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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Nervosität am Devisenmarkt

Von Juan Alemann

Für die Regierung ist es besonders wichtig, dass der Wechselkurs mindestens bis zu den Oktoberwahlen wenig schwankt, auf alle Fälle nicht davonspringt. Das wirkt beruhigend, trägt auch wesentlich zu niedrigen internen Inflationsraten bei, und treibt die Konjunktur an. Es ist jedoch nicht einfach, den Wechselkurs in Grenzen zu halten, nachdem er in diesem Jahr stark hinter der internen Inflation zurückgeblieben ist und dabei immer mehr als “zu niedrig” empfunden wird. Der Präsidentschaftskandidat Alberto Fernández äußerte sich auch in diesem Sinn und sagte, der Terminkurs per Ende Jahr liege um 25% über dem Barkurs, was ein deutliches Abwertungssignal sei. Er fügte hinzu, wenn die Regierung den Kurs jetzt künstlich niedrig halte, dann komme es nach den Oktoberwahlen oder spätestens nach dem 10. Dezember zu einem großen Abwertungssprung. Diese Aussicht, die viele teilen, führt zur selbsterfüllenden Prophezeiung: denn dann gehen die Sparer massiv vom Peso auf den Dollar über, und diesem Druck auf den Devisenmarkt könnte die ZB kaum widerstehen.

Allein, dieser apokalyptischen Aussicht kann man Fakten entgegenstellen, die sie entschärfen. Halten wir zunächst fest, dass die ZB über u$s 20 Mrd. ihrer Devisenreserven verfügen kann, um sie auf dem Markt einzusetzen. Hinzu kommt noch die Möglichkeit von Terminverkäufen, wobei mit dem IWF eine Grenze von u$s 6 Mrd. vereinbart wurde. Bis zur Vorwoche hatte die ZB auf dem Terminmarkt jedoch Devisen gekauft (angeblich für u$s 3 Mrd.), um zu verhindern, dass der Tageskurs weiter sinkt. Bei einem Terminverkauf verlegen diejenigen, die dabei als Käufer auftreten, einen jetzigen Kauf auf einen späteren, was den Markt zunächst entlastet. Die Intervention der ZB auf dem Devisenmarkt ist dazu bestimmt, größere Kursschwankungen zu vermeiden, nach oben und auch nach unten. Somit hat die ZB letzte Woche zunächst auf dem Terminmarkt mit Verkäufen die vorangehenden Käufe ausgeglichen. Bis zur Obergrenze von u$s 6 Mrd. fehlt noch viel.

Darüber hinaus hat das Schatzamt die Möglichkeit, Schatzscheine (Letes) in Dollar unterzubringen. Da die Mittel dann für Deckung von Pesoausgaben eingesetzt werden, werden diese Dollar am Markt verkauft. Im gleichen Sinn wirken auch die zahlreichen Kreditaufnahmen und Unterbringungen von Obligationen auf dem internationalen Finanzmarkt, die Privatunternehmen und auch die staatlich kontrollierte YPF in letzter Zeit vollzogen haben, zu denen weitere hinzukommen, die vorgesehen sind.

Grundsätzlich sollte man nicht vergessen, dass die Leistungsbilanz im zweiten Halbjahr 2019 stark positiv sein wird. Von der Rekordernte wurde im ersten Halbjahr sehr wenig exportiert, so dass sehr hohe Lieferungen im zweiten zu erwarten sind. Die Landwirte brauchen die Mittel, um die Ausgaben für die kommende Ernte und allerlei Investitionen zu bestreiten. Hinzu kommen hohe Exporte von Rindfleisch und Gas, sowie auch höhere als im Vorjahr bei Schweinefleisch und vielen anderen Produkten, sowie bei Informatik-Software. Und auf der anderen Seite bleiben die Importe begrenzt.

