Argentinien am Sonntag im Finale gegen Frankreich
Lusail (dpa) - Wie Lionel Messi auf seinem Stuhl hockte, das hatte etwas Meditatives. Seine Unterarme lagen entspannt auf dem Pult vor ihm, die Hände wie zum Gebet gefaltet, der Blick die pure Entspannung. Er lächelte sogar gleich mehrfach, was bei Messi zumindest nicht im Überschwang vorkommt. Wer den Superstar der Argentinier tief in der Nacht im Lusail-Stadion sitzen sah, hätte denken können: Er hat schon alles erreicht. Dabei fehlt noch dieser eine Schritt. Erst im WM-Finale am Sonntag gegen Frankreich (12 Uhr) wird sich zeigen, ob Messi sich seinen letzten Traum vom größten Pokal des Weltfußballs erfüllen kann. Dass er jetzt schon so zufrieden wirkt wie vielleicht nie, hat andere Gründe.
Es gibt nicht wenige, die während des Turniers in Katar schon mehrfach behauptet haben: Das ist der beste Messi, den es je im Nationaltrikot gegeben hat. Was soll man nach der 3:0-Gala im Halbfinale gegen Kroatien auch anderes erzählen? Ein Blick auf die einfachsten Zahlen des Spiels genügt schon: 1:0, Messi (34. Minute), Foulelfmeter. 2:0, Julián Álvarez (39.), Vorarbeit: Messi. 3:0, Álvarez (69.), überragende Vorarbeit: Messi. Allein wie er sich vor diesem Tor den Ball schnappt, sekundenlang damit dribbelt und den eigentlich extrem talentierten Leipziger Verteidiger Josko Gvardiol wie einen bedauernswerten Nebendarsteller aussehen lässt: pure Weltklasse im Alter von 35 Jahren.
"Was ich sagen kann, ist, dass ich das sehr genieße. Ich fühle mich sehr gut, ich fühle mich stark genug, um jedes Spiel anzugehen", sagte Messi später auf die Frage, ob er gerade die beste Version seiner selbst sei. "Persönlich kann ich sagen, dass ich mich sehr glücklich fühle, die ganze Weltmeisterschaft schon." Aber woran liegt das? Denn es gibt auch andere Eindrücke von ihm im Trikot des Nationalteams. Zum Beispiel jene von der WM 2018, als bei den Argentiniern und ihm so gut wie nichts zusammenlief. Oder seine voreilig verkündeten Rücktritte aus der Albiceleste, jeweils aus dem gefühlten Frust darüber, Argentinien nicht zu einem großen Titel führen zu können.
2019 überredete Trainer Lionel Scaloni ihn zu einer Rückkehr in die Mannschaft. Und genau dieser Scaloni dürfte gemeinsam mit seinem Trainerteam der Hauptgrund dafür sein, dass Messi bei seiner fünften und letzten WM so spielt, als wäre es seine erste. Als sein emotionaler Vorgänger Jorge Sampaoli nach der verkorksten WM 2018 beurlaubt wurde, stieg der deutlich ruhigere Scaloni zur preiswerten Interimslösung auf. Er macht es so gut, dass er bis heute da ist. Das größtmögliche Lob für seine Arbeit bekam er am Dienstagabend in Lusail. "Wir wissen in jedem Moment des Spiels, was wir zu tun haben", sagte Messi, was eine klare Würdigung der akribischen Spielvorbereitung des 44-Jährigen war.
"Was ich sagen kann, ist, dass ich das sehr genieße. Ich fühle mich sehr gut, ich fühle mich stark genug, um jedes Spiel anzugehen", sagte Messi
Als Scaloni seinen Superstar nach dem Abpfiff gegen Kroatien auf dem Rasen umarmte, hatte er Tränen der Freude in den Augen: "Ihn spielen zu sehen, ist jedes Mal ein Genuss, etwas ganz Besonderes. Nicht nur für mich, sondern für alle Menschen in Argentinien", sagte der Ex-Profi. "Es ist wirklich ein Privileg, ihn trainieren zu dürfen." Und obwohl Messi schon mehrfach (und am Dienstagabend erneut) verkündet hat, dass diese WM seine letzte im Nationaltrikot sein wird, sagt Scaloni immer wieder sinngemäß: Er hoffe, dass Messi auch noch 2026 für Argentinien spielen werde.
