Feier zur Einverleibung ukrainischer Gebiete soll heute stattfinden
Kiew (dpa) - Im Eiltempo will sich Moskau mehrere besetzte ukrainische Gebiete einverleiben. Im Großen Kremlpalast finde am Freitag eine Zeremonie zur Unterzeichnung von Abkommen über deren Beitritt in die Russische Föderation statt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow gestern laut Agentur Interfax. Zuvor hatte Moskau in den Regionen völkerrechtswidrige Scheinreferenden abgehalten. Zugleich versuchen die russischen Behörden, die Ausreise von Wehrpflichten nun stärker zu verhindern. Finnland schließt seine Grenze zu Russland weitgehend. Der Krieg und seine Folgen treiben Deutschland in die Rezession.
Neben Putin, der laut Peskow einen "voluminösen Auftritt" hinlegen werde, werden auch die Chefs der von Moskau in den Gebieten Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson eingesetzten Besatzungsverwaltungen zu der Zeremonie am heutigen Freitag anreisen. Geplant ist eine große Kundgebung im Zentrums Moskaus, die den angeblichen Rückhalt der Russen für Putins Politik demonstrieren soll. International werden weder die inszenierten Abstimmungen im Osten und Süden der Ukraine noch die Annexion der besetzten Gebiete anerkannt. 2014 hatte Moskau sich bereits die Schwarzmeer-Halbinsel Krim einverleibt. Zusammen mit der Krim stehen knapp 20 Prozent des ukrainischen Territoriums unter russischer Kontrolle.
Außenministerin Annalena Baerbock hat die Scheinreferenden in den russisch besetzten Gebieten der Ukraine scharf verurteilt. Die Menschen würden unter Drohungen und manchmal sogar mit vorgehaltener Waffe "aus ihren Wohnungen und von ihren Arbeitsplätzen geholt und gezwungen, ihre Stimme abzugeben und den Wahlzettel in eine gläserne Wahlurne zu stecken", kritisierte die Grünen-Politikerin am Donnerstag bei einer Konferenz des Beirats der Bundesregierung für Zivile Krisenprävention und Friedensförderung im Auswärtigen Amt in Berlin. "Dies ist das Gegenteil von freien und fairen Wahlen. Und dies ist das Gegenteil von Frieden. Es ist der diktierte Frieden, der Diktatfrieden", ergänzte sie.
Angesichts der Massenflucht von russischen Kriegsdienstverweigerern in das zentralasiatische Nachbarland Kasachstan wollen russische Behörden wehrpflichtige Männer jetzt an der Grenze herausfiltern. In den nächsten Tagen werde ein vorübergehendes Mobilisierungszentrum am Grenzübergang Karausek im russischen Gebiet Astrachan eröffnet, teilte die Gebietsverwaltung nach Angaben der Staatsagentur Tass am Donnerstag mit. An der Grenze habe sich eine kilometerlange Schlange aus Männern im wehrpflichtigen Alter gebildet, hieß es weiter. Am Grenzübergang würden die Pässe der Ausreisenden künftig mit den Einberufungslisten abgeglichen. Laut Behörden sind seit Ausrufung der russischen Teilmobilmachung von Reservisten fast 100.000 russische Staatsbürger nach Kasachstan eingereist.
Finnland schließt seine Grenze für russische Touristen. Deutlich verschärfte Visa-Regeln für Reisende aus Russland treten um Mitternacht in der Nacht zum Freitag in Kraft, wie der finnische Außenminister Pekka Haavisto am Donnerstag ankündigte. Die Ereignisse rund um die Lecks in den Nord-Stream-Gasleitungen in der Ostsee und die Scheinreferenden in der Ukraine hätten den Beschluss der Regierung beschleunigt, sagte Haavisto. Es handelt sich nach Angaben des finnischen Rundfunksenders Yle nicht um einen kompletten Einreisestopp. Ausnahmen sollen zum Beispiel für Besuche von engen Familienmitgliedern gelten.
