euphorie? Wohl kaum. Eher die Hoffnung auf weitere Annäherung - oder zumindest ein "Hauch" davon, wie es Putin selbst nach dem Treffen ausgedrückt hatte. Kremlsprecher Dmitri Peskow lobte den Gipfel später zwar als Treffen "mit Pluszeichen" - betonte aber gleichzeitig, dass es weiter Differenzen gebe. Uneinigkeit zwischen den beiden Staaten herrsche etwa bei Belarus oder der Rolle der Nato, erklärte Peskow. "Wir haben von Anfang an vor überzogenen Erwartungen (...) gewarnt."

Die US-Amerikaner wünschen sich konkrete Reaktionen der Russen. Ein US-Regierungsbeamter sagte nach dem Gipfel, man werde zum Beispiel genau beobachten, ob Moskau gegen die Urheber des jüngsten Hackerangriffs auf die größte Benzin-Pipeline in den USA vorgehe. Biden selbst hatte in Genf betont, dass nun entscheidend sei, was sich in den kommenden sechs bis zwölf Monaten aus den vereinbarten Gesprächen ergebe. Der US-Regierungsbeamte betonte, dass es einige Zeit dauern werde, um zu sehen, ob das auf Bidens Initiative zustande gekommene Treffen auch tatsächlich zu handfesten Ergebnissen führe. "Das ist etwas anderes, als einen Lichtschalter umzulegen."

Eher zurückhaltend fielen auch die Analysen vieler Kommentatoren aus. Dass die beiden Präsidenten sich gemeinsam hingesetzt und die Vielzahl an Problemen angesprochen hatten - gut. Ein Durchbruch? Nein. Viele Reizthemen blieben weiter auf der Tagesordnung, sagte etwa die russische Politologin Lilija Schewzowa dem Radiosender Echo Moskwy. Die Politologin Tatjana Stanowaja schrieb bei Telegram: "Wichtig ist bei dem Gipfel zu verstehen, dass dies kein Sprint, sondern ein Marathon ist." Auch Kommentatoren amerikanischer Denkfabriken betonten, die eigentliche Arbeit stehe noch bevor.

Immerhin vereinbarten beide Seiten neben der Rückkehr ihrer Botschafter und den Gesprächen über Rüstungskontrolle auch Beratungen über einen möglichen Austausch von Gefangenen und über Cybersicherheit. Der Kreml bestätigte am Donnerstag, dass Biden der russischen Seite eine Liste mit 16 Bereichen kritischer US-Infrastruktur übergeben habe, auf die keine Hackerangriffe verübt werden dürften. Dazu zählen laut US-Regierung unter anderem der Lebensmittelsektor, Finanzdienstleistungen sowie die Kernkraft.

Auf wenig Dialogbereitschaft bei Putin schien Biden hingegen in Sachen Menschenrechte gestoßen zu sein. Dass Putin anschließend etwa die Inhaftierung seines Gegners Alexej Nawalny verteidigte, rief bei russischen Oppositionellen Empörung hervor. Putin argumentierte, Nawalny habe im vergangenen Jahr bewusst Meldepflichten der russischen Justiz ignoriert, als er sich nach einem Giftanschlag in Deutschland behandeln ließ.

 

Neuanfang beim Nato-Gipfel

Brüssel (dpa/mc) - Nach schwierigen Jahren schließt die Nato wieder die Reihen und nimmt neben Russland erstmals auch China als strategischen Rivalen ins Visier. Bei ihrem Gipfel äußerten die 30 Mitgliedsstaaten am Montag unter anderem Sorge über Chinas schnelle atomare Aufrüstung, aber auch über koordinierte politische Aktionen Moskaus und Pekings. Wichtig sei deshalb eine enge politische Abstimmung, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie unterstützte das geplante neue Nato-Strategiekonzept. Den Gipfel nannte sie einen Neuanfang.

Denn anders als sein Vorgänger Donald Trump bekannte sich der neue US-Präsident Joe Biden in Brüssel ausdrücklich zur Allianz und zur Beistandspflicht der USA für Europa. Das sei für die USA eine "heilige Pflicht", sagte Biden in Brüssel. "Ich will ganz Europa wissen lassen, dass die Vereinigten Staaten da sind." Damit soll der teils bittere Streit der Trump-Jahre der Vergangenheit angehören. Am Folgetag umschmeichelte Biden die Europäische Union als "natürlichen Partner".

 

Steinmeier in Polen

Steinmeier - Duda
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l) und der polnische Präsident Andrzej Duda. (Foto: dpa)

Warschau (dpa) - Deutschland und Polen wollen ihre Beziehungen trotz bestehender Unstimmigkeiten weiter vertiefen. Die deutsch-polnische Nachbarschaft gehöre "zu den großen europäischen Erfolgsgeschichten der vergangenen 30 Jahre", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gestern nach Beratungen mit seinem polnischen Amtskollegen Andrzej Duda in Warschau genau 30 Jahre nach der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages. Duda betonte: "Wir sind heute als Ergebnis dieser 30 Jahre miteinander verflochten - im positivsten Sinne dieses Wortes."

Duda sagte, die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschland müsse weiterhin eine gemeinsame, beständige Aufgabe sein. Nötig seien dafür aber auch konkrete Handlungen. Er verlangte die Eröffnung des in Berlin geplanten Gedenkorts für polnische NS-Opfer bis spätestens 2024. "Ich möchte gerne, dass wir gemeinsam (...) so ein Denkmal nicht später als 2024 enthüllen, zum 85. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs." Steinmeier sagte dazu, es werde ein Gedenkort im Herzen der Stadt werden.

Ende Oktober hatte sich der Bundestag dafür ausgesprochen, dass es neben dem geplanten Dokumentationszentrum zur Erinnerung an die NS-Besatzungspolitik in Europa einen eigenen Gedenkort für polnische Opfer gibt. Über den genauen Standort gibt es noch Diskussionen. Der deutsche Überfall auf Polen 1939 war der Beginn des Zweiten Weltkriegs mit mindestens 55 Millionen Toten. Allein in Polen kamen demnach bis zu 6 Millionen Menschen ums Leben.

Duda beklagte eine "Asymmetrie" beim Umgang mit der deutschen Minderheit in Polen und polnischstämmigen Menschen in Deutschland. Aus polnischer Sicht sei es nicht richtig, dass diese Gruppe, die rund zwei Millionen Menschen umfasse, in Deutschland nicht den Status einer Minderheit habe.


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