Von Juan E. Alemann
Néstor Kirchner hat seine politische Karriere als Kandidat der justizialistischen Partei gemacht, die Juan Domingo Perón gegründet hat, die im Volksmund “Peronismus” benannt wird, wobei dieser Begriff sich eher auf die große Anzahl von Menschen bezieht, die heute noch für Perón und seine Grundidee der sozialen Gerechtigkeit einstehen. Doch der Kirchnerismus zeigte sich bald als etwas anderes als der Peronismus.
Der Peronismus war in seinem Ursprung eine Gewerkschaftspartei. Der Aufmarsch auf der Plaza de Mayo vom 17. Oktober 1945 wurde von den Gewerkschaften organisiert, die den Platz füllten und bis zum späten Abend dort verharrten, bis Perón am Balkon des Regierungsgebäudes erschien und sprach. Er begriff in diesem Moment, dass er Präsident werden würde. Perón, der am Putsch vom 4. Juni 1943 maßgeblich beteiligt war, wurde Vizepräsident und gleichzeitig Direktor des Arbeitsamtes. Er gab den Gewerkschaften die Zwangseinbehaltung der Gewerkschaftsbeiträge durch die Unternehmen. Das machte die Gewerkschaften reich und mächtig. Und das schuf eine feste Loyalität. Denn vorher zahlten die meisten Arbeiter den Beitrag nicht.
Ideologisch stand Perón Mussolini nahe, den er offen bewunderte. Er teilte sein korporatives Konzept, bei dem sich die Gewerkschaften mit den Unternehmerverbänden einigen sollten. Doch als er 1973 seine dritte Regierung antrat, neigte er zu einer Wirtschaft nach damaligen europäischem Vorbild. Einige Monate vor seinem Tod sprach im Theater Cervantes vor Unternehmern und setzte sich dabei für eine totale Privatisierung der Staatsunternehmen ein. Der Perón seiner letzten Tage dachte ganz anders als der der ersten, war aber zu alt und krank, um sein neues Konzept durchsetzten zu können. Das tat Menem viele Jahre später.
In seinem Exil in Madrid pflegte er Beziehungen zu Gewerkschaftern, Unternehmern, und auch zu den Montonero-Terroristen, die er unterstütze, weil sie die damalige Militärregierung schwächten und seiner Rückkehr zur Macht verhalfen. Als er dann Präsident wurde, bot er dem Montonero-Chef Mario Firmenich an, das Wohlstandsministerium mit seinen Leuten zu besetzen. Er wollte, dass diese Terroristen auf die Politik ohne Gewalt übergingen. Doch Firmenich lehnte ab, und kurz danach ermordeten seine Leute den perontreuen CGT-Leiter Rucci. Das war eine Kriegserklärung, auf die Perón mit der Bildung der Triple A antwortete, eine Mördergruppe, die über 500 Terroristen und linke Politiker umbrachte.
Hier spaltete sich der Peronismus: Gewerkschafter und gemäßigte Politiker, die den Peronismus als eine Art kreolischer Sozialdemokratie, mit einer “normalen” Korruption, auffassten, auf der einen Seite und linke revolutionäre Jugend auf der anderen. Als Perón zum letzten Mal vom Regierungsgebäude aus sprach, beschimpften diese Jugendlichen ihn schreiend, was Perón empörte. Dann verließen die Störer die Plaza die Mayo. Unter diesen befanden sich auch Néstor Kirchner und Cristina Fernández, damals noch nicht verheiratet.
Die Kirchners haben dem Peronismus ein ganz anderes Antlitz gegeben, mit mehr Staat, Rückverstaatlichungen privatisierter Unternehmen, Konzentrierung der Sozialpolitik auf Schwarzarbeiter und arme Familien allgemein, grundsätzlich auf der Grundlage von viel Geld, das sie sich durch eine gigantische Korruption beschafften. Unter Perón hingegen blieb die Korruption in Grenzen. Er hatte selbst kein persönliches Vermögen und war in Madrid auf die finanzielle Hilfe der Gewerkschaften u.a .angewiesen. Der Kirchnerismus hat mit dem Peronismus sehr wenig gemein. Wie weit traditionelle Peronisten jetzt bereit sind, sich für die Megakorruption der Kirchners einzusetzen ist fraglich.
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