Die Flucht Zehntausender russischer Männer wegen der Teilmobilmachung hat nach britischer Einschätzung zu einem enormen intellektuellen Aderlass für Russland geführt. "Unter denjenigen, die versuchen, Russland zu verlassen, sind die Bessergestellten und Gutausgebildeten überrepräsentiert", teilte das Verteidigungsministerium in London am Donnerstag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Wenn man auch die Einberufenen berücksichtige, dürften die binnenwirtschaftlichen Auswirkungen enorm sein, hieß es weiter. Die Behörde verwies auf die geringere Verfügbarkeit von Arbeitskräften und einen rasanten "Brain-Drain", also einem Verlust von Fachkräften etwa in den Technikbranchen.
Explosionen an Gas-Pipelines
Stockholm/Berlin (dpa) - Eine länderübergreifende Ermittlung soll Licht in die offenkundige Sabotage der Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee bringen. Drei von inzwischen vier entdeckten Lecks an den Gasröhren liegen in wenigen Kilometern Abstand zueinander, wie die schwedische Küstenwache gestern mitteilte. Aus Brüssel hieß es, die Lecks seien wohl eine gezielte Tat. "Alle derzeit verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass dies das Ergebnis vorsätzlicher, rücksichtsloser und unverantwortlicher Sabotageakte ist", hieß es in einem Statement des Nordatlantikrats der 30 Mitgliedstaaten. Ein möglicher Drahtzieher wurde nicht genannt.
Der Sicherheitsexperte Johannes Peters vermutet, dass die Schäden auf einen russischen Sabotageakt zurückgehen. "Das wirkt vordergründig natürlich etwas widersinnig, die eigenen Pipelines zu zerstören", sagte der Experte vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel. Es gebe aber durchaus gute Gründe dafür. Ein Grund sei sicherlich, ein "starkes Signal" an Europa zu senden, vor allem an Deutschland und Polen, dass man dasselbe auch mit Pipelines machen könnte, die für unsere Versorgungssicherheit deutlich wichtiger seien, etwa die Pipelines aus Norwegen.
Kremlchef Wladimir Putin bezeichnete die Pipeline-Lecks seinerseits als einen "Akt des internationalen Terrorismus".
Einheitsfeiern
Erfurt (dpa/mc) - Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) rechnet mit einem Besucheransturm zur zentralen deutschen Einheitsfeier, die in diesem Jahr von Thüringen ausgerichtet wird. Am 3. Oktober (Montag), dem Tag der Deutschen Einheit, und dem Wochenende davor würden in der Thüringer Landeshauptstadt etwa 120.000 Gäste aus der gesamten Bundesrepublik erwartet, sagte Ramelow in Erfurt.
Das Bundesland, das den Bundesratspräsidenten stellt wie Thüringen in diesem Jahr mit Ramelow, richtet traditionell die Feiern zum Tag der Deutschen Einheit aus. Wegen der Corona-Pandemie war das Fest in den vergangenen beiden Jahren eingeschränkt.
Zum Programm gehören neben einem mehrtägigen Bürgerfest und der Präsentation der 16 Bundesländer sowie aller Verfassungsorgane ein Staatsakt und ein Gottesdienst mit den Repräsentanten der Bundesrepublik.
Ramelow schloss Demonstrationen am Rand der Feiern nicht aus. "Zu demonstrieren ist ein Bürgerrecht", sagte der Linke-Politiker. Er erwarte aber, dass dabei die Regeln eingehalten würden und es friedlich zugehe. Plätze vor den Wohnungen oder Häusern von Politiker sollten bei Protestaktionen tabu sein. Dafür gebe es Plätze vor Staatskanzlei, Landtag oder Rathaus. "Wir gehen davon aus, dass es Demonstrationen geben wird", sagte Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD). "Das Versammlungsrecht gilt auch an diesem Tag."
Geplant sind 16 feste sowie elf temporäre Bühnen - vor allem am Domplatz, Petersberg und am Bahnhofsvorplatz. "Die Stadt wird millimetergenau verteilt sein", sagte Ramelow. Mehr als 30 Bands, Musiker und Chöre würden auftreten.
In Buenos Aires feiert die deutsche Gemeinschaft am Montag um 11 Uhr auf der Plaza Alemania den Tag der Deutschen Einheit.
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