Von Juan E. Alemann
Ab 1. Dezember wurden Pensionen („jubilaciones“), Hinterbliebenenrenten (“pensiones“) , Gnadenrenten („pensiones graciables“) u.a. soziale Leistungen der ANSeS um 15,62% erhöht, was sich aus der gesetzlichen Formel ergibt, die im Prinzip die Inflation mit Verzug zum Ausdruck bringt. Die nächste Erhöhung erfolgt im Februar 2023. In einem Jahr zum Dezember 2022 steigen die Pensionen somit um 72,5%, was bei einer Inflation, die für dieses Jahr um die 100% liegen wird, eine reale Abnahme von etwa 14% bedeutet. Die Pensionen sind schon in den Vorjahren real zurückgegangen, was bei den niedrigen Pensionen durch feste Beträge zum Teil ausglichen wurde. Die Differenz zwischen Mindestpension und Höchstpension hat sich dabei verringert.
Für die Staatsfinanzen ist eine zunehmende Inflation von Vorteil, weil der Betrag der Pensionen dabei real (in konstanter Währung oder in Prozenten des Bruttoinlandsproduktes) abnimmt. Doch dies ergibt sich nur bei steigender Inflation, während bei Stabilisierung, also abnehmenden monatlichen Inflationsraten, die Last der Pensionen und der anderen sozialen Zahlungen der ANSeS real zunimmt. Und das stellt ein Problem dar, für das die Regierung schon heute eine Lösung suchen sollte.
Der wesentliche Punkt besteht darin, dass das Pensionierunssystem unter der Regierung von Cristina Kirchner zum Teil in eine allgemeine Altersversicherung umgewandelt wurde. Personen, die das Pensionierungsalter erreicht hatten (65, bzw. 60 Jahre), aber keine 30 Beitragsjahre ausweisen konnten, konnten in Pension gehen, wobei die geschuldeten Beiträge in Raten von der Pension abgezogen wurden. Auf alle Fälle war es ein Geschenk, weil die Schulden nicht inflationsberichtigt wurden. Das System wurde auch von der Macri-Regierung fortgesetzt, mit dem Zusatz, dass Personen von 70 und mehr Jahren eine Pension von 80% der Mindestpension beanspruchen konnten, auch wenn sie nie Beiträge zum System gezahlt hatten. Das hat heute wegen der hohen und stark gestiegene Zahl der Schwarzarbeiter eine besondere Bedeutung. Schließlich handelt es sich auch um Menschen, für die im Alter gesorgt werden muss. Das Endergebnis all dieser Sonderpensionierungen ist, dass die Zahl der Pensionäre und Rentner um über 3 Mio. auf über 7 Mio. gestiegen ist. Und das wiederum führt dazu, dass Pensionen und Renten real kaum erhöht werden können.
Über 95% der Personen, die das Pensionierungsalter überschritten haben, erhalten jetzt eine Pension oder eine Hinterbliebenenrente, während es vor diesen Moratorien keine 65% waren. Vom sozialen Standpunkt ist dies in Ordnung, aber es belastet die Staatsfinanzen sehr stark. Hinzu kommt noch die Wirkung der Alterung der Bevölkerung. Die Menschen leben in Argentinien viel länger, und das bedeutet eine überproportionale Zunahme der Pensionäre und Hinterbliebenenrentner. Die Zeiten, in denen die Beiträge von Unternehmen und Arbeitnehmern die Pensionen und Hinterbliebenenrenten voll deckten, sind lange vorbei. Heute decken sie nicht einmal die Hälfte.
Die Mindestpension wurde jetzt auf $ 50.116 festgesetzt, gegen $ 43.353 im November, und $ 29.062 im Dezember 2021. Hinzu kommt für drei Monate (Dezember 2022, Januar und Februar 2023) ein Bonus von $ 10.000. Im Vorjahr betrug der Bonus $ 8.000. Wenn man im Vorjahr und in diesem Jahr den Bonus hinzurechnet, ergibt sich ein realer Verlust.
Die Höchstpension liegt jetzt bei $ 337.289, gegen bisher $ 291.722. Diese Obergrenze gilt jedoch für viele Sondersysteme nicht, wie die der Diplomaten und Richter. Die Zahl der Sondersysteme ist sehr hoch. Sie gilt auch nicht, wenn zur Pension eine Rente hinzukommt. Der irritierende Extremfall ist der von Cristina Kirchner. Sie bezieht einmal ein Gehalt als Vizepräsidentin, dann eine Pension als ehemalige Präsidentin und dann noch eine Pension als Witwe eines Präsidenten, alles zusammen macht $ 6 Mio. monatlich aus, von denen zudem zwei Drittel steuerfrei sind. Wie weit dies formell in Ordnung ist, seit dahingestellt. Aber ethisch ist es gewiss nicht in Ordnung, umso mehr als Cristina ein hohes Vermögen hat, weiß und auch schwarz, und dieses Geld gewiss nicht braucht. Sie sollte zumindest einen Teil in eine Wohltätigkeitsstiftung einzahlen.
Es wird stets darauf hingewiesen, dass die allermeisten Pensionäre und Hinterbliebenenrentner nicht von ihrer Pension leben können, von der Mindestpension schon gar nicht, auch von einer doppelt so hohen nicht. Doch man muss das Thema anders betrachten. In vielen Fällen bezieht eine Familie zwei Pensionen des Ehepaares. Oft wohnen Pensionäre auch bei ihren Kindern, und befassen sich dabei mit ihren Enkelkindern, da die Eltern arbeiten und tagsüber abwesend sind. In vielen Fällen arbeiten sie auch, was früher (im Abhängigkeitsverhältnis) verboten, aber unter der Menem Regierung erlaubt wurde. Im Grunde wurde hier die Lage vieler Pensionäre weißgewaschen, die vorher schwarz arbeiteten. In vielen Unternehmen verbleiben Arbeitnehmer, die in Pension gehen, mit einem neuen Arbeitsvertrag in der Firma, meistens mit weniger Arbeitsstunden und niedrigerem Lohn.
Der phänomenale Fortschritt der Medizin, die bessere ärztliche Betreuung und auch eine gesündere Lebensart haben dazu geführt, dass ältere Menschen arbeitsfähig sind. Es wird viel weniger geraucht, die Ernährung ist gesünder, und die Menschen erhalten sich dank mehr Aktivität besser. All das führt dazu, dass die meisten Pensionäre in der Lage sind, zu arbeiten, oft fast wie jüngere Menschen. Das war noch vor 50 Jahren nicht so.
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