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Netanjahu in Nöten

Knapper Wahlausgang in Israel

Netanjahu
Israels Premier Benjamin Netanjahu. (Foto: dpa)

Jerusalem (dpa) - Benjamin Netanjahu war Berichten zufolge schon auf dem Weg zu einer Rede vor Anhängern - als er abrupt stoppte. Grund war demnach eine neue Prognose, nach der eine Wiederwahl des Regierungschefs in weitere Ferne rückte. Der 71-Jährige verschob seinen Auftritt und sah letztlich von einer klassischen Siegesrede ab.

Netanjahus Chancen auf eine weitere Amtszeit schwanden zuletzt immer mehr - trotz rasanter Corona-Impfkampagne, auf die der 71-Jährige im Wahlkampf so sehr setzte. Es wurde am Mittwoch klar: Das Land bleibt nach der Wahl, die einem Referendum über den in einem Korruptionsprozess angeklagten Netanjahu gleich kam, tief gespalten. Ein Ausweg aus dem Patt, der politischen Krise ist vorerst nicht in Sicht. Seit 2019 ist etwa kein Haushalt mehr verabschiedet worden.

Nach dem vorläufigen Ergebnis von gestern Abend bleibt der rechtskonservative Likud von Netanjahu zwar stärkste Kraft. Für sein angestrebtes Bündnis aus rechten und religiösen Parteien reicht es jedoch nicht zu einer Mehrheit im Parlament, der Knesset. Er ist auf weitere Unterstützung angewiesen, wie etwa durch seinen ultrarechten Rivalen Naftali Bennett von der Jamina-Partei - auch wenn dieser bislang die Ablösung Netanjahus als Ziel ausgegeben hat. Netanjahus Problem ist, dass die Bildung einer stramm rechten Regierung bei der neuen, liberalen Regierung in den USA nicht gut ankommen dürfte.

Profitieren könnte der 71-Jährige davon, dass er in einer Kehrtwende zu seiner bisherigen Politik im Wahlkampf die arabischen Israelis umgarnte. Denn zum Zünglein an der Waage könnte die junge Raam-Partei werden. Sie scheint den Einzug in die Knesset mit fünf Mandaten zu schaffen. Eine Koalition, in der sowohl Raam als auch die radikal-rechte religiös-zionistische Partei sitzen, wäre allerdings äußerst problematisch. Zu diesen gehören Anhänger des ermordeten, extremistischen Rabbi Meir Kahane, der gegen Palästinenser gehetzt und eine jüdische Theokratie gefordert hatte. In den 1980er Jahren war dessen Kach-Partei verboten worden.

Gestern erteilte Bezalel Smotrich, der Vorsitzende der ultrarechten Partei Tkuma, der Bildung einer Koalition unter Einbindung oder Duldung einer arabischen Partei eine Absage, was Netanjahus Regierungsbildung weiter erschwert.

Im Anti-Netanjahu-Block gibt es ähnliche Schwierigkeiten. Der Zweitplatzierte der Wahl, der bisherige Oppositionsführer Jair Lapid von der Zukunftspartei (18 Mandate), müsste ebenfalls versuchen, Bennett auf seine Seite zu ziehen. Doch dessen siedlerfreundliche Jamina hat unter anderem Differenzen mit den Parteien der arabischen Israelis, die Lapid ebenfalls ins Boot holen müsste. Eine Koalition mit Netanjahu lehnt Lapid bislang ab.

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