WM: Deutschland und Argentinien mit Auftaktniederlagen
Al Rajjan (dpa/mc) - Wer hätte mit einem solchen Auftakt gerechnet? Deutschland und Argentinien stehen nach Auftaktniederlagen unter immensem Druck. Schon an diesem Wochenende könnte für beide Nationalmannschaften das Aus bei der Fußball-Weltmeisterschaft besiegelt sein, sollten die Resultate nicht besser werden.
Der deutsche Trainer Hansi Flick saß nach der frustrierenden und selbst verschuldeten 1:2-Niederlage gegen Japan fassungslos und genervt auf dem Podium im weißen Medienzelt neben dem Chalifa-Stadion. Die Szenerie erinnerte fatal an seinen Vorgänger Joachim Löw nach dem Auftakt-Schock gegen Mexiko beim historischen WM-Vorrundenaus der Nationalmannschaft 2018 in Russland.
Das zweite Gruppenspiel am Sonntag (16 Uhr) gegen Angstgegner Spanien, der sich an einem 7:0 gegen Costa Rica berauschte (siehe Seite 6), hat bereits Endspielcharakter. Unvergessen ist für viele deutsche WM-Spieler das 0:6 gegen die Spanier noch unter Löw in der Nations League Ende 2020. Zudem sind die Iberer die einzige große Fußball-Nation, gegen die die DFB-Auswahl in diesem Jahrtausend kein Pflichtspiel gewinnen konnte. Der letzte Sieg - ein 2:0 bei der Europameisterschaft 1988 - liegt mehr als 34 Jahre zurück.
"Es war ein undenkbar schlechter Start von uns, eine brutale Enttäuschung", stöhnte Flick, der trotzig anmerkte: "Wir müssen gegen Spanien unsere Chancen nutzen, um in die Playoffs zu kommen. Wir haben die Qualität dazu." Der 57-Jährige stellte am Mittwochabend die Charakterfrage in den Raum: "Wir stehen unter Druck. Das haben wir uns selbst eingebrockt. Wir müssen Charakter zeigen." Kapitän Manuel Neuer sprach von einer "Katastrophe", Thomas Müller als anderer deutscher WM-Veteran von einem "Horror-Szenario".
Fast 70 Minuten ging Flicks Plan zum Turniereinstieg auf, bis nach einem fahrlässigen Chancenwucher zwei Joker-Tore der Japaner durch den Freiburger Ritsu Doan (75. Minute) und den Bochumer Takuma Asano (83.) zum Untergang führten. Das Elfmetertor von Ilkay Gündogan (33.) war zu wenig.
In einer ähnlich prekären Situation wie die Deutschen befindet sich das argentinische Team. Die Spieler machen sich vor dem möglichen Alles-oder-Nichts-Spiel am morgigen Samstag (16 Uhr) gegen Mexiko (0:0 gegen Polen) selbst Mut. "Die schwierigen Wege führen zu wunderbaren Zielen", schrieb Alejandro "Papu" Gomez gestern bei Instagram zu Bildern, die ihn und Teamkollegen jubelnd zeigen. Tatsächlich besteht im eher schlichten WM-Quartier der Argentinier auf dem Campus der Universität entfernt alles, nur kein Grund zum Feiern.
Nach der völlig überraschenden 1:2-Auftaktpleite gegen Saudi-Arabien muss gegen Mexiko unbedingt ein Sieg her. Trainiert wird der kommende Gegner dabei auch noch von einem Argentinier - und einem ehemaligen Nationaltrainer des zweimaligen Weltmeisters: Gerardo Martino hatte den Posten im August 2014 nach dem verlorenen WM-Finale von Rio gegen Deutschland von Alejandro Sabella übernommen. Zwei Jahre später war der mittlerweile 60-Jährige sein Amt als argentinischer Nationalcoach schon wieder los.
Mit einem weiteren Startelfeinsatz von Gomez wie gegen die Saudis wird in Argentinien nicht unbedingt gerechnet. Die Medien gehen von mehreren Wechseln aus durch Trainer Lionel Scaloni. Vor allem in der Defensive hatten die Argentinier Schwächen gezeigt. In der Startformation hatten sieben WM-Debütanten gestanden, darunter trotz seiner 34 Jahre auch Gomez.