Aber all die Fragen danach lächelt der Offensivmann von Paris Saint-Germain genauso entspannt weg wie jene nach dem Sieg gegen Kroatien. Elf Tore hat er für die Argentinier bei Weltmeisterschaften nun erzielt, wodurch er an Gabriel Batistuta vorbeizog und zum alleinigen WM-Rekordtorschützen seines Landes aufstieg. Sobald der Schiedsrichter am Sonntag das Finale anpfeift, wird Messi mit dann 26 WM-Einsätzen sogar weltweit einsame Spitze sein. Das interessiert ihn aber alles nicht. "Das ist alles schön und gut, aber das Wichtigste ist, dass wir als Mannschaft unser Ziel erreichen, welches das Schönste von allen ist."
Dieses Ziel ist 6,142 Kilogramm schwer und besteht aus Massivgold. Es ist der einzige Pokal, der Lionel Messi zur Krönung seiner einzigartigen Karriere noch fehlt. An diesem Sonntag in Katar soll es so weit sein. Er wirkt jedenfalls bereit wie nie.
WM-Zahlen zu Messi
Lusail (dpa) - Lionel Messi lieferte auf dem Weg ins Endspiel einige außergewöhnliche Bestmarken.
3 - Messi ist nach Angaben des Datendienstleisters Opta der erste argentinische Spieler, der in drei verschiedenen K.o.-Runden bei einer WM ein Tor geschossen hat. Vor der WM in Katar hatte er noch gar keinen Treffer in den entscheidenden Spielen erzielt, nun klappte es jeweils im Achtel-, Viertel- und Halbfinale.
4 - Der Offensivstar ist der erste Spieler seit Beginn der detaillierten Datenerfassung 1966, der in vier verschiedenen WM-Spielen sowohl ein Tor geschossen als auch einen Treffer vorbereitet hat. 2006 gelang es gegen Serbien, und 2022 jeweils gegen Mexiko, die Niederlande und Kroatien.
13 - Nur ein anderer Spieler war seit 1966 in so vielen verschiedenen WM-Spielen an Toren, auch durch einen Assist, beteiligt - nämlich der Brasilianer Ronaldo.
16 - In diesem Jahr erzielte Messi bereits 16 Tore im Nationaltrikot - mehr als in jedem anderen Jahr zuvor. Der bisherige Rekord für ihn stammte aus dem Jahr 2012 mit zwölf Treffern.
Preis für die Ukrainer
Straßburg (dpa) - Das ukrainische Volk ist am Mittwoch in Straßburg mit dem renommierten Sacharow-Preis des Europaparlaments ausgezeichnet worden. Stellvertretend für ihre Landsleute nahmen drei Ukrainerinnen und Ukrainer den Preis entgegen, die sich für die Zivilgesellschaft engagieren. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war bei der Verleihung per Video zugeschaltet und rief zu einer Schweigeminute für die Opfer des russischen Angriffskrieges gegen sein Land auf. Im Anschluss sagte er: "Wir müssen jetzt handeln und nicht auf das Ende des Krieges warten, um all diejenigen vor Gericht zu bringen, die diesen Krieg entfesselt haben, und um eine Wiederholung der Aggression zu verhindern. Dies wird der wirksamste Schutz der Freiheit, der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und anderer gemeinsamer Werte sein, die insbesondere durch diese Auszeichnung des Europäischen Parlaments verkörpert werden."
Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sagte: "Ich weiß, dass die tapferen Menschen in der Ukraine nicht aufgeben werden und wir werden das genauso wenig tun." Sie erinnerte bei der Gelegenheit auch an den Preisträger aus dem vergangenen Jahr, den im russischen Straflager inhaftierten Alexej Nawalny. Die Sacharow-Preisträger, die immer noch den Preis für ihre Freiheit zahlen müssten, würden nicht vergessen.
Der Sacharow-Preis wird seit 1988 vom Europäischen Parlament an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit einsetzen. Er ist nach dem sowjetischen Physiker und politischen Dissidenten Andrej Sacharow benannt und umfasst eine Urkunde und ein Preisgeld von 50.000 Euro.
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