Es wird auch auf die Gefahr hingewiesen, dass Bankdepositen massiv auf Dollarkäufe übergehen. Die Banken haben insgesamt $ 600 Mrd. in Spardepositen und $ 1.616 Mrd. in Fristdepositen, was zusammen $ 2.216 Mrd. ausmacht, was umgerechnet fast u$s 50 Mrd. ergibt. Um zu vermeiden, dass diese Anlagen auf Dollar übergehen, müssen die Zinsen hoch bleiben und die Inflation niedrig sein. Alberto Fernández sagte letzte Woche, dass er die Leliq-Zinsen nicht zahlen werde (um mit diesem Geld Gratis-Medikamente für die Rentner zu finanzieren). Das ist am Markt so schlecht angekommen, dass er sofort einen Rückzieher machen musste, und sagte, er werde keine Leliq mehr zu hohen Zinsen unterbringen. Wie er das Problem löst, dass sich dabei stellt, sagte er nicht. Wenn man die Leliq einfach nicht erneuert, dann entsteht eine kolossale Geldschöpfung, die die Inflation in die Höhe treibt.

Die Regierung hätte auch die Möglichkeit, die Anlage von Dollar bei lokalen Banken zu fördern. In diesem Sinn müsste den Banken erlaubt werden, Dollarkredite für interne Kredite, auch Hypothekarkredite, zu erteilen, was gegenwärtig verboten ist. Bei diesen Dollarkrediten verkaufen die Unternehmen die Dollar dann, da sie im Wesen Pesoausgaben decken müssen. Die Banken würden dann auf Dollardepositen höhere Zinsen zahlen, was sie für die Sparer anziehend macht, wobei dabei bestimmt auch versteckte Dollarscheine bei Banken deponiert würden. Man sollte nicht vergessen, dass die lokalen Guthaben in Dollarscheinen von der Federal Reserve der USA vor einigen Jahren auf etwa u$s 50 Mrd. geschätzt wurden, so dass es heute viel mehr sein dürften. Ein großer Teil der normalen Liquidität wird in Argentinien in Dollar gehalten. Das gehört zum bimonetären System, das auch die Regierung im ihrem Wesen nicht versteht.

Die Wirtschaftsführung und die der ZB müssten alle Möglichkeiten erwägen, die sie direkt oder indirekt bei der Kurspflege einsetzen können, und dies dann auch erklären, um die Aussicht auf eine neue Krise am Devisenmarkt, wie die von Mitte 2018, zu entkräften, damit keine sich selbsterfüllende Prophezeiung eintritt, die die Wirkung einer erwarteten Krise vorverlegt.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Inflation begrenzt bleibt. Für Juli rechnen private Wirtschaftler mit einer Zunahme des Indices der Konsumentenpreise von ca. 2,2%, und in den folgenden Monaten sollte es noch weniger sein. Um dies zu erreichen, muss nicht nur der Wechselkurs in Grenzen schwanken und nicht davonspringen, sondern es darf auch keine Tariferhöhungen und auch keine spürbare Erhöhung des Benzinpreises geben. Und die Lohnerhöhungen müssen mäßig sein, auch wenn dabei ein Reallohnverlust hingenommen werden muss. Das Inflationsproblem muss nicht nur von der monetären Seite angegangen werden, sondern auch von der Kostenseite. Es bedarf einer bewussten Einkommenspolitik. Die Regierungsökonomen erteilen der monetären Politik eine viel größere Bedeutung, als sie in Argentinien hat. Eine restriktive monetäre Politik wirkt hier stark rezessiv, aber zunächst wenig stabilisierend. Die monetäre Politik, die ab Mitte 2018 eingeführt wurde, zeugt von dieser These. Merkwürdigerweise hat auch der Ökonom Guillermo Nielsen, der Alberto Fernández nahesteht (und als möglicher Wirtschaftsminister von ihm genannt wird) eine extrem monetaristische These vertreten, indem er gesagt hat, die Inflation sei schließlich nur ein monetäres Phänomen.

All das, was wir hier darstellen, sollte von den Regierungsökonomen eingehend studiert und dann in ein Dokument gekleidet werden, mit dem dem Pessimismus, der sich jetzt verbreitet, zu dem die argentinische Gesellschaft ohnehin neigt, entgegengewirkt wird.

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