Wer das Spiel der „Albiceleste“ am Samstag (16 Uhr) mit Gleichgesinnten sehen will, kann dies auf der Plaza Seeber (Avenida del Libertador / Avenida Sarmiento) in den Bosques de Palermo tun. Dort findet an jedem WM-Spieltag in der Zeit von 9 bis 19 Uhr ein Public Viewing statt.
Die deutsche Gaststätte „Extrawurst“ (Tres Sargentos 427) überträgt das Spiel der DFB-Elf gegen Spanien am Sonntag um 16 Uhr.
Verschiedene Szenarien
Al Rajjan (mc/dpa) - Ein deutsches WM-Aus kann nun schon am Sonntag besiegelt sein. Der zweite Gruppen-K.o. nach der Blamage 2018 in Russland steht fest, wenn Deutschland gegen Spanien verliert und zuvor Japan gegen Costa Rica (7 Uhr) mindestens einen Punkt holt.
Kompliziert wird die Lage für die DFB-Elf bei einem Unentschieden gegen Spanien. Spielt Japan zuvor gegen Costa Rica mindestens Remis, hätte Deutschland bei einem Punkt sein WM-Schicksal vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen Costa Rica am Donnerstag (16 Uhr) nicht mehr in der eigenen Hand. Spanien (4 Punkte) und Japan (4 oder 6 Punkte) würden mit einem Unentschieden im zeitgleich ausgetragenen direkten Duell die DFB-Elf entscheidend distanzieren.
Chancen auf den Einzug ins WM-Achtelfinale hätte die deutsche Mannschaft in jedem Fall noch nach einem Sieg gegen Spanien. Dann müsste eventuell am letzten Gruppenspieltag ordentlich gerechnet werden. Möglicherweise würde die Tordifferenz entscheiden, die bei der WM bei Punktgleichheit als Kriterium wichtiger ist als der direkte Vergleich.
Stromnetz im Visier
Kiew (dpa) - Nach einem massiven russischen Raketenangriff haben ukrainische Techniker ein weiteres Mal die schwer angeschlagene Energieversorgung ihres Landes zu reparieren versucht. Das Präsidialamt in Kiew meldete am späten Mittwochabend erste Erfolge: In 15 Gebieten gebe es teilweise wieder Strom, teilte Vizechef Kyrylo Tymoschenko mit.
"Die Besatzer tun alles, damit Menschen leiden, damit wir einander nicht einmal fühlen oder sehen", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Er wurde auch zu einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York zugeschaltet und forderte dort, Moskau zu verurteilen. Russland müsse deutlich als terroristischer Staat bezeichnet werden.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilte die Bombardierung ziviler Infrastruktur in der Ukraine scharf. "Dieser Bombenterror gegen die Zivilbevölkerung muss aufhören - und zwar sofort", sagte er in Berlin.
Russland schoss am Mittwoch etwa 70 Raketen sowie Drohnen auf die Ukraine ab. Zwar wurden nach Luftwaffenangaben 51 Raketen und 5 Drohnen abgefangen. Doch die übrigen Geschosse töteten zehn Menschen und richteten zum wiederholten Mal schwere Schäden am Stromnetz der Ukraine an. Die Kernkraftwerke des Landes schalteten sich ab, die meisten Wärme- und Wasserkraftwerke fielen aus, wie das Energieministerium mitteilte. Es kam zu großflächigen Blackouts. In der Hauptstadt Kiew mit ihren drei Millionen Einwohnern waren nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko 80 Prozent der Haushalte ohne Strom und Wasser. Journalisten berichteten, sie hätten die Stadt noch nie so finster gesehen.
Russland werde das militärische Potenzial der Ukraine weiter dezimieren, bis Kiew eine "realistische Haltung" zu Verhandlungen einnehme, sagte der Moskauer UN-Botschafter Wassili Nebensja im Sicherheitsrat.
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