Gesetzespläne und Razzien gegen islamistischen Terror
Graz/Wien (dpa) - Österreichs konservativ-grüne Regierung hat gut eine Woche nach dem islamistischen Terroranschlag von Wien umfangreiche Gesetzespläne zum Kampf gegen den Terrorismus vorgestellt. Im Umgang mit Menschen, die der Verfassungsschutz als Gefährder einstuft, soll der Staat deutlich härtere Mittel bekommen. Bundeskanzler Sebastian Kurz verkündete am Mittwoch ein Paket an Maßnahmen. Dazu gehört ein neuer Straftatbestand „politischer Islam“. Ein Imam-Verzeichnis soll mehr Handhabe gegen extremistische Ideologie bieten.
Den Anschlag Anfang November hatte ein 20-jähriger Österreicher mit nordmazedonischem Zweitpass verübt, der wegen einer versuchten Ausreise zur Terrormiliz IS vorbestraft und auf Bewährung frei war.
Nach Willen der Regierung sollen Terrorismus-Vorbestrafte nach Ende ihrer Haftstrafe in den sogenannten Maßnahmenvollzug wie bislang etwa psychisch kranke oder gefährliche Täter kommen - außer, sie haben sich glaubwürdig von radikalen Ideen gelöst. Kurz sagte: „Wenn ein geistig abnormer Rechtsbrecher ein Leben lang weggesperrt werden kann, weil er eine Gefahr ist, dann kann auch ein Terrorist, der eine Gefahr darstellt, ein Leben lang weggesperrt werden.“
Für aus der Haft entlassene Gefährder sollen Fußfesseln oder elektronische Armbänder verpflichtend werden. Viele seien „tickende Zeitbomben“, so Kurz. Außerdem soll nach einer Verurteilung der Entzug von staatlichen Leistungen, des Führerscheins und des österreichischen Passes bei Doppelstaatsbürgern ermöglicht werden. Die Entwürfe der neuen Gesetze sollen bis Dezember ausgearbeitet werden.
Anfang der Woche haben österreichische Ermittler bei einem langgeplanten Schlag gegen die islamistische Szene Dutzende Wohnungen und Vereinsräume durchsucht. Die Razzien am Montagmorgen gegen Personen und Vereine, die die Muslimbruderschaft und die Palästinenserorganisation Hamas unterstützen sollen, stünden nicht im Zusammenhang mit dem islamistischen Terroranschlag in Wien, teilte die Staatsanwaltschaft Graz mit.
Die Ermittlungen gegen mehr als 70 Beschuldigte sowie mehrere Vereine liefen demnach bereits seit über einem Jahr. Hunderte Einsatzkräfte durchsuchten mehr als 60 Wohnungen, Geschäfts- und Vereinsräume in Wien sowie der Steiermark, Kärnten und Niederösterreich. 30 Menschen sollten vernommen werden. Ermittelt wird unter anderem wegen Verdachts der terroristischen Vereinigung, der Terrorismusfinanzierung und der Geldwäsche.
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