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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Mit der Kleinarbeit genügt es nicht

Von Juan E. Alemann

Guzman
Wirtschaftsminister Martin Guzmán.

Wirtschaftsminister Martin Guzmán ist sich bewusst, dass die Geldschöpfung der letzten Monate nicht ewig weitergeführt werden kann. Es ist ohnehin schon ein kleines Wunder, dass diese gigantische Geldschöpfung die Inflation nicht viel stärker in die Höhe getrieben hat. Eigentlich ist in dieser Beziehung weltweit die klassische monetäre Theorie in Frage gestellt worden, die das Preisniveau in direkter Beziehung zur Geldmenge und der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes stellt. Trotz einer immensen Geldschöpfung liegt die Inflation sowohl in den Vereinigten Staaten wie in der Europäischen Union unter dem Ziel von 2% jährlich.

Das neue Phänomen hängt damit zusammen, dass im Wesen der pandemiebedingte Nachfrageausfall zum Teil ausgeglichen wurde, wobei der Saldo die Nachfrage geringer war als vorher, und dass die Haltung von Liquidität in Form von Bargeld und Bankdepositen wegen der unsicheren Lage zugenommen hat. In Ländern mit stabiler Währung ist dieses Verhalten begreiflich; dass es in einem Inflationsland wie Argentinien auch so war, und die Menschen dabei einen höheren Inflationsverlust hingenommen haben, ist nicht so normal. Allerdings hat die hohe Liquidität auch dazu beigetragen, die Nachfrage nach Dollar auf dem freien (schwarzen) Markt hoch zu halten, was zu einem Kurs geführt hat, der sich gemäß objektiven Maßstäben, an erster Stelle die Kaufkraftparität, nicht rechtfertigt.

Guzmán hat die Geldschöpfung schon stark eingeschränkt, indem er höhere Beträge von Staatstiteln untergebracht hat, statt den Verfall bestehender Titel plus das Defizit mit Geldschöpfung zu decken. Das erforderte auch eine Zinserhöhung, die sich negativ auf die Wirtschaft auswirkt. Außerdem wurde das Subventionsprogramm für arme Familien (IFE, Ingreso familiar de emergencia) nicht weitergeführt, das um die $ 90 Mrd. monatlich gekostet hatte, und das Programm der Lohnsubvention (ATP, aporte para el trabajo y la producción) wurde eingeschränkt. Ebenfalls wurden die Beträge gekürzt, die an die Provinzen überwiesen wurden, da diese mit der Beteiligung an den Bundessteuern, die real stark zurückgegangen war, nicht auskamen. Doch andere Sozialausgaben, die mit der hohen Arbeitslosigkeit und dem sozialen Notstand zusammenhängen, steigen weiter, bestimmt über die Beträge, die im Budget vorgesehen sind. Die Regierung wird nicht umhin kommen, Staatsinvestitionen zu kürzen, damit die Rechnung einigermaßen aufgeht.

Die Rechnung geht gesamthaft nur ungefähr auf, dank einer starken realen Senkung der Gehälter der Staatsangestellten und der Pensionen, Hinterbliebenenrenten, Gnadenrenten und sozialer Subventionen. Denn die Steuereinnahmen haben sich in letzter Zeit zwar erholt, doch die Zunahme liegt in diesem Jahr, und wohl auch im nächsten, unter der Inflation, was eine direkte Folge der tiefen Rezession und der hohen Säumigkeit ist, die die Regierung dulden muss, weil es sonst massenweise zu Konkursen kommt, die die Krise noch mehr verschärfen.

Die Bemühung von Guzmán, die Staatsfinanzen so weit wie möglich in Ordnung zu halten, um eine Katastrophe zu verhindern, ist in Ordnung, löst das Problem aber nicht, sondern schiebt es nur hinaus. Der Wirtschaftsminister erreicht dadurch, dass es nicht bald zur Hyperinflation kommt, aber nicht, dass diese eventuell verspätet doch eintritt.

Das Bewusstsein über die notwendigen Reformen ist in der Regierung kaum vorhanden. Was das Rentensystem betrifft, so soll die bisherige Berichtigungsformel, die zu 70% aus dem Index der Konsumentenpreise des INDEC und zu 30% aus dem Lohnindex (RIPTE) des Arbeitsministeriums besteht, durch einen Index, der zum Teil auf der Preisentwicklung und zum anderen Teil aus den Einnahmen des Systems besteht, ersetzt werden. Dabei dreht sich die öffentliche Diskussion darum, ob die Rentner dabei real einen Gewinn oder einen Verlust erhalten. Man muss sich bewusst sein, dass der Staat nicht in der Lage ist, den Betrag, der für Renten insgesamt aufgewendet wird, real zu erhöhen. Er muss, im Gegenteil, gesenkt werden. Bisher hat die Regierung das System so gehandhabt, dass die Mindestrenten nicht stark von der Inflation betroffen wurden, die höheren Renten jedoch sehr. Über die vielen Sondersysteme, die zum Teil anormal hohe Pensionen vorsehen, wie es bei Richtern und Diplomaten der Fall ist, wurde nichts gesagt.

Doch die Problematik der Staatsausgaben geht weit über dies hinaus. Die Staatsausgaben müssen gründlich durchkämmt werden, mit Abschaffung solcher, die unnötig sind. Dabei bestehen viele Möglichkeiten, die jedoch meistens schwierige politische Entscheidungen erfordern. Und gerade das meidet die Regierung prinzipiell.

Die Verhandlung mit dem Internationalen Währungsfonds wurde zunächst formell unterbrochen, aber die Fonds-Fachleute befassen sich weiter mit dem argentinische Fall. Es wird vorweggenommen, dass die Amortisation der Schuld von u$s 44 Mrd. gestreckt wird. Aber der IWF wird auf Reformen bestehen, die sich auf die unnötigen oder überhöhten Staatsausgaben beziehen. Die Regierung wird nicht vermeiden können, Entscheidungen zu treffen, die sich auf eine Verringerung der Staatsausgaben beziehen. Der Fonds bietet jetzt die Gelegenheit, als Sündenbock aufzutreten und die Regierung politisch zu entlasten. Wenn das nicht verstanden wird, kommt es zu einer noch tieferen Krise, die das Bestehen der Regierung in Frage stellt.


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