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Neue Debatte um Embryonenforschung

Deutsche Wissenschaftsakademie fordert mehr Spielraum

Embryonen
Experimente mit frühen Embryonen (hier in einem chinesischen Labor) sind für Forscher in Deutschland derzeit nicht möglich. (Foto: dpa)

Halle/Chicago (dpa/wvg) - Das Verbot der Forschung an frühen Embryonen außerhalb des menschlichen Körpers sollte in Deutschland aus Sicht der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina fallen. Im Einklang mit internationalen Standards sollten Wissenschaftler hochrangige Forschungsziele verfolgen können, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme der Leopoldina und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.

Ebenfalls am Mittwoch sprach sich die Internationale Gesellschaft für Stammzellforschung (ISSCR) dafür aus, aus menschlichen Stammzellen hergestellte Embryonen künftig länger als die bisher maximal gängigen 14 Tage im Labor züchten zu dürfen. Demnach sollen Forscher Embryonenmodelle so lange im Labor kultivieren dürfen, wie es dem jeweiligen Forschungszweck dient - allerdings nach individueller Prüfung.

In der letzten Version der internationalen Leitlinie von 2016 galt das Überschreiten der 14-Tage-Regel als „unzulässige Forschungsaktivität“ („prohibited activities“). Seitdem habe die Forschung große Fortschritte erzielt - sowohl bei der Kultivierung menschlicher Embryonen als auch etwa bei der Schaffung von Embryonen aus Stammzellen, begründet die elfköpfige Arbeitsgruppe die Neuauflage der Leitlinie im Fachblatt „Stem Cell Reports“.

Die Autoren kommen aus den USA, Kanada, Großbritannien, Österreich, Japan und China. „Das Komitee erkennt zwar an, dass die Kultivierung eines menschlichen Embryos über 14 Tage hinaus in vielen Rechtssystemen durch Gesetze oder Regeln untersagt ist, glaubt aber, dass in diesem Bereich ein pauschales Verbot wichtige Forschungsausrichtungen behindern könnte“, schreibt die Gruppe.

Jedes Forschungsprojekt sollte individuell nach wissenschaftlichen und ethischen Gesichtspunkten begutachtet und bewertet werden. Dabei geht es insbesondere um den Grad der Integration eines Embryonenmodells - also ob es alle zur weiteren Reifung erforderlichen Merkmale herausbildet oder nicht. Demnach soll etwa der Transfer eines Embryos in die Gebärmutter eines Menschen oder Tieres weiterhin verboten bleiben.

Dass die Leopoldina-Stellungnahme am gleichen Tag veröffentlicht wurde wie die neue ISSCR-Leitlinie, ist wohl kein Zufall. Das 1990 verabschiedete deutsche Embryonenschutzgesetz (ESchG) erlaube zwar die Erzeugung menschlicher Embryonen in vitro zum Zweck der Fortpflanzung, heißt es in der Stellungnahme. Es verbiete aber jegliche Forschung an ihnen. In Ländern wie etwa Israel, Dänemark, Schweden, Großbritannien, den USA und Japan dagegen sei die Forschung an frühen menschlichen Embryonen, die nicht mehr für die Fortpflanzung benötigt werden, in engen Grenzen erlaubt.

Überzählige Embryonen, die im Rahmen von Kinderwunschbehandlungen entstanden sind, aber nicht mehr benötigt würden, sollten für die Wissenschaft genutzt werden dürfen. Ein eigens geschaffenes Gremium soll die jeweiligen Forschungsprojekte und ihre Ziele überprüfen.

Die Stellungnahme betont, nach internationaler wissenschaftlicher Auffassung gebe es eine Reihe wichtiger Fragen, die wissenschaftlich nur mithilfe der Embryonenforschung bearbeitet werden können. Dazu gehöre etwa die Behandlung von Volkskrankheiten wie Diabetes, Arthrose, Herzinfarkt oder Schlaganfall mithilfe von Stammzelllinien. Zudem gehe es etwa um die die Klärung der frühen Entwicklungsbiologie des Menschen und die Verbesserung der Fortpflanzungsmedizin.

Die Embryonenforschung sorgt seit Jahrzehnten für intensive Debatten. Dabei spielen Forschungsinteressen ebenso eine Rolle wie ethische und rechtliche Überlegungen.

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